Essener Pilotstudie im Rahmen des Evaluationsprojektes "Evaluation des Bewegungs-, Spiel- und Sportangebotes an offenen Ganztagsschulen im Primarbereich in seinen Auswirkungen auf die Angebote und Struktur von Sportvereinen, Koordinierungsstellen und die Ganztagsförderung des LandesSportBundes NRW in Nordrhein-Westfalen"

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Naul, Roland (Universität Duisburg-Essen / Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften / Arbeitsbereich Sportpädagogik und Sportdidaktik, Tel.: 0201 183 7614, roland.naul at uni-due.de)
Forschungseinrichtung:Universität Duisburg-Essen / Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften / Arbeitsbereich Sportpädagogik und Sportdidaktik
Finanzierung:Landessportbund Nordrhein-Westfalen / Sportjugend ; Sport Jugend Essen; Essener Sportbund e. V.
Kooperationspartner:Willibald-Gebhardt-Institut
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:01/2008 - 12/2008
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020130600134
Quelle:http://www.wgi.de/ganztagsschule_de.html

Zusammenfassung

Das Forschungsprojekt „Evaluation des Bewegungs-, Spiel- und Sportangebotes an offenen Ganztagsschulen im Primarbereich in seinen Auswirkungen auf die Angebote und Struktur von Sportvereinen, Koordinierungsstellen und die Ganztagsförderung des LandesSportBundes NRW in Nordrhein-Westfalen“ wurde 2008 mit der Essener Pilotstudie gestartet. Sie wurde vom Landessportbund/Sportjugend Nordrhein-Westfalen dem Essener Sportbund und der Sport Jugend Essen beauftragt und finanziell gefördert und vom Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften der Universität Duisburg-Essen und dem Willibald Gebhardt Institut im Schuljahr 2007/08 durchgeführt. Die Abkürzung BeSS-Angebote steht für alle Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote an Offenen Ganztagsgrundschulen (OGS). Die Ergebnisse der Pilotstudie wurden im Dezember 2008 in einem Abschlussbericht dokumentiert (vgl. Forschungsgruppe SpOGATA, 2008). In dieser Pilotstudie wurden gemäß der Auftraggeber vier verschiedene Befragungen durchgeführt, um die vier Systemebenen für Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote (BeSS-Angebote) im offenen Ganztag zu erfassen: 1. eine telefonische Befragung der Schulleitungen bzw. der Ganztagskoordinationen an den OGS; 2. Interviews mit Sportvereinen, die BeSS-Angebote im Schuljahr 2007/08 durch-führten, eine Online-Befragung von Sportvereinen ohne solche BeSS-Angebote; 3. eine Online-Befragung individueller BeSS-Anbieter, also der verschiedenen Personen, die Bewegung, Spiel und Sport an den OGS im Nachmittagsbereich anbieten; 4. qualitative Interviews mit den drei Stakeholdern der Essener Ganztagsangebote: Koordinierungsstelle „Ganztag des Sports“ der Sport Jugend Essen, Schulverwaltungsamt Essen und Jugendhilfe Essen gGmbH. Dabei sollte explorativ auch ermittelt werden, aus welchen Gründen Sportvereine bisher keine Angebote im offenen Ganztag machen. Design und Methode der Pilotstudie gehen auf die Rahmenbedingungen für die BeSS-Angebote in Essen ein: 1. Es gibt eine Rahmenvereinbarung zwischen der Stadt Essen und dem Essener Sportbund bezüglich der Durchführung der BeSS-Angebote, die vorsieht, dass sich die OGS bei ihren Wünschen nach BeSS-Angeboten zuerst an die vom Essener Sportbund eingerichtete und bei der Sportjugend Essen angesiedelte Koordinierungsstelle richten sollen. 2. Die Trägerschaft des offenen Ganztags liegt entweder beim Schulverwaltungsamt Essen oder bei der Jugendhilfe Essen gGmbH. Die Stadt hat also die Trägerschaft des offenen Ganztags selbst übernommen, sie nicht an andere Organisationen - wie z. B. Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe oder Wohlfahrtsverbände - delegiert.

(Zwischen)Ergebnisse

An jeder Essener Ganztagsgrundschule gibt es BeSS-Angebote – insgesamt 391 Angebote für 221 Gruppen (vgl. auch zum Folgenden Geis u.a. 2009, S. 157f.). Pro Schule sind es im Durchschnitt 4,6 Angebote. Im Vergleich zu anderen Evaluationsstudien über BeSS-Angebote an Ganztagsschulen (vgl. Beher u.a. 2007, S. 18; Holtappels u.a. 2008, S. 192) liegt diese Quote von 4 bis 5 Angeboten pro Schule mit 48,8 % deutlich höher gegenüber dort ermittelten 33,0 % (Beher u.a. 2007, S. 18) bzw. 35,4 % (Holtappels u.a. 2008, S. 192). Jede Ganztagsgruppe erhält pro Woche aber nur ein bis zwei Angebote (1,8 im Durchschnitt), d. h., von der in der Rahmenvereinbarung zwischen der Landesregierung und dem Landessportbund NRW gewünschten Perspektive „möglichst tägliche Bewegungsangebote“ zu unterbreiten, ist man in Essen noch weit entfernt. Die Zufriedenheit der Schulleitungen (N = 86) mit den BeSS-Angeboten liegt bei ca. 84 %. Als Gründe für die Unzufriedenheit werden am häufigsten genannt: „zu wenig Angebote pro Gruppe“, „zu große Gruppen“, „kein Geld für spezielle Angebo-te“ (wie z. B. „Klettern“) und „keine ausreichenden Hallenkapazitäten“ bzw. „nicht ausreichende Ausstattung mit Sportgeräten“ (vgl. Forschungsgruppe SpOGATA 2008, S. 17ff.). An 45 Essener Ganztagsgrundschulen (51,7 %) werden die BeSS-Angebote direkt von Sportvereinen durchgeführt (vgl. auch zum Folgenden Geis u.a. 2009, S. 155f.). Bei diesen direkten Vereinsangeboten dominieren eindeutig die sportartspezifischen Angebote. Für die anderen 42 Essener Ganztagsgrundschulen (48,3 %) sind BeSS-Angebote sowohl über die Koordinierungsstelle durch individuelle Anbieter als auch durch eigene Aktivitäten seitens der Schule bzw. der dort Bediensteten (Schulleitung, Erzieher/innen, Lehrer/innen) oder andere Stakeholder (Schulverwaltungsamt, Jugendhilfe) vermittelt bzw. initiiert worden. 52,7 % dieser Angebote sind nach der Definition des Landessportbundes NRW „sportartenübergreifend“ und 47,3 % „sportartspezifisch“. Gegenüber den Vergleichsdaten des Landessportbundes NRW für das Schuljahr 2007/08 gibt es hier eine Umkehrung in diesem Verhältnis, d. h., es gibt in Essen deutlich weniger „sportartspezifische“ Angebote (Landessportbund NRW: 64,15 %) und deutlich mehr „sportartenübergreifende“ Angebote (Landessportbund NRW: 35,85%). Die Sportvereine mit BeSS-Angeboten verfügen im Vergleich zu den Sportvereinen ohne BeSS-Angebote durchschnittlich über mehr Mitglieder und mehr Sparten. Ein Kernproblem für die Mitwirkung von Sportvereinen in Essen stellt der rasante Ausbau der Schulen dar (vgl. Geis u.a. 2009, S. 163-165) : Während sich im Laufe von vier Schuljahren (2003/04 bis 2007/08) der Anteil von Ganztagsschulen in Essen von 7 auf 87 gesteigert hat, stieg der Anteil der mitwirkenden Sportvereine von 5 auf 33. Es konnte festgestellt werden, dass die Vereine, die kontinuierlich über mehrere Jahre BeSS-Angebote machen, die Mitgliederzahlen im Altersbereich der 7- bis 14-Jährigen stabilisieren oder sogar leicht ausbauen konnten, während diese Entwicklung bei den Vereinen, die keine BeSS-Angebote durchführten, deutlich rückläufig war (ca. 5%), allerdings noch unterhalb der Prozentquote für den statistischen Rückgang der Schülerzahlen an Essener Grundschulen (demographischer Wandel). Bei den Sportvereinen, die bisher keine Angebote an Ganztagsschulen machen, sind die Personalknappheit bei Übungsleitern/innen bzw. deren Unabkömmlichkeit am frühen Nachmittag, keine finanziellen Mittel des Vereins und die fehlende Verknüpfung zwischen schulischen Sportangeboten mit ihren Vereinsangeboten dafür ausschlaggebende Gründe. Häufig wurde auch die fehlende Ansprache von außen seitens der Koordinierungsstelle oder direkt durch eine Schule genannt (vgl. ausführlicher: Wick u.a. 2011, S.240ff.). Zum Profil der individuellen BeSS-Anbieter ist festzustellen, dass rund ein Drittel aller BeSS-Angebote von Mitarbeitern/innen aus Sportvereinen bzw. Sportverbänden (26 % und 9 %) unterbreitet werden (vgl. Naul u.a. 2010, S. 151ff.). Rund ein weiteres Drittel stellen Schüler/innen und Studierende (35 %) dar, die weitgehend über die Koordinierungsstelle vermittelt wurden. Eltern von Schüler/innen stellen 3 % der Anbieter dar, sonstige Personen 13 %. Von allen Anbietern besitzen 9 % eine Sporthelfer- oder Gruppenhelfer-Lizenz, ca. 54 % eine Übungsleiter C-Lizenz und 23 % ein Zertifikat der 2. Lizenzstufe (B-Lizenz), wobei Mehrfachnennungen möglich waren. Zu den wichtigsten persönlichen Zielen, die Anbieter mit ihren Bewegungsangeboten anstreben bzw. verbinden, gehören: Hilfsbereitschaft und Achtung gegenüber anderen Kindern fördern, selbstständiges Handeln der Kinder fördern, Konfliktverhalten fördern, Bewegungsfähigkeit und motorische Koordination fördern, Gegengewicht zur Schule bieten und Talente fördern. Hingegen stehen diese Anbieter den Zielen „Elemente aus dem Unterricht aufgreifen“ als auch „Eltern an Ganztags-Angeboten beteiligen“ eher ablehnend gegenüber. Insgesamt deutet das auf ein additives Konzept hin, welches den Sportunterricht im Vormittagsbereich und die BeSS-Angebote im Nachmittagsbereich als ein unverbundenes Nebeneinander sieht und nicht als eine Integration beider Angebote.