Der Fußball und seine Stars

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Schröder, Ulfert; Müller, Werner-Johannes
Erschienen in:Fußball-Weltgeschichte. 1846 bis heute. Bilder, Daten, Fakten
Veröffentlicht:München: Copress Verl. (Verlag), 2002, S. 350-391, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200306001362
Quelle:BISp

Abstract

Fußballstars sind mittlerweile aus ihrem eigentlichen Betätigungsfeld, ihrer Branche, herausgetreten und haben einen absoluten, von ihrer berufliche Qualifikation unabhängigen Wert erlangt. Sie werden beobachtet, bewundert, beäugt, belauscht, und nachgeahmt nicht um ihrer Kunst und Leistung, sondern um ihrer selbst willen. das Metier des Stars dient allerdings als Basis und bis zu einem gewissen Punkt als Transportmittel auf dem Weg zum Star. Wenn der angehende Star diesen Punkt erreicht hat, muss er bereits das Wesen eines Stars besitzen. Er muss entweder völlig außergewöhnlich sein und den Hauch des Geheimnisvollen, Unerklärlichen, Hintergründigen besitzen; oder er muss seinen Bewunderern die Möglichkeit geben, sich mit ihm zu identifizieren, er muss das Gefühl auslösen, einer der ihren zu sein, ein Kumpel, ein guter Freund, einer, den man jeden Tag überall treffen kann. Für den erstgenannten Typ des Stars stand in den 70er Jahren Günter Netzer, für den zweitgenannten Typ Gerd Müller. Franz Beckenbauer passte weder in das eine noch in das andere Muster. Er kam den an einen Star zu stellenden Anforderungen im Grunde am nächsten, indem er in einer entrückten Welt (zeitweise auch ganz konkret in den USA) lebte und nur dann auf die Erde zurückkehrte, wenn er seine Arbeit zu verrichten, seine Kunst zu präsentieren hatte. Sein Image war das beste, aber auch das gefährlichste, denn er hatte sich am weitesten von der Basis, die ihn auf die Dauer ernähren musste, entfernt. Netzer strebte weder nach dem sog. Besseren wie Beckenbauer noch war er ein Kumpel wie Müller. Durch sein rebellisches Image wurde er jedoch der intellektuellen Jugend sympatisch und damit erschloss er dem Fußball ein neues Publikum. Durch die Medienentwicklung in den 80er und 90er Jahren wurden die Stars in eine gänzlich neue Dimension katapultiert. Aus Fußballstars wurden integrale Bestandteile des neuen, millionenschweren Show-Geschäfts. Plötzlich reichte es nicht mehr, nur Fußball spielen zu können, sondern auch außerhalb des Stadions musste eine "Performance" erbracht werden (was bspw. dazu geführt hätte, dass Gerd Müller in dieser Zeit nie mehr zum Superstar hätte aufsteigen können). Dass ab Mitte der 90er Jahre Fußballspieler in die Superreichen-Klasse aufsteigen konnten, ist dem sog. Bosman-Urteil zu verdanken, das Ablösesummen verbot. Die auf diese Weise eingesparten Millionen fließen seitdem auf direktem Wege in die Taschen der umworbenen Stars und ihres merkantilen Anhangs. Der abgebende Klub kann sich transfertechnisch und rechtlich nur noch dadurch wehren, dass er sich mit dem Spieler auf eine vorzeitige Verlängerung des noch laufenden Vertrages verständigt. Nur beim vorzeitigen Ende eines Vertrages wird eine entsprechende Vergütung fällig, die sich die Klubs meist aber noch mit den Spielern hinter den Kulissen teilen müssen. Eine Änderung dieser Situation ist derzeit nur in Sicht, wenn das Fernsehen nicht mehr die riesigen Summen wie in den 90er Jahren zahlen kann. Der Zusammenbruch der Kirch-Gruppe könnte als erstes Anzeichen eines Wandels gedeutet werden. Folgende Fußballstars werden detaillierter vorgestellt: Jose Andrade, Franz Beckenbauer, Bobby Charlton, Johan Cruyff, Nandor Hidegkuti, Lew Jaschin, Diego Maradona, Stanley Matthews, Pelé, Michel Platini, Gianni Rivera, Ronaldo, Matthias Sindelar, Alfredo di Stefano, Fritz Walter, Ricardo Zamora. Schiffer