Entscheidend ist längst nicht mehr "auf'm Platz" - Zur Instrumentalisierung des Fußball

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Brüggemeier, Franz-Josef
Erschienen in:Wo das Fußballherz schlägt: Fußball-Land Nordrhein-Westfalen
Veröffentlicht:Essen: Klartext-Verl. (Verlag), 2006, S. 128-139
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200607001576
Quelle:BISp

Abstract

Das wohl bekannteste Beispiel für eine Instrumentalisierung des Fußballs durch die Politik bietet Schalke 04 zur Zeit des Nationalsozialismus. In den 1930er Jahren stellte dieser Verein die mit Abstand erfolgreichste deutsche Mannschaft, die zwischen 1934 und 1942 sechs Mal die deutsche Meisterschaft gewann, 1937 zusätzlich den Pokal errang und mehrere Spieler für die Nationalmannschaft stellte, darunter Fritz Szepan und Ernst Kuzorra, die bis heute zu den Besten des deutschen Fußballs zählen. Allein schon diese Erfolge boten für die Nationalsozialisten Grund genug, den Verein für ihre Zwecke einzuspannen, zumal Fußball seit den 1920er Jahren zur populärsten Sportart aufgestiegen war. Im Fall Schalke kam hinzu, dass sich um die erfolgreiche Mannschaft schon früh Mythen rankten, die neben den Siegen auf dem Platz wesentlich zu ihrer Beliebtheit beitrugen. Denn die Spieler stammten aus Schalke oder der unmittelbaren Umgebung, verdienten als Bergleute, Handwerker oder vergleichbaren Berufen ihr Geld und waren dadurch ganz ‚normale’ Personen, die – so der Mythos – aus dem einfachen Volk kamen, diesem verbunden blieben und als Vorbild dienten. Der Mythos Schalke existierte jedoch bereits vor der Zeit des Nationalsozialismus und auch andere versuchten, die sportliche Erfolge dieser Mannschaft für eigene Zwecke zu nutzen. Verf. macht auch deutlich, dass Fußball ohne Instrumentalisierungen überhaupt nicht existieren kann, dass es den ‚eigentlichen’ Fußball gar nicht gibt. Von Beginn an ging es beim Fußball nicht nur darum, einen Ball zu treten oder ‚bloß’ einen Sport auszuüben, sondern auch darum, ganz unterschiedliche Botschaften auszudrücken. Was den Ruhrgebietsfußball angeht, vertritt Verf. die Auffassung, dass die Vereine sich nicht weiterhin darauf beschränken können, in erster Linie lokal zu denken und die vertrauten Mythen (z. B. der Ruhrgebietsfußballer als ehrlicher Malocher, der seine Bodenhaftung nicht verloren hat und sich vom puren Gewinnstreben und Kommerz abgrenzt) zu pflegen. Um international erfolgreich zu sein, müssen neue Bilder, neue Mythen und mit ihnen neue Formen der Instrumentalisierung entstehen. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)