Mit dem Arsch zur Wand ... : vom Warten auf den ersten schwulen Bundesliga-Star

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Heidel, Ulf
Erschienen in:Gender kicks : Texte zu Fußball und Geschlecht
Veröffentlicht:Frankfurt a.M.: 2005, S. 107-114, Lit.
Beteiligte Körperschaft:Deutschland / Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Herausgeber:Deutsche Sportjugend / Koordinationsstelle Fanprojekte
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201001001236
Quelle:BISp

Abstract

„Fußball gilt nach wie vor als ausgesprochen homophob. [...] Der ruppige Männersport Fußball – so heißt es oft zur Erklärung – sei auf Härte geeicht. Wessen Image hier Schwächen aufweist, zieht schnell den Spott nicht nur gegnerischer Fans auf sich. Und ‚Schwuchtel’ ist auf deutschen Fußballplätzen der Titel für defizitäre Männlichkeit schlechthin.“ Trotz dieser Sachlage erklärt die im Fußball verbreitete elementare Form von Schwulenfeindlichkeit Verf. zufolge nicht allein, dass die Bundesliga bislang noch keinen schwulen Profi gesehen hat. Für vielversprechender hält er daher den Hinweis auf die männerbündischen Strukturen im Fußball, deren zentrales Merkmal die „rigide Desexuierung, d. h. die Dethematisierung von sexuellem Begehren und sexueller Identität“ ist. Dabei erschöpft sich diese Desexuierung nicht im Fernhalten von Frauen, sondern „sie beruht auch auf der Regulierung dessen, was zwischen den Spielern als statthaft und dem Mannschaftsgefüge zuträglich gilt und was nicht. So erscheint es zunächst paradox, dass gerade der Fußballplatz Männern ein Repertoire körperlich intimer Gesten erlaubt, die an anderen Orten als liebevoll, erotisch oder sexuell erlebt würden. Eben darin besteht jedoch der ‚Trick’ des Männerbundes, im geeigneten Moment Praktiken körperlicher Nähe nicht nur zu erlauben, sondern zur Intensivierung des Zusammenhalts zu befördern. Dass das Tätscheln und Wuscheln, Umarmen und Bespringen, Herzen und Küssen von Spielern wie ZuschauerInnen als nicht sexuell wahrgenommen wird, ist dabei ein Effekt kultureller Gewöhnung [...].“ All dies ist nur möglich, solange der „Heterosexualitätsverdacht“ unangefochten bleibt. „All dies würde ein schwuler Spieler infrage stellen, denn unvermeidlich wäre mit ihm der Verdacht im Spiel, dass nicht nur Freude, sondern Begehren ihn den körperlichen Kontakt suchen lässt.“ Vor diesem Hintergrund verweist Verf. jedoch auch auf David Beckham, der insofern ein skandalöses Element in das männerbündische Gefüge des Fußballs gebracht hat, als „er sein Image nicht mehr den Ansprüchen des Männerbundes unterordnet. Dass einer Damenwäsche an sich sexy finden ‚und’ Kapitän der englischen Nationalmannschaft sein kann, markiert daher eine Entwicklung, die den Männerbund als symbolische Ordnung des Fußballs schwächt und dadurch einen offen schwulen Profispieler immer weniger unmöglich erscheinen lässt.“ Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)