Evaluation des Bewegungs-, Spiel- und Sportangebotes an offenen Ganztagsschulen im Primarbereich in seinen Auswirkungen auf die Angebote und Struktur von Sportvereinen, Koordinierungsstellen und die Ganztagsförderung des LandesSportBundes NRW in Nordrhein-Westfalen

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Naul, Roland (Universität Duisburg-Essen / Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften / Arbeitsbereich Sportpädagogik und Sportdidaktik, Tel.: 0201 183 7614, roland.naul at uni-due.de); Neuber, Nils (Universität Münster / Institut für Sportwissenschaft / Arbeitsbereich Bildung und Unterricht im Sport, Tel.: 0 251 83-3236, Nils.Neuber at uni-muenster.de)
Forschungseinrichtung:Universität Duisburg-Essen / Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften / Arbeitsbereich Sportpädagogik und Sportdidaktik; Universität Münster / Institut für Sportwissenschaft / Arbeitsbereich Bildung und Unterricht im Sport
Finanzierung:Landessportbund Nordrhein-Westfalen; Nordrhein-Westfalen / Ministerium für Schule und Weiterbildung ; Nordrhein-Westfalen / Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:01/2008 - 12/2011
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020130600135
Quelle:http://www.wgi.de/ganztagsschule_de.html

Zusammenfassung

Für die Hauptstudie, die vom Landessportbund NRW, vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugendliche, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen ,vom Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen und von der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen gefördert wird, wurden zehn Standorte ausgewählt, wobei verschiedene Kriterien zugrunde gelegt wurden, um eine für Nordrhein-Westfalen möglichst repräsentative Auswahl zu treffen: 1. Berücksichtigung der vier sozialräumlichen Siedlungstypen (Ballungskern, Ballungsrandgebiet, solitäres Verdichtungsgebiet und ländlich geprägte Zone) 2. Berücksichtigung der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe 3. Berücksichtigung der fünf Regierungsbezirke 4. Berücksichtigung des Ruhrgebiets als zentraler Ballungsraum 5. Handlungssysteme und Organisationsstrukturen der Koordinierungsstellen des organisierten Sports 6. Lokale, prototypische Entwicklungsmuster bei institutionellen BeSS-Anbietern und Trägern des offenen Ganztags. Auf Basis dieser Kriterien wurden fünf Landkreise (Ennepe-Ruhr-Kreis, Hochsauer-landkreis, Kreis Lippe, Kreis Steinfurt, Rhein-Erft-Kreis) und fünf kreisfreie Städte (Düsseldorf, Essen, Münster, Oberhausen, Remscheid) ausgewählt. Die Untersuchungsinstrumente wurden auf Basis der Ergebnisse und Erfahrungen in der Pilotstudie überarbeitet. Aus den vier Ebenen wurden vier Module (A 1 bis A 4). Dabei wurden im Modul A 4 die Besonderheiten der zehn Standorte berücksichtigt und gegenüber der Pilotstudie das Spektrum der Trägervereine für den Ganztag einbezogen. Weiterhin wurden die vier A-Module um vier B-Module ergänzt, in denen qualitativ und quantitativ die Einschätzung und Wirksamkeit von BeSS-Angeboten in ausgewählten Themen-und Handlungsfeldern analysiert werden (vgl. Abb. 3). Für diese B-Module wurden je zweiGrundschulen an vier Standorten (n = 8) ausgewählt, die den vier regionalen Siedlungstypen entsprechen (Ennepe-Ruhr-Kreis, Essen, Kreis Steinfurt und Münster).

(Zwischen)Ergebnisse

Eine erste Auswertung der Interviews im Modul A 4 mit den Koordinierungsstellen an den zehn Standorten zeigt zunächst einmal das nahe liegende Ergebnis, dass die Situation in Essen am ehesten mit anderen kreisfreien Städten zu vergleichen ist. In Düsseldorf existieren eine mit Essen vergleichbare Rahmenvereinbarung mit der Stadt und eine ähnliche Personalausstattung. In Münster, Oberhausen und Remscheid stellt sich die Situation für die Koordinierungsstellen gerade wegen der unterschiedlichen, auch nichtkommunalen Träger anders dar. In den Landkreisen liegt die Trägerschaft für Grundschulen nicht beim Kreis, sondern bei den kreisangehörigen Kommunen und Gemeinden. Häufig finden sich in kreisangehörigen Kommunen auch unterschiedliche Modelle der Trägerschaft im offenen Ganztag. Vor diesem Hintergrund findet man bei den Koordinierungsstellen, die bei den Sportjugenden der jeweiligen Kreissportbünde angesiedelt sind, nur ganz selten die Situation vor, dass Rahmenvereinbarungen mit einzelnen kreisangehörigen Kommunen geschlossen wurden. Die Arbeitsinhalte dieser Koordinierungsstellen bei den Kreissportbünden unter-scheiden sich deutlich von den Koordinierungsstellen bei den Stadtsportbünden Sie besitzen in der Regel eine geringere Personalausstattung, haben es mit einer größeren Anzahl von Trägern verschiedenster Ausprägung und mit unterschiedlichen kommunalen Ansprechpartnern zu tun. In der Hauptstudie wurden alle 558 OGS an den zehn Standorten im Schuljahr 2009/10 telefonisch kontaktiert. Den Schulen wurde freigestellt, entweder an der Online-Befragung teilzunehmen oder telefonisch interviewt zu werden. 376 Schulen (= 67 %) beteiligten sich an der Befragung. Darunter befanden sich zehn Verbundschulen und 12 Schulen, die keine BeSS-Angebote durchführten. An den zehn Standorten der Hauptstudie NRW gab es auf Basis der B-Zahlen des Landessportbundes NRW zum Zeitpunkt 01.01.2010 3.571 Sportvereine, wobei Be-triebssportgemeinschaften nicht berücksichtigt wurden. Von diesen führten 175 Sportvereine (= 5 %), darunter acht selbstständige Abteilungen und zwei Handball-spielgemeinschaften, BeSS-Angebote im Schuljahr 2009/10 durch. Diese wurden per E-Mail kontaktiert und gebeten, mittels Zugangsdaten an der Online-Befragung teilzunehmen. 91 Sportvereine mit BeSS-Angeboten beteiligten sich an der Befragung (= 52 %). Insgesamt könnte dieser 5%-Anteil der Vereine mit BeSS-Angeboten etwas höher liegen, weil nicht auszuschließen ist, dass in Einzelfällen – gerade in kleineren Gemeinden der Landkreise – Vereine, die bisher weder über die Instanzen des organisierten Sports bei Ganztagsanalysen noch von uns erfasst wurden, auch in direkter Zusammenarbeit mit einer Schule BeSS-Angebote durchführen. Im Vergleich mit der Essener Pilotstudie, in der sich 6 % der Vereine aus der Grundgesamtheit von 510 Vereinen (B-Zahlen des Landessportbundes NRW zum 01.01.2008) mit BeSS-Angeboten im offenen Ganztag beteiligten, liegt hier kein gravierender Unterschied vor. Ein Ergebnis, das schon die Vereinsbefragung in der Pilotstudie zeigte, wurde durch die Hauptstudie noch einmal bestätigt. Prozentual gesehen beteiligen sich mehr größere als kleinere Sportvereine mit BeSS-Angeboten am offenen Ganztag. Die Gründe dafür liegen nach ersten Auswertungen darin, dass größere Vereine mit mehr Fachsparten, einer Ausrichtung auf den Breitensport und mit angestellten Übungsleitern/innen wesentlich leichter in der Lage sind, im Zeitraum der BeSS-Angebote (in der Regel 14-16 Uhr) Personal zu stellen und besondere Angebotswünsche der Schulen zu erfüllen. Dagegen haben es kleinere Vereine mit ehrenamtlichen oder im Rahmen des Übungsleiter-Freibetrags bezahlten Übungsleitern/innen wesentlich schwerer, Personen für die BeSS-Angebote im Zeitrahmen von 14-16 Uhr zu finden. Bei Vereinen mit nur einer Fachsparte kommt noch erschwerend hinzu, dass sie in der Regel nur eine Sportart anbieten können, also auf schulische Wünsche nach abwechselnden Angeboten pro Schulhabjahr anders als Mehrspartenvereine kaum reagieren können. In der Hauptstudie war es im Vergleich zur Essener Pilotstudie schwierig, landesweit Kontaktdaten von individuellen BeSS-Anbietern zu ermitteln. Auch die Beteiligungsquote war wesentlich schlechter. Insgesamt konnte zu 806 individuellen BeSS-Anbietern per E-Mail oder Telefon Kontakt aufgenommen werden, von denen 263 (= 25 %) an der Online-Befragung teilnahmen. Die regionale Verteilung ist sehr unterschiedlich: 67 % der individuellen BeSS-Anbieter, die geantwortet haben, führen ihre BeSS-Angebote in kreisfreien Städten durch, 33 % in den Landkreisen. Die Teilnehmer/innen an dieser Befragung verfügten zu 84 % mindestens über eine C-Lizenz, knapp 27 % besaßen sogar eine B-Lizenz. Die sportfachliche Qualifikation der Übungsleiter/innen ist als sehr gut zu bezeichnen und entspricht den Vorstellungen der Sportvereine über eine geeignete Mindestqualifikation für BeSS-Angebote (60 % ÜL C-Lizenz, 5 % ÜL B-Lizenz). Sowohl in der Pilotstudie als auch in der Hauptstudie wurden die Schulen nach Details zu ihren BeSS-Angeboten befragt. Mit 1,8 BeSS-Angeboten pro Ganztagsgruppe erhielten die Essener Ganztagskinder im Schuljahr 2007/08 knapp mehr Angebote als die Ganztagskinder in der Hauptstudie (1,7) im Schuljahr 2009/10. Auffallend ist die unterschiedliche Relation zwischen sportartspezifischen und sportartenübergreifenden Angeboten in der Pilotstudie und in der Hauptstudie (vgl. Tab. 1). Inzwischen sind es in Essen auch mehr sportartspezifische als sportartenübergreifende Angebote, doch selbst im Schuljahr 2009/10 unterscheidet sich hier Essen von den übrigen Standorten der Untersuchung, bei denen die sportartspezifischen BeSS-Angebote deutlich überwiegen. Die Tatsache, dass in Essen bei der Pilotstudie über die Hälfte der Schulen bei den BeSS-Angeboten mit einem Sportverein direkt zusammenarbeiten, während es lan-desweit nur rund ein Drittel sind, ist mit ziemlicher Sicherheit auf die Rahmenvereinbarung zwischen Stadt und Essener Sportbund und dem damit verbundenen Wirken der Koordinierungsstelle zurückzuführen. Insgesamt wurden mehr als vier Fünftel (82 %) aller BeSS-Angebote an den Grundschulen in Essen im Jahr 2007/08 durch den organisierten Sport durchgeführt (Sportvereine, Koordinierungsstelle, lokale Sportfachverbände), während an den zehn Standorten der Hauptstudie NRW im Schuljahr 2009/10 nach ersten Auswertungen nur rund die Hälfte der BeSS-Angebote vom organisierten Sport durchgeführt wurde. Die andere Hälfte ist auf Träger des offenen Ganztags, private und eigene Aktivitäten der Schulen, ihrer Fördervereine sowie der Erzieher/innen, der Lehrer- und Elternschaft zurückzuführen. Diese prozentual rückläufige Tendenz für den organisierten Sport stimmt mit Ergebnissen aus Befragungen der Koordinierungsstellen durch den Landessportbund NRW überein (vgl. Ackermann & Lehmann 2011, S. 73f.): Die Anzahl der Sportvereine, die BeSS-Angebote machen, bleibt relativ konstant, während in den zurückliegenden Jahren, wie das Beispiel Essen schon früher gezeigt hat, landesweit der Ausbau zu Offenen Ganztagsgrundschulen als neues Regelsystem rasant voranschreitet – die damit verbundene, steigende Nachfrage seitens der Schulen nach BeSS-Angeboten ist deutlich größer als das Angebot der Sportvereine.