Zur Dialektik von Ball und Kopf und deren Verhältnis zum Fuß oder 'Fußball ist unser Leben'

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Rauscher, Josef
Erschienen in:Abseits denken : Fußball in Kultur, Philosophie und Wissenschaft
Veröffentlicht:Kassel: Agon-Sportverl. (Verlag), 2004, S. 24-35, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200501000135
Quelle:BISp

Abstract

Nach einer Betrachtung der dialektischen Vermittlung von Materie und Mechanik mit Geist und Intention als Schauspiel und einer Darlegung der Dialektik von Kampf und Spiel, Funktion und Kreativität beleuchtet Verf. über den Umweg des Fußes die Unterschiede zwischen Fußball und Handball: Die Differenz zwischen Fußball und Handball ist Verf. zufolge eine subtile und dennoch handgreifliche. Die Rolle des Balls als Katalysator und Symbolmagnet, der die kämpferische Energie von der Auseinandersetzung mit dem Gegner auf sich zieht, ist im Handball längst nicht so befreit wie beim Fußball. Weder lässt Handball den großen Freiraum für denkerischen Gestaltungseinsatz noch hat das Spiel denselben Symbolwert wie Fußball. Handball feiert die automatisierten Abläufe, während Fußball die Freisetzung für das Unerwartete sucht. Fußball öffnet den Raum des Mannigfaltigen sowohl im Spielraum des Balls – freieres, unvorhersehbares Spiel – wie in der Dimension des Feldes, im Differenzierungsgrad der Mannschaft wie im Einsatz des einzelnen Spielers. Aus der Differenz zwischen Fußball und Handball lassen sich Verf. zufolge anthropologische Einsichten in das Grundverhältnis des Menschen zur Welt gewinnen, das stets von einem Wechselspiel zwischen denkerischer Planung und phänomenweltlicher Realisierung gekennzeichnet ist. Im Fazit gelangt Verf. Zu der Erkenntnis, dass die Faszination des Fußballs sich erst in zweiter Linie aus dem Kampf zweier Mannschaften um den Sieg speist. Dieser Kampf ist eher Steigerungsbedingung für ein anderes, gemeinsames Ziel, ein theatrales. Mehr als den Sieg der „eigenen“ Mannschaft wünscht das Fußballpublikum Momente des Widerspiels von geistiger Ordnung und materieller Wirklichkeit zu sehen. Keine Abbildbedeutung, sondern auf Bewegungsbilder reduzierte Widerfahrnisse der Welt – magische Momente, Unwirklichkeiten oder zumindest Unwahrscheinlichkeiten. Das Publikum genießt daher auch sowohl, dass die (Fußball-)Welt erscheint, als entspräche sie der Ordnung eines denkenden Intellekts, als auch, dass die Unwägbarkeiten des Spiels jede Ordnung unterminieren. Wer bei der perfekten Kombination und dem anschließenden Schuss an die Latte (wie im Falle des berühmten „dritten Tores“ beim WM-Endspiel 1966) denkt, es gehe um ein Tor, hat Verf. zufolge die Faszination des Fußballs, die Faszination, die dem irrealen Moment als Schauereignis zukommt, nicht verstanden. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)