Der DFB in der Weimarer Republik und im "Dritten Reich" - ein unideologischer Massensportverband

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Havemann, Nils
Erschienen in:Hakenkreuz und rundes Leder : Fußball im Nationalsozialismus
Veröffentlicht:Hildesheim: Verl. Die Werkstatt (Verlag), 2008, S. 81-106, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200903001835
Quelle:BISp

Abstract

Hinsichtlich der Frage, warum der DFB sich nach 1933 hinter Adolf Hitler stellte und zur Stabilität des NS-Regimes beitrug, gibt es zwei kontrovers diskutierte Theorien. Während die eine – ältere – Theorie ideologische Beweggründe anführt, waren es der anderen – jüngeren – Theorie zufolge eher machtpolitisch-ökonomische Motive. Verf. zufolge kann man zu der „ideologiekritischen Interpretation“ nur gelangen, „wenn man sich den DFB nicht als Massensportverband, sondern als eine kleine, sektenartige Glaubensgemeinschaft vorstellt, die von der Gründung im Jahr 1900 bis zur nationalsozialistischen ‚Machtergreifung’ 1933 keinerlei Entwicklung durchmachte, weder inneren noch äußeren Konflikten ausgesetzt war und stets von demselben nationalistischen Funktionärstyp beherrscht wurde.“ Tatsächlich jedoch ergibt ein gründliches Studium vor allem ungedruckter Archivquellen, dass die „ideologiekritischen Interpretation“ – so Verf. – „nicht einmal die Fassade des DFB in der Weimarer Zeit und im ‚Dritten Reich’ halbwegs erfasst – geschweige denn das, was sich dahinter abspielte.“ Der von Verf. vertretene Forschungsansatz führt zu der Erkenntnis, dass die Beschlüsse des DFB ab der Weimarer Zeit „trotz sowohl ‚linker’ als auch ‚rechter’ Argumentationsmuster, trotz des rhetorischen Einsatzes für die damals als gemeinnützig anerkannten Ziele stets einen pragmatisch-materiellen Hintergrund [hatten] und [...] nicht auf die Durchsetzung eines politischen Weltbildes, sondern auf die Erhaltung und Stärkung des Verbandes ausgerichtet [waren].“ Auch „zeigen die neueren Studien über Fußballvereine im ‚Dritten Reich’, dass sie sich in ihrer sozialen Heterogenität lange über die nationalsozialistische ‚Machtergreifung’ hinaus ein Eigenleben bewahren konnten und dass sie ab 1936 nur mit Mitteln der ‚Verführung und Gewalt’ auf Linie gebracht werden konnten.“ Damit bestätigt der DFB in seiner Einstellung gegenüber dem Nationalsozialismus auch die Erfahrung, dass Sportler und Funktionäre sich in der Regel nicht loyal gegenüber bestimmten Weltanschauungen verhalten, sondern ihre eigenen Interessen verfolgen, „die zumeist nicht über den Dunstkreis der Stadien und Sportplätze hinausreichen. Die Verantwortung dafür, im 20. Jahrhundert diktatorischen Regimen mit all den damit verbundenen Konsequenzen so häufig die Hand gereicht zu haben, wird dadurch keineswegs geringer.“ Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)