Der analgetische Effekt von körperlicher Aktivität auf Wehen unter der Geburt

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Hartmann, Sabine
Veröffentlicht:Köln: 2002, 152 S., Lit.
Forschungseinrichtung:Deutsche Sporthochschule Köln
Hochschulschriftenvermerk:Köln, Dt. Sporthochsch., Diss., 2002
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Monografie
Medienart: Gedruckte Ressource
Dokumententyp: Hochschulschrift Dissertation Graue Literatur
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200305001077
Quelle:BISp

Abstract

Ziel dieser Untersuchung war es zu ermitteln, ob körperliche Aktivität in Form von Fahrradfahren sub partu analgetisch wirkt und sicher für den Feten ist. 50 Probandinnen mit normalen, komplikationslosen Schwangerschaftsverläufen, die sich unter der Geburt befanden und regelmäßige, schmerzhafte Wehen hatten, belasteten sich 20 Minuten lang kontinuierlich mit einem Triangulärtest submaximal auf einem Fahrradergometer. Die Probandinnen stuften in Ruhe und während des Radfahrens ihren Wehenschmerz auf einer elfschrittigen visuell-analogen Skala (VAS) ein. Beta-Endorphin, Cortisol, Katecholamine, Prolaktin und Lactat wurden aus dem Plasma in Ruhe und unmittelbar nach der physischen Belastung bestimmt. Qualitativen Aussagen der Probandinnen zufolge empfanden 84% der Probandinnen die Wehen während des Radfahrens subjektiv als weniger schmerzhaft und damit leichter zu ertragen als in Ruhe. Bei 75°Io der Probandinnen schlug sich die subjektive Schmerzerleichterung durch das Radfahren quantitativ auf der VAS in einer reduzierten Bezifferung der Schmerzintensität im Vergleich zu den Ruhebedingungen nieder und zwar, durchschnittlich betrachtet, in der Größenordnung von 1,3 Schritten auf der VAS. Physiologisch lässt sich die reduzierte Bezifferung der Schmerzintensität durch die im Vergleich zur Ruhe nach dem Radfahren signifikant erhöhte Beta-Endorphinausschüttung erklären (p<0,001). Dabei wirkt sich auch eine geringe intensive Belastung (< 124/min) analgetisch aus. Jedoch steigt die analgetische Wirkung proportional zur Belastungsintensität im Rahmen der empfohlenen maternalen Herzfrequenz bis zu 140/min. Ausschlaggebend für die reduzierte Schwelle der gesteigerten Beta-Endorphinausschüttung scheint die Schwangerschaft bzw. die physiologische Situation sub partu zu sein. Wenn der mit dem Stress einer Schwangerschaft bereits belastete weibliche Organismus zusätzlich einer physischen Belastung ausgesetzt wird, führt dies zu einer höheren Beta-Endorphinantwort, als dies im nichtschwangeren Zustand erwartet werden dürfte. Physische Belastung und Schmerz stimulieren gleichermaßen die Sekretion von Beta-Endorphin. Welcher dieser beiden Stressfaktoren hinsichtlich der Beta-Endorphinausschüttung wirksamer ist, lässt sich auf der Basis der vorliegenden Untersuchung nicht hinreichend beantworten. Bei der Applikation von Spasmolytika ist die belastungsinduzierte Beta-Endorphinantwort deutlich reduziert. Die Anhebung der Schmerztoleranz sowohl während maximaler physischer Belastung im nichtschwangeren Zustand als auch während moderater physischer Belastung im schwangeren Zustand bzw. unter der Geburt stellt sicherlich eine physiologisch sinnvolle Adaptation der Natur an eine extreme Situation dar. Die genauen Wirkungsmechanismen bleiben jedoch ungeklärt. Physische Belastung und der Geburtsverlauf wirken neben der Beta-Endorphinausschüttung auch bei den anderen Stresshormonen (außer Prolaktin) im Sinne eines Anstiegs kumulativ. Analog zu Beta-Endorphin ist die Sekretion der anderen Stresshormone (außer Prolaktin) zudem von anderen Parametern wie z.B. psychischem Stress abhängig, der auch in der großen interindividuellen Variabilität sowohl in Ruhe als auch bei Belastung zum Ausdruck kommt. Prolaktin bleibt bei physischer Belastung sub partu unverändert. Demgegenüber steigt Lactat bei Belastung unter der Geburt an. Möglicherweise stellt die anaerobe Energiebereitstellung einen Stimulus dar, der zu einer erhöhten Beta-Endorphinausschüttung beiträgt. Der Fet reagierte auf die Belastung mit einem Herzfrequenzanstieg im Normbereich, der als physiologische Reaktion gilt. Da die Wehenhäufigkeit während und nach Belastung signifikant höher war (p < 0,05) als in Ruhe, kann davon ausgegangen werden, dass das Radfahren den Geburtsfortschritt fördert. Physische Aktivität kann sub partu bei regelmäßigen, schmerzhaften Wehen präventiv bzw. therapeutisch analgetisch eingesetzt werden. Körperliche Aktivität auf dem Fahrradergometer wird vom Feten sehr gut toleriert und wirkt sich durch die Erhöhung der Wehenhäufigkeit positiv auf den Geburtsfortschritt aus. Zusammenfassung