We wanted Wontorra, but we just got Jörg

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Engelin, Bruno
Erschienen in:"Holt Euch das Spiel zurück" Fans und Fußball
Veröffentlicht:Hildesheim: Verl. Die Werkstatt (Verlag), 1995, S. 113-122
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201001001213
Quelle:BISp

Abstract

Sportübertragungsrechte sind ein teures Gut geworden. Eine Fernsehsportredaktion kann ihre Sendung nicht mehr nach den wichtigsten Tagesereignissen konzipieren, sondern das Kriterium sind die bezahlbaren. Die Anstalt, die die Rechte erworben hat, erhöht ihre Einschaltquote, damit ihre Werbeeinnahmen und damit ihre Marktposition. Wenn die Anstalt aber die Präsentation der Bundesliga in einer Weise unternimmt, die die Einschalter (Fernsehzuschauer als Kunden) nicht mögen, „geht der Deal nach hinten los“. Es gilt also, bestimmte Regeln zu beachten, wobei diese sich in folgendem Satz zusammenfassen lassen: Der Fußballsport muss immer im Vordergrund stehen. Dies impliziert, dass das auf dem Bildschirm Offerierte übersichtlich sein muss: „Ein Beitrag muß als 90-Minuten-Spiel im Miniformat geschnitten sein. Die Beiträge (und also Spiele) müssen leicht zusammenfaßbar sein: Am Ende einer Sendung (und also eines Spieltages) muß eine klar erkennbare Tabelle stehen. Freitagspiele und ein Sonntagsspiel sind o.k.. Aber sie sind nahezu die äußere Grenze. Das fernsehbedingte Auseinanderreißen von Spieltagen, auf daß niemand mehr die Tabelle versteht, ist von Übel.“ Hinzu kommt, dass das Fernsehen sich vorbehält, zwischen gut und schlecht, zwischen attraktiv und langweilig zu unterscheiden. Insofern wurde das Fußballspiel aus der Hand gegeben. „Das Fernsehen wird zum Spielmacher, zum Schiedsrichter, zum Zuschauer und zum Trainer in Personalunion. Diese Pseudoobjektivität wird durch zwei Aspekte noch untermauert. Zum einen kommt der Statistikwahn hinzu, der einem sagt, dass es Fakt ist, dass der FC XY bei Flutlichtspielen in der letzten Viertelstunde der ersten Halbzeit noch nie ein Kopfballtor durch einen Mittelfeldspieler erzielt hat. Wer solche Statistikergüsse hört, muß irgendwann zugeben, dass die Jungs im Fernsehen fußballsachverständiger sind als man selbst, weil man diese interessante Information alleine nicht parat gehabt hätte. Zum anderen kommt der Starkult um Moderatoren und Kommentatoren hinzu. Wenn das Fernsehen als letzte Instanz der fußballerischen Objektivität erscheinen will und muß, dann müssen die Gesichter glaubwürdig und vertraut sein. Moderatoren werden also langfristig als Stars aufgebaut.“ Als Musterbeispiel dieser Entwicklung sieht Verf. den Sportkommentator Jörg Wontorra, „die fleischgewordene Medienentwicklung im deutschen Sport“. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)