Feedback - Optimierung

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Hanke, Udo (Universität Koblenz-Landau / Campus Landau / Institut für Sportwissenschaft, Tel.: 06341 280245)
Mitarbeiter:Schmitt, Katja
Forschungseinrichtung:Universität Koblenz-Landau / Campus Landau / Institut für Sportwissenschaft
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 070201/95)
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:01/1994 - 12/1995
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR019950104902

Zusammenfassung

Nachtrag aus BISp-Jahrbuch 1996:
In Fortführung des vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft 1991 bis 1992 geförderten Forschungsprojekts "Trainerwissen" (vgl. HANKE & WOERMANN, 1993) ging es bei den nachfolgend dargestellten Untersuchungen nicht um die Erforschung allgemeiner subjektiver Feedbacktheorien von Trainerinnen der Rhythmischen Sportgymnastik, sondern um den Vergleich der individualisierten Feedbackgabe an eine Gymnastin mit deren eigenen Feedbackwünschen.
Der Begriff der Subjektiven Feedbacktheorie (SFT) orientiert sich an dem von SCHEELE und GROEBEN (1984, 1988) eingeführten Konstrukt der Subjektiven Theorien, die (hier nur verkürzt) definiert werden als Teilmenge der Kognitionen, die das alltagspsychologische Denken und Wissen umfassen. Diese Kognitionen sind analog zu wissenschaftlichen Theorien strukturiert (wenn auch nicht immer mit deren Präzisionsgrad und deren Widerspruchsfreiheit) und besitzen für den einzelnen die Funktionen des Erklärens, Prognostizierens und der Technologie ("Veränderung von Welt").
Da neben der Sollwertvorgabe das Feedback über die jeweils aktuelle sportmotorische Leistung vor allem im Techniktraining eine hervorgehobene Rolle spielt, kann postuliert werden, daß zur Erzielung optimaler Lernergebnisse eine möglichst hohe Kongruenz zwischen der Feedbackgabe durch die Trainerin und den Feedbackwünschen der Gymnastin angestrebt werden sollte. Aufgrund des extrem hohen Technikanteils (Körpertechniken und 5 Gerätetechniken) erweist sich die Rhythmische Sportgymnastik als besonders geeignetes Untersuchungsfeld.
Basierend auf den Untersuchungsansätzen und -ergebnissen der motorischen Lernforschung (vgl. die Zusammenfassung bei HANKE & WOERMANN, 1993, S. 70-106) kann Kongruenz bzw. Diskrepanz in den Bereichen Zeitpunkt, Häufigkeit, Modalität und Inhalt auftreten. Die Fragestellung nach der Kongruenz von Feedbackgabe und Feedbackwunsch ist einerseits unter kommunikativen Aspekten interessant, weil die Interaktion von Trainerin und Gymnastin durch gegenseitiges Verstehen, Akzeptieren und Respektieren entscheidend geprägt wird. Unter lerntheoretischer Perspektive stellt sich die Frage, inwiefern Kongruenz letztendlich zu einem optimaleren (z.B. schnelleren, präziseren, stabileren) Lernerfolg führt als Diskordanz.
Im Bewußtsein der Vielzahl möglicher Beeinflussungsfaktoren auf den Lernfortschritt wurde in dem Projekt trotzdem folgende (gewagte) Hypothese formuliert:
Stimmen die Feedback-Vorstellungen einer Trainerin bzgl. einer Gymnastin mit den Wunschvorstellungen derselben Gymnastin bzgl. Trainerinnen-Feedback überein, entsteht eine bessere Lernleistung bei der Lösung einer Kriteriumsaufgabe als bei geringerer Deckungsgleichheit.
Methode:
Um den Einfluß unterschiedlicher Vorkenntnisse seitens der Trainerinnen zu minimieren, wurde zunächst die Kriteriumsaufgabe (Keulen-Kanonwurf mit zwei Spagatsprüngen) anhand eines Videobandes vorgestellt. Anschließend wurden 17 Fehlerbeispiele gezeigt, bei denen die Trainerinnen die Fehler erkennen und mit entsprechenden Korrekturen reagieren sollten. In einem abschließenden Test mußten die Trainerinnen mindestens 4 der 5 Fehler erkennen. Bei der Auswahl der Gymnastinnen wurde sichergestellt, daß die erforderlichen Vorkenntnisse vorhanden waren (Spagatsprung und Kanonwurf im Stand), die Zielübung mußte jedoch neu sein und durfte vorher nicht geübt worden sein.
Nach dem Lernexperiment, das mittels Video aufgezeichnet wurde, folgten zwei Interviews. Zur Rekonstruktion der SFT der Trainerinnen und der Gymnastinnen wurde ein halbstrukturiertes Interview eingesetzt, in dem die Trainerinnen danach befragt wurden, wie sie ihrer Gymnastin Feedback geben und die Gymnastinnen, wie sie sich ein optimales Feedback durch ihre Trainerin wünschen. Beide Interviews orientierten sich dabei an den o.a. Bereichen Zeitpunkt, Häufigkeit, Modalität und Inhalt. Diese Bereiche bildeten auch die Hauptkategorien für die Analyse der Interviews und der Videoaufzeichnung.
Insgesamt wurden 17 Trainerinnen (A- und B-Lizenz) und 26 Gymnastinnen interviewt, wobei 7 Trainerinnen das Lernexperiment nacheinander mit 2 Gymnastinnen durchführten und eine Trainerin 3 Gymnastinnen trainierte.
In der darauffolgenden Auswertung wurden sowohl die Feedbackwünsche der Gymnastin als auch die personalisierte SFT der Trainerin über ihre Gymnastin mittels der ausdifferenzierten Hauptkategorien in sog. "Lernerkarten" eingetragen. Die Auswertung der Videoaufzeichnung erfolgte durch das Videoanalysesystem VIDEO-AS, das die Analyse von visuellen und verbalen Verhaltensdaten mittels selbst definierbarer Kategorien bzgl. ihrer Dauer und Häufigkeit ermöglicht. Diese Daten wurden in die "Verhaltenskarte" der Trainerin übertragen.
Zur weiteren Analyse standen somit drei verschiedene Datensätze zur Verfügung: 1. Die Lernerkarten der Gymnastinnen (Feedbackwünsche der Gymnastinnen), 2. die Lernerkarten mit den SFT der Trainerinnen über ihre Gymnastin und 3. die Verhaltenskarten der Trainerinnen (tatsächlich im Lernexperiment gezeigtes Feedbackverhalten der Trainerinnen). Innerhalb eines jeden Datensatzes boten sich zwar deskriptive Statistiken an, aufgrund der primären Fragestellung des Forschungsprojekts nach Konkordanz und Diskordanz war es jedoch aufschlußreicher, jeweils nur eine Trainerin mit ihrer Gymnastin zu vergleichen, wobei die Verwendung einheitlicher Kategorien zur Analyse der Interview- und Verhaltensdaten den Vergleich erleichterte. Von den nachfolgenden drei Vergleichsmöglichkeiten war nur die erste Gegenstand des Forschungsprojekts.
1. Vergleich: Wie hoch ist die Übereinstimmung zwischen den beiden Lernerkarten?
(Kennt die Trainerin die Feedbackwünsche ihrer Gymnastin?)
2. Vergleich: Wie hoch ist die Übereinstimmung zwischen der von der Verbalauskunft der Trainerin (Lernerkarte der Trainerin) und ihrem tatsächlichen Verhalten?
(Verhält sich die Trainerin in ihrer Feedbackgabe so, wie sie es für die Gymnastin voraussagt?)
3. Vergleich: Wie hoch ist die Übereinstimmung zwischen der Verhaltenskarte der Trainerin (tatsächlich gezeigtes Verhalten) und der Lernerkarte der Gymnastin?
(Verhält sich die Trainerin in ihrer Feedbackgabe so, wie es sich die Gymnastin wünscht?)
Nachfolgend kann nur ein Ausschnitt aus der Vielzahl möglicher Vergleiche und Interpretationen gegeben werden.
Eine hohe Übereinstimmung der beiden Lernerkarten kann einerseits bedeuten, daß die Trainerin die Feedbackwünsche der Gymnastin kennt und (zumindest) verbalisieren kann. Andererseits muß jedoch berücksichtigt werden, daß die Gymnastin ihre Feedbackwünsche mit der alltäglich erlebten Feedbackgestaltung der Trainerin "synchronisiert", weil sie nur diese kennt.
Beim Vergleich der Verbalauskunft der Trainerin mit ihrem tatsächlichen Verhalten muß bedacht werden, daß ihre Selbstaussage im Interview unter dem Eindruck des kurz zuvor durchgeführten Lernexperiments stand. Unter der Annahme des Strebens nach Widerspruchsfreiheit müßten hier eigentlich höhere Werte erwartet werden. Auch bei gleichzeitiger Verfälschung von Selbstauskunft und tatsächlichem Verhalten im Sinne "sozialer Erwünschtheit" sind höhere Übereinstimmungswerte anzunehmen. Idealerweise müßten jedoch das tatsächliche Feedbackverhalten und die im Interview verbalisierte Feedbacktheorie übereinstimmen. Die subjektive Feedbacktheorie hätte hier handlungsleitende Funktion.
Lernrelevant kann jedoch nur die Übereinstimmung zwischen tatsächlich gezeigtem Verhalten der Trainerin und den Feedbackwünschen der Gymnastin sein.

(Zwischen)Ergebnisse

Nachtrag aus BISp-Jahrburch 1996: Da aufgrund der Komplexität des Datenmaterials bisher noch nicht alle Vergleichsmöglichkeiten ausgewertet sind und diese auch über die primäre Fragestellung des Projekts hinausgehen, können an dieser Stelle lediglich erste Trends bzw. Hauptergebnisse vorgestellt werden. Beim Vergleich der beiden Lernerkarten ergab die Auswertung von insgesamt 411 Angaben von Trainerinnen und Gymnastinnen in der Gesamtstichprobe 91 Übereinstimmungen und 229 Nicht-Übereinstimmungen. Das bedeutet, daß die von den Trainerinnen vermuteten Feedbackwünsche der Gymnastinnen und die tatsächlichen Feedbackwünsche der Gymnastinnen lediglich zu 22 % übereinstimmen. Obwohl der stark individualisierte Trainingsprozeß in der Rhythmischen Sportgymnastik gute Möglichkeiten für eine individualisierte Kommunikation und Instruktion bietet, erscheint dieser Bereich verbesserungsbedürftig. Die noch zu entwickelnden Trainingsmaterialien sollen an dieser Stelle ansetzen und in der Traineraus- und -weiterbildung eingesetzt werden. Eine erste Überprüfung eines möglichen Zusammenhangs zwischen der Anzahl von Übereinstimmungen sowie Nicht-Übereinstimmungen und dem Lösen der Kriteriumsaufgabe (erfüllt/nicht erfüllt, Zeitaufwand) läßt bisher keine systematischen Effekte erkennen. Inwiefern das tatsächliche Verhalten der Trainerin und die Feedbackwünsche der Gymnastin übereinstimmen, wird zur Zeit noch ausgewertet.