Informelle Sport-Szenen in der DDR – Schlaglichter aus einer empirischen Studie und ihre Analyse mit Hilfe der Theorie Michel Foucaults

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Reinhart, Kai
Erschienen in:New aspects of sport history : proceedings of the 9th ISHPES congress, Cologne, Germany 2005
Veröffentlicht:Sankt Augustin: Academia Verl. (Verlag), 2007, S. 424-434, Lit.
Herausgeber:International Society for the History of Physical Education and Sport
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
DDR
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201103001880
Quelle:BISp

Abstract

Körperkultur und Sport – so die offizielle Sprachregelung der DDR – waren für das Land von herausragender Bedeutung. Das Recht auf Sport war in der Verfassung verankert und galt der DDR-Führung als Ausdruck des humanistischen Wesens der sozialistischen Gesellschaftsordnung. Betrachtet man diesen gesellschaftlichen Bereich auf der Folie der theoretischen Arbeiten von Michel Foucault zeigt er alle Merkmale eines Dispositivs im Zeitalter der Biomacht, in welcher der Sport als Herrschaftsinstrument diente. Exemplarisch lässt sich dies bei Betrachtung der Kinder- und Jugendsportschulen nachweisen. Nach Foucault gibt es trotz der Engmaschigkeit moderner Herrschaft auch immer die Möglichkeit, sich der Macht zu entziehen und ihr einen eigenen Willen entgegen zu setzen. Untersucht wird hier, ob und inwieweit in der DDR der Sport als Mittel einer Ästhetik der Existenz, wie sie Foucault für Baudelaire skizziert hat, fungierte. Drei informelle Sportszenen der DDR werden auf der Basis von Zeitzeugeninterviews beschrieben: die Felskletterer in der Sächsischen Schweiz, Alpinisten und Abenteuertouristen, die in Rumänien oder der Sowjetunion unterwegs waren, und schließlich die Skateboarder. Das 1959 in den USA auf den Markt gekommene Skateboard war Anfang der achtziger Jahre in der DDR noch völlig unbekannt. Es entwickelte sich eine Szene, in der Boards selbst gebaut wurden und eine spezifische Kleidung die Gruppe dieser Sporttreibenden charakterisierte. 1986 erkannte die DDR-Führung den Trend und stellte 1986 das offizielle Rollbrett Germina Speeder im Rahmen der Konsumgüterproduktion vor. Mit Foucault können diese informellen Szenen als Avantgarde bezeichnet werden. sasch