Am Anfang war die Platzwahl - Fußball-Stadien in NRW

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Bitzer, Dirk; Piorr, Ralf
Erschienen in:Wo das Fußballherz schlägt: Fußball-Land Nordrhein-Westfalen
Veröffentlicht:Essen: Klartext-Verl. (Verlag), 2006, S. 280-285
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200607001561
Quelle:BISp

Abstract

Wenn heute von Fußballstadien die Rede ist, dann häufen sich Superlative und Hightech-Vokabular. Dies gilt vor allem, wenn es um die neuen Arenen in Nordrhein-Westfalen geht: Perfekte Bühnen, auf denen moderne Fußballunterhaltung inszeniert wird. Ganz anders waren die Verhältnisse zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Die Suche nach passenden Spielstätten war für die jungen Bürgersöhne mit ständigen Querelen mit Spaziergängern und Ordnungskräften verbunden. Sofern Fußballplätze vorhanden waren, waren diese offen und die Zuschauer standen ebenerdig um den Platz „herum“. Ein schlichter, das Spielgelände umschließender Bretterzaun, der den Vereinen erlaubte, Eintrittskarten zu verkaufen, war das Höchstmaß der Dinge. Eine überdachte Holztribüne, wie sie z. B. die Platzanlage des Essener SV 99 aufwies, war seltener „Luxus“. Erst in den 1920er Jahren trugen die Städte und Gemeinden der wachsenden Sportbegeisterung Rechnung: Jede Stadt wollte mit einem „Universal-Stadion“ oder mit einer „Kampfbahn“ glänzen. Typisches Beispiel der Zeit ist die Dortmunder Kampfbahn „Rote Erde“. Mit einem Fassungsvermögen von 35.000 Zuschauern und der Extravaganz eines Musikpavillons entstand 1926 eine Sportanlage von überregionaler Bedeutung, in der repräsentative Großveranstaltungen durchgeführt wurden. Borussia Dortmund zog erst 1937 ein und bis der BVB die Kampfbahn zum ersten Mal gänzlich füllte, vergingen weitere zehn Jahre. Wie weit der Sport trotz seines Aufschwungs noch von seinem heutigen Show-Charakter entfernt war, zeigte sich ebenfalls in der Architektur der neu geschaffenen Kampfbahnen – insbesondere im Umgang mit dem Publikum, denn Überdachungen suchte man oft vergebens. Erst im Zuge der WM 1974 kam es zu einer wirklichen „Stadien-Revolution“. Zuschüsse aus öffentlichen Kassen ermöglichten neue Stadien. Es war die Zeit der großen Schüsseln, die immer noch als Mehrzweckstadien errichtet wurden und in denen die Sichtweite bis zum Spielfeld, wie im Gelsenkirchener Parkstadion, bis zu 120 Meter betrug. Die Ausnahme war das Dortmunder Westfalenstadion, das schon als reines Fußballstadion gebaut wurde. Die heutigen, modernen Stadionneubauten sind Symbol für den Siegeszug des Fußballs in der Gesellschaft: Keine Laufbahn trennt die Zuschauer mehr vom Fußball, VIP-Logen locken ein zahlungskräftiges Publikum. Die Fans hingegen müssen in den modernen, meist reinen Sitzplatz- Stadien oft darum kämpfen, sich im Stadion die Bereiche zu erhalten, in denen Fußball nicht „Event“ ist. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)