Citius, altius, fortius - wohin treibt der olympische Spitzensport?

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Digel, Helmut
Herausgeber:Grupe, Ommo
Erschienen in:Olympischer Sport : Rückblick und Perspektiven
Veröffentlicht:Münster: Hofmann (Verlag), 1997, 1997. S. 85-98
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
ISBN:3778075004
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU199906309755
Quelle:BISp

Abstract

Verf. skizziert den Hochleistungssport aufgrund der grossen gesellschaftlichen Nachfrage nach sportlicher Leistungssteigerung durch die Konsum- und Unterhaltungsindustrie als eine Wachstumsbranche erster Ordnung. Gleichzeitig sind jedoch besonders in den Sportarten, die auf die Steigerung oder Minimierung von Zentimetern, Gramm oder Sekunden ausgerichtet sind, selbst bei groesseren Trainingsaufwendungen nur noch geringe Leistungssteigerungen erreichbar. Hier besteht deshalb zunehmend die Gefahr der unerlaubten Grenzmanipulation z.B. durch Doping oder durch Verstoesse gegen das Prinzip des Fair play. Diese Tendenz zur Selbstzerstoerung des Hochleistungssports wird auch in folgenden Paradoxien deutlich: 1. Der Hochleistungssport ist fuer die Massenmedien zunehmend attraktiv. Der Unterhaltungswert ist dabei in erster Linie an die Ressource "interessanter" bzw. "erfolgreicher" Athlet gebunden. Diese Ressource wird jedoch immer knapper. 2. Von immer weniger Athleten und Athletinnen wird immer mehr Geld verdient. Bei Millioneneinnahmen fuer wenige kommt es jedoch gleichzeitig zu einer riskanten Finanzierung aller uebrigen, die mit ihren Leistungen die Grundlage fuer die Millioneneinnahmen liefern. 3. Die dritte Paradoxie verweist auf den Sachverhalt zwischen Ehren- und Hauptamt. Bei erhoehter oekonomischer Bedeutung des Hochleistungssports ist es naheliegend, dass effizientes Organisieren, effizientes Wirtschaften und effizientes Kommunizieren von den Organisationen des Hochleistungssports verlangt wird. Die oekonomischen Erfolge des Hochleistungssports basieren jedoch fast ausschliesslich auf unoekonomischem ehrenamtlichem Handeln, auf meist ineffizienter Organisation und Kommunikation und nicht selten auch auf ineffizienter finanzwirtschaftlicher Arbeit. Wichtige Probleme des modernen Hochleistungssports sieht Verf. in 1. der Frage nach der Grenze der sportlichen Leistung, 2. der Legitimationskrise (Spitzensport als "Krankheitssport", Austragung egoistischer finanzieller Interessen, Anwachsen von Aggression und Gewalt), 3. Nachwuchssorgen, 4. Regelverstoessen durch Doping, 5. Personalproblemen, 6. Finanzproblemen, 7. der Gefaehrdung der Autonomie des Spitzensports durch den vermehrten Einfluss der Massenmedien, des Staates und der Wirtschaft, 8. der zunehmenden Entfremdung der Athleten von ihrer Vereinsbasis (Solidaritaetsproblem). Dennoch sieht Verf. trotz aller Gefahren, die sich im Hochleistungssport beobachten lassen, ein Idealmodell fuer unsere Konkurrenzgesellschaft. In ihm werden die Prinzipien einer Leistungsgesellschaft, das Leistungs- und Konkurrenzprinzip und das Prinzip der Chancengleichheit symboltraechtig am genauesten verwirklicht. Fuer eine aufgeklaerte demokratische Gesellschaft kann es laut Verf. fuer das Leistungsprinzip keine Alternative geben. Zur Pflege dieses Prinzips bedarf es Formen symbolischer Tradierung und Vermittlung, und der Leistungssport kann dabei ein besonders geeignetes Beispiel zur Verfuegung stellen. Schiffer