Die Europäische Union und der Fußball: Die Europäisierung des Profifußballs zwischen Bosman- und Simutenkow-Urteil

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Mittag, Jürgen
Erschienen in:Das Spiel mit dem Fußball : Interessen, Projektionen und Vereinnahmungen
Veröffentlicht:Essen: Klartext-Verl. (Verlag), 2007, S. 203-218, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200912007696
Quelle:BISp

Abstract

Aus politikwissenschaftlicher Perspektive behandelt Verf. die beträchtlichen Veränderungen, mit denen der Fußball durch den Kompetenzzuwachs der Europäischen Union konfrontiert ist. Das viel diskutierte Bosman-Urteil stellt dabei nicht das einzige, sondern nur das prominenteste Beispiel für die Tragweite des europäischen Binnenmarkts dar. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang auch noch der Transferstreit 2000/01 und das Simutenkow-Urteil aus dem Jahr 2005. An diesen Beispielen wird in analytischer Hinsicht beleuchtet, ob der Fußball von den Akteuren der europäischen Ebene – insbesondere von der Europäischen Kommission – gezielt genutzt wurde, um eine stärkere europäische Einigung zu forcieren. Da Europäisierungsprozesse nicht nur als einseitig von Brüssel – bzw. von Straßburg und Luxemburg – aus gesteuerte Top-Down-Prozesse, sondern vielmehr als wechselseitige Interaktionen verstanden werden, wird auf der anderen Seite auch untersucht, ob und wie Vereine und Verbände ihrerseits auf die Herausforderungen der europäischen Union reagiert haben. Im Ergebnis seiner Betrachtungen stellt Verf. fest, dass der europäische Einigungsprozess – und vor allem die Etablierung des europäischen Binnenmarkts – erhebliche Auswirkungen auf die Fußballgeschichte des Kontinents gezeigt haben. „Der Fußball unterliegt seit den 1990er Jahren einem anhaltenden Trend zur Europäisierung. Während der professionelle Fußball zwischen den 1950er und 1980er Jahren allmählich eine stärker europäische Dimension angenommen hatte, dabei aber vorwiegend auf den Nationalstaat bezogen blieb, sind die Strukturen des Fußballs in den 1990er Jahren nachdrücklich an Europa – und vor allem am Binnenmarkt – ausgerichtet. Mit veränderten Strukturen und neuen Mitspielern ist auch eine Veränderung im Machtgeflecht des europäischen Fußballs einhergegangen. Vor allem die UEFA, aber auch die FIFA, die jahrzehntelang quasi autonom die Geschicke des europäischen und des internationalen Fußballs lenkten, mussten Kompetenzen abgeben.“ Die Veränderung im Machtgeflecht des europäischen Fußballs, die vor allem die Rolle der bisher dominanten Verbände – namentlich der UEFA und FIFA – begrenzt, und die Verlagerung von Kompetenzen hat nicht nur zu einer wachsenden Anzahl von beteiligten Akteuren auf europäischer Ebene – und zu zunehmenden Interventionen seitens der Europäischen Kommission – geführt, sondern auch zu einer Europäisierung der nationalen Akteure. Verf. bilanziert abschließend, „dass der Fußball sich weder von der Politik hat gänzlich vereinnahmen lassen, noch dass die Politik versucht hat, den Fußball gezielt zu instrumentalisieren. Vielmehr sind Verbände, Vereine und Politik teils freiwillig, teils aus rationalem Kalkül, gelegentlich aber auch widerstrebend, eine engere Liaison miteinander eingegangen, die maßgeblich durch die Parameter der Europäisierung geprägt wird.“ Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)