Der mit dem Ball tanzt, der mit dem Bein holzt, der mit sich selbst spielt: Nationalstereotype in der Fußball-Berichterstattung

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Parr, Rolf
Erschienen in:Querpässe. Beiträge zur Literatur-, Kultur- und Mediengeschichte des Fußballs
Veröffentlicht:Heidelberg: Synchron Wiss.-Verl. (Verlag), 2003, S. 49-70, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200501000141
Quelle:BISp

Abstract

Nicht das Sportspiel Fußball selbst produziert schon kulturelle Bedeutung(en), sondern erst diejenigen Geschichten, die rund um das Spielgeschehen erzählt werden. Dauert das eigentliche Fußballspiel die bekannten 90 Minuten, so nimmt das dazugehörige Gesellschaftsspiel mit seinen mal antizipatorischen, mal nachgetragenen „Narrativierungen“ und „Diskursivierungen“ den zigfachen Umfang ein und bietet zudem die bevorzugten Orte der meist wenig reflektierten Reproduktion von Nationalstereotypen. So wurde beispielsweise die Konstellation Deutschland-Brasilien im Endspiel der Fußball-WM 2002 im „International Herald Tribune“ mit dem Zusammenprall von „Panzern“ und „Sambatänzern“ verglichen. Verf. analysiert solche Nationalstereotype vom Typ „die Engländer sind knallharte Direktfußballer“, „die Italiener sind ballverliebt“ und die Argentinier „Tango-Fußballer“ als ein zusammenwirkendes synchrones System, in dem die eingenommenen Positionen und die sich konstitutierenden Merkmale stärker auf dem Spiel der Distinktionen untereinander beruhen als auf vermeintlich transhistorisch konstanten Wesensmerkmalen eines als durchgängig angenommenen Nationalcharakters. Denn ist die Position „Fußball tanzen“ für südamerikanische Nationen erst einmal fest etabliert, dann wird es schwer, die deutschen „Fußball-Arbeiter“ auch noch aufs Parkett zu bringen. Irritationen und Friktionen kommen in dieses relative stabile System der Nationalstereotype aber ständig durch die multikulturelle Zusammensetzung der Nationalmannschaften und den noch sehr viel stärker globalisierten Ligenfußball hinein, so dass nationale Doppel- und Mehrfachkodierungen inzwischen nahezu den Regelfall der begleitenden Berichterstattung in den Medien darstellen. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)