Fordismus, Fußball, Fortschrittsdogma. Einige nur unvollkommen systematische Bemerkungen zur Bedeutung des Fußballsports für die Integration der westdeutschen Arbeiterklasse in die Gesellschaft der Bundesrepublik

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Bibliographische Detailangaben
Erschienen in:"Elf Freunde müsst ihr sein!": Einwürfe und Anstöße zur deutschen Fußballgeschichte
Veröffentlicht:Freiburg i. Br.: Haug (Verlag), 1995, S. 105-111, Lit.
Herausgeber:Geschichtswerkstatt e. V.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200608002026
Quelle:BISp

Abstract

Verf. zufolge hat der „deutsche Fußball“ zur Sicherung und zur Effektivierung des „Wirtschaftswunders“ in den 1950er Jahren, als erster Phase „fordistischer Akkumulation“, Erhebliches beigetragen. Es gab eine durchgängige Identifikation der vielen Millionen Arbeiter und Angestellten mit ihren jew. Vereinen, aber auch mit „ihrer“ Nationalelf. Ökonomisch war diese Konstellation in mehrfacher Hinsicht verwertbar; sie wirkte zum einen harmoniestiftend innerhalb der Betriebe; sie war jedoch auch in anderer Hinsicht ausnutzbar. So waren die Tugenden des Fußballspiels (Cleverness, Ausdauer, Härte gegen sich selbst und gegen andere, Teamgeist, Unterordnung) zugleich auch die erwünschten außerfachlichen Qualifikationen der Mitarbeiter. Dass die Einflüsse des Fußballsports und der Fußballbegeisterung in der Bundesrepublik der 50er und 60er Jahre eher in Richtung Konformismus als in Richtung Mündigkeit gingen, ist zum einen in der Funktionalität des Zuschauersports Fußball für den ökonomischen Fortschritt im Zeichen des Fordismus und insbesondere im Beitrag des Fußballsports zur Entpolitisierung der betrieblichen Sphäre begründet; zum anderen jedoch auch in der immer wieder zu beobachtenden bewussten Distanz der erfolgreichen Sportler zur Politik. Nicht einmal in den 50er Jahren schaffte es die so erfolgreiche Regierungspartei CDU, einen „Helden von Bern“ für sich zu verpflichten. Auch die die „Massen“ in jenen Jahren aufwühlende Frage, ob die Bundesrepublik nicht unversehens zur Landbasis für amerikanische Atomwaffen werde, führte zu keinerlei deutlichem Engagement der Fußballstars. Zumindest in Deutschland hatten die Sportler immer noch „die Schnauze voll“ von Politik. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)