Entwicklung eines regelkonformen Skisprunganzugs mit verbesserten Flugeigenschaften - Teilprojekt 2: Entwicklung eines neuen flexiblen Fertigungsverfahrens für den Anzugsstoff

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Stegmaier, Thomas (Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung / Institut für Textil- und Verfahrenstechnik, Tel.: 0711 9340-219, thomas.stegmaier at itv-denkendorf.de)
Forschungseinrichtung:Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung / Institut für Textil- und Verfahrenstechnik
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 072018/21-22)
Kooperationspartner:Deutscher Skiverband ; Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:08/2021 - 04/2022
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020210701236
Quelle:profi - Projektinformationssystem

Ziel

Der Wunsch des DSV ist es zusammen mit Textilherstellern einen eigenen Stoff für die Sprunganzüge zu entwickeln. Dies erfolgt in konsequenter Weiterentwicklung der bereits durchgeführten eigenen Konfektionierung der Anzüge. Die Erkenntnisse im Teilprojekt 1 zeigten jedoch die Notwendigkeit auf die Materialentwicklung des 5-Lagen-Verbundstoffes freier und reproduzierbarer gestalten zu können, als dies bisher möglich war.
Bislang werden die Schaumlagen mit den Ober- und Unterstoffen über eine Flammkaschierung miteinander verbunden. Dabei bewirkt eine offene Gasflamme die oberflächliche Erwärmung des Schaumes, der anschmilzt und sofort mit dem Textil verpresst wird. Für die kurzen Losgrößen der Anzugsstoffe ergeben sich jedoch starke Qualitätsschwankungen von Rolle zu Rolle, da die Prozessparameter beim Flammkaschieren nicht so reproduzierbar eingestellt werden können wie erforderlich. Unterschiedliche Dicken des Schaumstoffes mit starken Schwankungen der Dicke und der Luftdurchlässigkeit sind die Folge.
Ziel ist es einen neuen Prozess zu entwickeln, der die fünf Teillagen über Klebstoffmittel miteinander verbindet. Damit ergeben sich erstmals grundsätzlich neue Möglichkeiten einen eigenen Anzugstoff zu entwickeln:
Die strenge Abhängigkeit von den nur zwei Stofflieferanten wird überwunden. Diese versorgen nicht nur den DSV, sondern auch weitere Länder und setzen erarbeitete Materialverbesserungen sofort für alle ihre Kunden ein.
Die Verbindung über Klebstoffe ermöglicht eine wesentlich freiere Wahl der Schaumstoffe, Härte bzw. Elastizität, Erholungsvermögen, Dicke sind wählbar.
Die Eigenschaften des Verbundes werden durch einen sicheren Fügeprozess reproduzierbar in wesentlich engeren Toleranzfenstern.
Die finale Luftdurchlässigkeit des Anzugstoffs lässt sich gezielt über die Materialauswahl einstellen und wird nicht durch den sehr sensiblen Prozess des Flammkaschierens in sehr ungenauer Weise aufgeprägt.

Planung

Mit dem DSV und dem FES wurde das Arbeitsprogramm erarbeitet.
1. Tiefgehende Analysen zum Alterungsverhalten der eingesetzten Schaumstoffe
Aufbauend auf den Erkenntnissen im Teilprojekt 1 werden die Schaumstoffe hinsichtlich ihres Rückstellungsvermögens unter dynamischen Belastungen analysiert
2. Erarbeitung von Wunsch-Sollwerten für die einzelnen Materialien im 5-Lagenverbund
Der Anzug sollte im Hochleistungsbereich eine größere Härte, bei gleichzeitiger Elastizität, sowie ein geringes Gewicht haben. Die weitere Detaillierung der Anforderungen erfolgt.
3. Analyse des Marktes und Beschaffung von Schaumlagen sowie Deckstoffe und Membrane
Ausgehend von den Sollwerten werden potentielle Lieferanten von Schaumstoffen angefragt und deren Datenblätter mit den Sollwerten verglichen. Fehlende Kennwerte werden im Labor der DITF ermittelt.
4. Entwicklung des Prozesses der Verklebung
Auf Basis der Temperaturkennwerte und der Zusammensetzung der ausgewählten Schäume werden Klebstoffsysteme ermittelt, bewertet und ausgewählt sowie Prozesstechniken ausgewählt und erprobt.
5. Analysen an den hergestellten Musterlaminaten
Es werden die Kennwerte der Luftdurchlässigkeit und der Biegesteifigkeit bzw. Biegebeständigkeit ermittelt. Weitere Analysenmethoden werden bei Bedarf eingesetzt.
6. Herstellung von Sprunganzügen durch den DSV
Aus den Musterwaren stellt der DSV Sprunganzüge für Springer her. Dabei wird auf eine hohe Gleichheit aller Anzüge geachtet, damit Unterschiede im Flugverhalten mit den Stoffeigenschaften korreliert werden können.
7. Praxistests durch DSV
Die modifizierten Sprunganzüge werden von Sportlern der Nationalmannschaft mit Sprüngen von der Sprungschanze getestet. Die Rückmeldung der Sportler zum Flugverhalten wird dokumentiert.
8. Physikalische Untersuchungen des Anzugstoffes
Parallel zu den Praxistests werden die Anzugslaminate im Neuzustand, nach den Belastungen unter definierten Laborbedingungen und nach den Sprüngen physikalisch untersucht.
9. Berichters

Ergebnisse

Das Projekt ist auf die Nationalmannschaft bzw. den Skisprung-Olympiakader in allen nordischen Disziplinen und gleichermaßen auf die Damen – und Herrenmannschaft ausgerichtet. Der dringende Bedarf für die angestrebten Entwicklungen zur neuen Fügetechnik des 5-Lagenlaminats wurde durch den Deutschen Skiverband als eines der wichtigen Resultate aus dem ersten Teilprojekt an das beantragende Textilforschungsinstitut herangetragen. Im gemeinsamen ersten Service-Projekt wurde die Ausgangsbasis geschaffen, um das beantragte Arbeitsprogramm mit den Material- und Prozessentwicklungen gezielt auf den Bedarf der Nationalmannschaft auszurichten. Der Skisprungtrainerstab und die Athletinnen und Athleten werden eng in das Projekt eingebunden, da für die Bewertung der Ergebnisse das Feedback der Sportler zum Verhalten ihres Sprunganzugs als Sportgerät wichtig ist. Der DSV benötigt die ständige Begleitung des Vorhabens, um für sein Ziel, mehr Eigenentwicklung in den Sprunganzug zu bringen, rechtzeitig wichtige Entscheidungen zu fällen. Der Transfer erfolgt daher auf Basis dieser engen Zusammenarbeit zwischen Materialforschung, Verband und Sportlern speziell in die Nationalmannschaft. Der sehr spezielle Materialaufbau des Skisprunganzugs und der Fokus auf Materialentwicklungen für die Nationalmannschaft reduzieren zunächst die Transfermöglichkeit in die wissenschaftliche Gemeinschaft, um den erarbeiteten Wettbewerbsvorsprung zu nutzen. Es ist aber möglich, generalisierbare Erkenntnisse zum neuen Prozess der Fügetechnik von Textilien in die Entwicklungen anderer Sportarten wie zum Beispiel Radfahren, Abfahrtsskilauf, Rodeln, oder Eisschnelllauf zu transferieren.