Mythos Fan: Fußball-Fankulturen im Kontext gesellschaftlicher Veränderungen

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Autor:Mikos, Lothar
Erschienen in:Das Spiel mit dem Fußball : Interessen, Projektionen und Vereinnahmungen
Veröffentlicht:Essen: Klartext-Verl. (Verlag), 2007, S. 479-497, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Fan
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200912007718
Quelle:BISp

Abstract

Verf. sieht Fußballfans als geprägt durch die gesellschaftlichen Veränderungen – insbesondere durch die zunehmende Individualisierung. Er macht darauf aufmerksam, dass sich in „der reflexiven Moderne“ auch Fußballfankulturen „ent-traditionalisiert und de-territorialisiert“ haben. Unter anderem am Beispiel einer Gegenüberstellung der Sympathien für europäische Spitzenvereine sieht Verf. den Trend zum Rückgang der traditionellen Sportfans – im Sinne von Stadionbesuchern in der Heimatstadt – und den Anstieg der Zahl der Mediensportfans. Vor diesem Hintergrund fungiert der Fußball immer weniger als Definitionsmerkmal einer spezifischen geographischen oder sozialen Prägung, sondern verstärkt als Ausdruck von „Lebensstil und Geschmack“. Aber: „Die mythischen Geschichten ranken sich weiter um den ‚wahren’ Fan, denn nur er erlebt die Spiele im Stadion in aller Leidenschaft, zu der er fähig ist. [...] der Mythos der Fußballfans ist – zumindest in Europa – einer von weißen Jungs, die mit ihren Fanaktivitäten ihrem Leben einen Sinn verleihen, weil sie sich dem authentischen, wahren Fußball verschrieben haben, der von allen Einflüssen und Veränderungen zu schützen ist, die mit Mediatisierung, Globalisierung und Kommerzialisierung einhergehen, und die lieber (linke) Sozialromantik durch einen scheinbar revolutionären – zumindest widerständigen – Gestus pflegen. [...] Mit der Aufwertung des authentischen, ‚wahren’ Fans geht zugleich die Abwertung aller anderen Fans einher. Diese Haltung ignoriert die gesellschaftlichen Bedingungen, die den Fankulturen zu Grunde liegen. Es ist an der Zeit, diesen Mythos des Fans, der seine Anhänger als hoffnungslos anachronistisch ausweist, zu dekonstruieren, und sich ernsthaft mit den sozialen und kulturellen Bedingungen von Fankulturen vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts auseinanderzusetzen. Dazu ist es notwendig, das Fansein als eine soziale und kulturelle Praxis zu begreifen, die sich aus sozialen und medialen Quellen speist und für die Fans eine Bedeutung sowohl in der Aushandlung der eigenen Identität als auch in der sozialen Integration hat. Ganz im Sine von Cornel Sandvoss [Autor des Buches „Fans. The Mirror of Consumption, Cambridge/Malden, 2005] kann die Untersuchung von Fankulturen und ihrer vielfältigen Praktiken dazu beitragen, etwas über die Chancen und Risiken, die Konflikte und Möglichkeiten der Lebensbedingungen in Zeiten der reflexiven Modernisierung zu erfahren.“ Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)