Das Internationale Olympische Komitee - eine Weltregierung des Sports?

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Rittberger, Volker; Boekle, Henning
Herausgeber:Grupe, Ommo
Erschienen in:Olympischer Sport : Rückblick und Perspektiven
Veröffentlicht:Münster: Hofmann (Verlag), 1997, 1997. S. 127-155
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
ISBN:3778075004
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU199906309769
Quelle:BISp

Abstract

Dieser Beitrag setzt sich mit drei Kernfragen auseinander: 1. Was kennzeichnet den Sport als relativ eigenstaendiges soziales Handlungssystem? 2. Welches Wechselverhaeltnis besteht zwischen dem sozialen Handlungssystem Sport und dem der internationalen Politik? 3. Kann das Internationale Olympische Komitee (IOC) tatsaechlich als eine Weltregierung des Sports gelten? Um diese Fragen zu beantworten, wird zunaechst das soziale Handlungssystem Sport mit soziologischen Kategorien analysiert. Sodann wird das Wechselverhaeltnis zwischen Sport und Politik auf internationaler Ebene theoretisch und empirisch skizzenhaft beleuchtet. Daraufhin werden die Kompetenzen des IOC und der anderen Saeulen der olympischen Bewegung anhand einer Exegese der Olympischen Charta sowie einer institutionenkundlichen Beschreibung dargestellt. Schliesslich wird die Frage, ob das IOC eine Sport-Weltregierung darstellt, ueber eine solche Analyse hinaus vertieft, um zu einer politikwissenschaftlich befriedigenden Antwort zu gelangen. Im Ergebnis der Analyse wird das IOC tatsaechlich als Weltregierung des olympischen Sports charakterisiert. Indem das IOC im olympischen Sport die drei Gewalten der Legislative, der Exekutive und der Judikative auf sich vereinigt, steht es klar an der Spitze der straff hierarchisch strukturierten olympischen Bewegung. Die Regierungsform dieser Weltregierung ist als autokratisch zu bezeichnen. Hinzu tritt ein starker ideologischer Zug, denn das IOC regiert den olympischen Weltsport nicht zum Selbstzweck, sondern um ein von ihm als erstrebenswert erachtetes Ideal zu foerdern, die Olympische Idee, die durch die Praxis der olympischen Bewegung zunehmend dementiert wird (Kommerzialisierung). In bezug auf die politische Oekonomie der Spiele laesst sich von einer patrimonialen Herrschaft des IOC ueber den olympischen Sport sprechen. Das IOC behaelt sich einen unbedingten Eigentumstitel an den Olympischen Spielen und Symbolen vor, beteiligt aber die anderen Saeulen der olympischen Beweguing grosszuegig an den erwirtschafteten Mitteln. Abgerundet wird das Bild vom IOC als Regierung des olympischen Weltsports durch ein wohl am besten als oligarchisch charakterisierbares Element in Bezug auf die Rekrutierung der Herrschaftselite. Das IOC waehlt seine Mitglieder selbst; die meisten Vorschlaege fuer Neuaufnahmen werden vom Praesidenten vorgelegt. Fazit von Verf.: Die Machtfuelle, die das IOC im olympischen Sport besitzt, wird in keinem anderen Politikfeld oder sozialen Handlungssystem von einer anderen nichtstaatlichen Organisation erreicht. Schiffer