Leistungssport - Ideologie oder Mythos?

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Lenk, Hans
Veröffentlicht:Stuttgart: Kohlhammer (Verlag), 1972, 192 S., Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Monografie
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
ISBN:3172330419
Schriftenreihe:Urban-Taschenbücher, Band 826 : Reihe 80
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU197304003403
Quelle:BISp

Buchumschlag

Die neue Sozialkritik am Leistungsprinzip und an der Leistungsgesellschaft richtet sich auch gegen den Leistungssport. Lenk Liefert eine differenzierte Auseinandersetzung mit dieser Kritik. Aufgrund einer pluralistischen philosophischen Anthropologie versucht er, die bisher uneinheitlichen gesellschaftlichen und individualistischen Teildeutungen des Sports in einen Gesamtrahmen einzufügen. Besonders betont er die Funktion des Leistungssports als eines modernen herakleisch-prometheischen Mythos, der sich in der archetypischen Rollendynamik des Wettkampfes und des Leistungshandelns verkörpert.

Abstract

Es gibt außer ideologiekritischen Versuchen bisher keine systematisch ausgearbeitete Philosophie des Sports und des Leistungsverhaltens, von wenigen Ansätzen individualistischer Sportphilosophien (Weiss, Slusher) abgesehen. Diese aber setzen sich kaum mit der sozial philosophischen Problematik des Leistungssports auseinander. So blieb das Feld frei für die sich soziologisch gebende Sozialkritik, die freilich den Sport erst mit mehrjährigem Verzug als Kritikgegenstand entdeckte. Das schillernde Bild vom Leistungssport konnte sich auch nur deshalb so verbreiten, weil das Fehlen einer jeglichen systematischen Philosophie des Leistungsverhaltens die geistige Desorientierung zur Folge haben musste. Ohne jede philosophische Theorie oder Beurteilungsgrundlage ist es nicht möglich, ein einheitliches begründetes Urteil über ein kulturell geprägtes Verhaltensmuster zu gewinnen. Eine Philosophie der sportlichen Leistung und des Sports fehlt bisher wie eine eingehende systematische philosophische Analyse des Leistungsverhaltens, der Leistungswerte, der Leistungsorientierung überhaupt - trotz aller gängigen Schlagworte über die ,Leistungsgesellschaft' und ihr ,Leistungsprinzip'.
Dies ist überraschend und befremdlich. Unverständlich erscheint das Fehlen einer Sportphilosophie ferner deshalb, weil der Sport Millionen in seinen Bann zieht. Warum gibt es unzählige Abhandlungen zur Philosophie der Kunst, aber nur wenige umfassende zur Philosophie des Sports? Die Philosophie der Technik war wiederholt Gegenstand von Untersuchungen und Kontroversen. Wieso der Sport kaum?
Die vorliegende Untersuchung kann nur die wenigen wichtigen philosophischen Ansätze zur Deutung des Sports aus der neueren Zeit berücksichtigen. Sie schränkt sich ein auf philosophische Interpretationsansätze des Sports im engsten Sinn, d. h. des leistungsorientierten und institutionalisierten Sports, des Leistungssports.
Theologische und kulturanthropologische Aspekte bleiben ausgespart. Keine Philosophie des Spiels, des · Freizeitverhaltens, der Erholung, Hygiene, Handlung, Leistung, Erziehung ist hier möglich - keine Grundlegung der Sportpädagogik (vgl. Grupe 1969), keine "philosophy of physical education" (vgl. Osterhoudt 1971), nicht Motivationspsychologie noch -philosophie. Das immer noch ungelöste Leib-Seele-Problem sowie das der Selbstidentität können kaum näher skizziert werden, obwohl beide für die Sportphilosophie höchst relevant sein dürften.