Die Welt zu Gast bei Freunden - Fußball, nationale Identität und der Standort Deutschland

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Schwier, Jürgen
Erschienen in:Wettbewerbsspiele: Die Inszenierung von Sport und Politik in den Medien
Veröffentlicht:Frankfurt a.M.: Campus-Verl. (Verlag), 2006, S. 79-104, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200611002500
Quelle:BISp

Abstract

Der Fußballsport und die Politik scheinen sich immer stärker zu durchdringen und wechselseitig voneinander zu profitieren. Mehr oder weniger parteiübergreifend hat so die deutsche Politik die Ausrichtung der Fußball-WM 2006 zur nationalen Aufgabe erklärt. Im Sinne einer nationalen Standort-Offensive sollen die über mehrere Jahre laufenden Kampagnen die Zustimmung und Vorfreude der Bevölkerung auf das Turnier verstärken, sowohl die Leistungsfähigkeit als auch den Charme des Landes facettenreich präsentieren und auf diesem Weg einige im Ausland häufig anzutreffende Klischees über Deutschland entkräften. Während die Bundesregierung u. a. auch das Kunst- und Kulturprogramm zur WM mit öffentlichen Geldern in Höhe von rd. 30 Mio. Euro finanziert und über das Innenministerium dessen Gestaltung mitverantwortet, inszeniert das Organisationskomitee eine breit angelegte Kampagnenpolitik, die sich alleine schon durch ihren Umfang und einzelne innovative Elemente von früheren WM-Gastgebern abhebt. Im Wesentlichen können dabei mit den Initiativen „Klub 2006“ (Zielsetzung: Aktivierung der einheimischen Amateurklubs, den Mannschaften unter dem Slogan „Ballzauberer 2006“ zur Ablegung des DFB-Fußball-Abzeichens, zur kreativen Gestaltung einer eigenen Weltmeisterschaftsfahne, zur Realisierung eines lokalen WM-Tages sowie zur Schulung von Jugendtrainern animiert werden) und „Talente 2006“ (Zielsetzung: Auffordern von Schülerinnen und Schülern aller Altersklassen und Schulformen, sich künstlerisch-kreativ mit dem WM-Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden“ auseinanderzusetzen), dem Umweltkonzept „Green Goal“ (Zielperspektive: Minimierung der Wirkung des sportlichen Großereignisses auf das globale Klima und nachhaltige Verbesserung der Umweltsituation im Bereich der WM-Stadien) sowie dem Kunst- und Kulturprogramm (Zielsetzung: Vermittlung eines glaubwürdigen Bilds von der kulturellen Vielfalt und Weltoffenheit des Landes) drei übergeordnete Themenschwerpunkte unterschieden werden. Orientiert an der Kernbotschaft vom „Land der Ideen“ entfalten die einzelnen Projekte der Kampagne ein Arrangement von Bildern, Symbolen und Argumenten, die Deutschland als Geburtsstätte wegweisender Erfindungen und einfallsreicher Forscher sowie gleichzeitig als Land der Dichter und Denker zeigen. Dadurch sollen Assoziationen zum traditionsreichen Qualitätsbegriff des „Made in Germany“ hergestellt, alte Stereotypen über den WM-Gastgeber aufgebrochen und dessen internationales Ansehen dauerhaft verbessert werden. Das von den Projekten gezeichnete Bild eines lässigen, weltoffen, kreativen Deutschlands hat das Nationale in den Hintergrund treten lassen, setzt nicht auf Exklusion oder eine Betonung von Unterschieden, sondern feiert am Beispiel des Fußballsports die Gemeinsamkeiten der Kulturen und positioniert den WM-Gastgeber als „gastfreundlichen, in jeder Hinsicht der Vielfalt zugeneigten Mitspieler im Konzert der Weltgesellschaft“. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)