Die Besetzung der ersten Juniorprofessur für Sportwissenschaft

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Krüger, Arnd
Erschienen in:Ze-phir
Veröffentlicht:9 (2002), 1 (Neues Hochschulrahmengesetz), S. 14-18
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource Elektronische Ressource (online)
Sprache:Deutsch
ISSN:1438-4132, 1617-4895
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201009006640
Quelle:BISp

Abstract

An der Universität Göttingen wurden in allen Fakultäten (mit Ausnahme der Juristischen) 42 Juniorprofessurstellen angeboten. Eine hiervon ging an die Abteilung „Gesellschaft und Training“ des Instituts für Sportwissenschaften, die dafür eine aus Altersgründen frei werdende Akademische Rats/Oberrats-Stelle eintauschte. Auch wenn die verschiedenen Standesorganisationen sich gegen die Einführung solcher Juniorprofessuren ausgesprochen haben, bedeutet dieser Typus von Stellen für das Institut für Sportwissenschaften der Universität Göttingen angesichts der dort herrschenden besonderen Altersstruktur, dass der Alterskorridor für die Wiederbesetzung der Dauerstellen breiter wird. Aus dem Göttinger Verfahren mit 16 Bewerbungen lassen sich einige Hinweise auf künftige (erfolgreiche) Bewerbungen ableiten: (1) Einige der Bewerber/innen hatten sich offensichtlich nicht die „offizielle“ Ausschreibung angesehen – bzw. sich nicht bis zur Homepage der Universität durchgeklickt. Dies ist aber erforderlich, wenn man eine Bewerbung „passend“ machen will. (2) Im Ausschreibungstext war auf eine „hervorragende“ Promotion abgehoben. Dies bedeutet de facto, dass mit der Benotung der Dissertation künftig noch stärker als bisher etwas über eine Empfehlung zur weiteren beruflichen Laufbahn in der Wissenschaft ausgesagt wird. Mit „cum laude“ bei der Promotion ist damit in der Regel der Traum der Professorenlaufbahn via Juniorprofessur ausgeträumt. (3) Das Problem der Disziplinarität vs. Interdisziplinarität definiert jede Fakultät und jedes Institut für sich selbst. Wenn wie im Göttinger Fall eine Stelle für „Sport und Gesellschaft“, also interdisziplinär, ausgeschrieben ist, die Felder dahinter aber abschließend, also disziplinär, definiert sind, ist einerseits Interdisziplinarität gefordert, aber es ist auch gesagt, was gesucht wird – und eben auch, was nicht gesucht wird (keine Philosophen, Pädagogen, Psychologen). (4) Um sicher zu stellen, dass es sich nicht um eine Scheinausschreibung handelt, bei der ein/e Hausbewerber/in schon vorhanden ist, hilft nur, mit dem ausschreibenden Institut Kontakt aufzunehmen. Von den 16, die sich in Göttingen beworben haben, taten dies immerhin sieben, darunter alle drei, die in die engste Auswahl gezogen wurden. (5) Bei dem Kontakt hätte man z. B. lernen können, wie ernst es dem Institut damit ist, dass in zwei der fünf möglichen Teilgebiete Qualifikationen vorliegen. Eine Berufungs- oder Auswahlkommission sortiert zunächst immer nach rein formalen Kriterien: Erfüllt der/die Bewerber/in den Ausschreibungstext? Gegen eine nicht gute Promotion hilft auch keine „Bewerbungstechnik“. Wenn man weiß, dass man erst einmal die Formalüberprüfung überstehen muss, lassen sich z. B. interdisziplinäre Lehrveranstaltungen oder Aufsätze mit einem relativ offenen Titel nachträglich dem einen oder anderen ausgeschriebenen Teilgebiet zuordnen. (6) Die Bewerber/innen gingen höchst unterschiedlich mit „Empfehlungen“ durch Doktorväter und -mütter sowie durch prominente Fachkollegen oder -kolleginnen um. Das reichte vom völligen Verzicht, über die Angabe von sportwissenschaftlicher Prominenz, bei der man sich über die Bewerber/innen informieren könne, bis zu einer Flut von e-mails aus aller Welt, mit denen jeweils eine bestimmte Bewerbung unterstützt werden sollte. Empfehlungen durch die „richtigen“ Personen schaden nichts, Empfehlungen durch die „falschen“ können kontraproduktiv sein. Jede Wissenschaft besteht aus mehr oder weniger formellen Netzwerken. (7) Wer sich schließlich bis in die Endauswahl vorgekämpft hat, sollte nicht versäumen, herauszubekommen, wer eigentlich in der Kommission sitzt, die es zu überzeugen gilt. Aus einer eng aus dem Fach gebildeten Kommission werden andere, fachspezifischere Fragen gestellt als aus einer ganz oder teilweise fachfremden. Wer selten über die Grenzen seines Faches bzw. seiner Disziplin hinausschaut, geht mit fachfremden Fragen u. U. ungeschickt um. Fehlende „Dialogfähigkeit“ ist aber für ein/e künftige/n Hochschullehrer/in ein gravierendes Manko. Auch der beste Vortrag kann durch eine ungeschickte Diskussion des Vortrags konterkariert werden. (8) Power Point-Präsentationen bei der Bewerbung sind heute der übliche Standard, für manche Teilbereiche mag auch ein darüber hinausgehender Aufwand gerechtfertigt sein – weniger aber in der Regel nicht. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)