Abstract

Neuere Untersuchungen haben nachgewiesen, wie es der franzoesischen Republik zwischen 1870 und 1914 nicht gelungen ist, eine oeffentliche Gesundheitspolitik zu etablieren. Frankreich hatte mehr Probleme als alle anderen europaeischen Staaten in der Tuberkolosebekaempfung, was nicht zuletzt darauf zurueckzufuehren ist, dass die Buergermeister haeufig ueber kein ausreichendes Budget verfuegten oder schlicht die Weisungen aus Paris nicht fuer wichtig genug hielten. Seit 1881 erhalten die SchuelerInnen eine paedagogische Ausbildung, die auch die elementaren Regeln der Hygiene beinhalteten. Die Stadt Lyon bildet im Vergleich von ganz Frankreich eine Ausnahme, entpuppte sie sich doch in grossem Ausmass als Verfechter der patriotischen Ideologie der Dritten Republik. Lyon ist eine der drei Medizinstaedte gemeinsam mit Paris und Montpellier, seine Politik zur Etablierung des Sports im Schulunterricht ist aussergewoehnlich. Seit 1919 erhielten diese Tendenzen neuen Antrieb, da die Fragen der Hygiene und des oeffentlichen Gesundheitswesens mit erzieherischen Fragen direkt verknuepft wurden. Die Bedingungen, unter denen diese aussergewoehnliche Entwicklung einer Stadt moeglich wurden, sind vielfaeltiger Natur. Nicht zuletzt das Engagement einzelner Persoenlichkeiten, insbesondere das von Edouard Herriot, der die von 1905 bis 1957 Buergermeister von Lyon war, war ausschlaggebend fuer den Erfolg. Dabei steht ausser Frage, das sein Engagement nicht nur aus Ueberzeugung sondern auch aus parteipolitischem Kalkuel reifte. Ihm gelang es, eine Allianz zwischen Politikern, Medizinern und Lehrern zu knuepfen, die sich an den Besetzungen in verschiedenen Gremien und Organisationen nachzeichnen laesst. Zahlreiche Sportfeste, die enorme Popularitaet erlangten, bezogen die gesamte staedtische Bevoelkerung ein. Das Beispiel Lyons kann heute als eine der ersten staedtischen Politiken fuer den Sport gelten. SaSch