Vergleich der sympathoadrenalen und hormonellen orthostaseregulation bei Schwimmern und Untrainierten

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Kartak, Martin
Veröffentlicht:Heidelberg: 1992, 1992, 107 S.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Monografie
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU199410100054
Quelle:BISp

Abstract

Untersucht werden sollte die Auswirkung intensiven Schwimmtrainings auf die Orthostasereaktion, besonders im Hinblick auf die sympathoadrenale und hormonelle Regulation. Zwoelf Leistungsschwimmer (Schw., VO2max 59, 3 ml O2/min/kg) mit langjahriger Trainingsanamnese und zwoelf durchschnittlich sporttreibende Normalprobanden (Norm., VO2max 50,5 ml O2/min/kg) wurden einem Kipptischtest unterzogen. Bestimmt wurden das venoese Pooling, Blutdruck, Pulsfrequenz und die sympathoadrenalen und hormonellen Regelkreise (freie und sulfatierte Katecholamine, Adrenozeptoren, ADH, Renin-Angiotensin-System, ACTH, Cortisol). In einer anderen Studie wurden echokardiographisch die Herzvolumina ermittelt. Mit Einnahme der aufrechten Koerperposition kam es zu einem kaudualen Volumenabstrom von insgesamt etwa 900 ml. Beide Kollektive reagierten auf den Orthostasereiz mit der typischen Barorezeptorreflexvermittelten sympathischen Stimulation, kenntlich an hochsignifikant steigenden venoesen Noradrenalinspiegeln. Die etwas geringeren Noradrenalin-Anstiege kompensieren die Schwimmer mit signifikanter adrenaler Sekretion, Normalprobanden zeigten keinen Anstieg der venoesen Adrenalinspiegel. Zwischen den Kollektiven war jedoch kein statistisch gesicherter Unterschied festzustellen. Auch die Untersuchung der sulfatierten Katecholamine, die Anzahl adrenerger Rezeptoren und deren Sensitivitaet sowie die gemessenen Hormone konnten keine unterschiedliche Reaktionsweise des Schwimmerkollektivs gegenueber den Untrainierten aufdecken. Interessanterweise fuehrte zehnminuetige Orthostase zu einem signifikanten Anstieg der mit [125J]-Cyanopindolol markierten beta-Rezeptoren auf mononukleaeren Lymphozyten. Vermutlich wurden sie aus intrazellulaeren Vesikeln freigesetzt oder neusynthetisiert. Sich anschliessende cAMP-Assays zeigen jedoch, dass nur ein Teil der zusaetzlich
bestimmten Rezeptoren biologisch wirksam war. Entsprechend der sympathetischen Stimulation stiegen Pulsfrequenz und diastolischer Blutdruck deutlich an. Die in Ruhe und bis zum Einsetzen der orthostatischen Beschwerden im Mittel hoeheren Blutdrucke und Pulsfrequenzen bei Schwimmern unterstuetzen die These eines Immersions-bedingten Resetting arterieller Barorezeptoren. Trotz dieser zunaechst zufriedenstellenden Gegenregulation musste die Orthostasebelastung bei acht Schwimmern, aber nur bei drei Untrainierten wegen synkopaler Symptome abgebrochen werden. Die symptomatischen Probanden zeigten mit ploetzlich einsetzender Bradykardie und Hypotonie das typische Bild der vasovagalen Synkope. Kardiale Rezeptoren, die auf eine kritisch verminderte Ventrikelfuellungen reagieren, scheinen fuer die ploetzliche vagale Stimulation und Verminderung des Sympathikotonus verantwortlich zu sein. Mit dem Versagen wurden nachgeschlatete Hormonsysteme noetig, die in einer Art Notfallsituation als Kaskade reagierten. Zentrale Bedeutng kommt dem ADH zu, welches bei Probanden mit orthostatischen Beschwerden massiv ausgeschuettet wurde (10 auf 118,9 pg(l, p < 0,01). Als Trigger wirken vermutlich wiederum kardiale Rezeptoren mit excitatorischen Signalen. Kurzfristig wirkt ADH am venoesen Schenkel tonisierend, umd ie bei Orthostase zentrale Hypovolaemie auszugleichen, ohne jedoch die Hypotonie verhindern zu koennen. Mittelfristig stimuliert es ueber die Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse die Stresshormone ACTH und Cortisol, die ebenfalls bei symptomatischen Probanden signifikant anstiegen. Lnagfristig wirkt es ueber seinen antidiuretischen Effekt volumensteigernd. Fuer die Reninanstiege, die gegenueber ADH eher moderat ausfallen, scheint der intrarenale Barorezeptorreflex verantwortlich zu sein. Aldosteron, als wichtiger Regualtor des Blutvolumens, wurde staerker in die Notfallregulation einbezogen und korrelierte deutlicher mit den ACTH-Ansteigen (r = 0.68, p < 0,001) als mit den Anstiegen der Plasma-Renin-Aktivitaet (r = 0,61, p < 0,01). Diese Notfallreaktion trat unabhaengig, ob Sportler oder nicht, bei allen orthostatisch labilen Versuchspersonen ein. Die hoehere Kollapsrate ist vermutlich mit einem Resetting kardialer Rezeptoren zu begruenden. Trotz der waehrend der Stehphase hoeheren Blutdrucke, gleichem kaudalem Volumenabstrom und besserer diastolischer Ventrikelfuellung meldeten kardiale Rezeptoren haeufiger ein kritisches Leerschlagen der Ventrikel. Ursaechlich wird die durch den Immersionseffekt in Wasser staendig erhoehte Vor- und Nachlast angenommen. Die fuer Schwimmer breits oefter beschriebene Resetting-These der arteriellen Barorezeptoren, waere demanch auch auf kardiale Rezeptoren auszudehnen. Weil bei einer Nachuntersuchung in der trainingsfreien Phase die Kollapsrate der Schwimmer nur zwei von zwoelf betrug, scheint es sich um ein reversibles, funktionelles Resetting zu handeln. Schlussfolgernd wird angenommen, dass langjaehriges, intensives Schwimmtraining durch ein funktionelles Resetting kardialer Rezeptoren bei extremem Orthostasestress zu vermehrter Kollapshaeufigkeit fuehrt.
Verf.-Referat