Steigerung der Laufökonomie durch trainingsinduzierte Modifikation der mechanischen Eigenschaften der Muskel-Sehnen-Einheit des Trizeps Surae

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Arampatzis, Adamantios (Deutsche Sporthochschule Köln / Institut für Biomechanik und Orthopädie, Tel.: 030 2093-46047, a.arampatzis at hu-berlin.de)
Forschungseinrichtung:Deutsche Sporthochschule Köln / Institut für Biomechanik und Orthopädie
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 070501/08)
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:07/2008 - 12/2010
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020080200061
Quelle:profi - Projektinformationssystem

Zusammenfassung

Problem:
Die Laufökonomie beschreibt die Effizienz der generierten mechanischen Arbeit im Vergleich zum metabolischen Energieverbrauch während des Laufens. Als Kriterium zur Beschreibung der Laufökonomie wird die Menge der Sauerstoffaufnahme (VO2) während des Laufens bei einer vorgegebenen konstanten Geschwindigkeit verwendet (Daniels & Daniels 1992). Es ist inzwischen allgemein akzeptiert, dass nicht nur die maximale Sauerstoffaufnahmekapazität sondern auch die Laufökonomie die sportliche Leistung von Ausdauerläufern beeinflusst (Anderson 1996; Foster & Lucia 2007). Die Elastizität und somit die Energiespeicherungskapazität der Muskel-Sehnen-Einheit kann ein wesentlicher Einflussfaktor der Bewegungsökonomie sein, da während einer Bewegung Dehnungsenergie im Serien-Elastischen-Element gespeichert und damit die Gesamtenergiebereitstellung des Muskels erhöht werden können. Eine vorangegangene Querschnittsstudie (Arampatzis et al. 2006) deutet darauf hin, dass die Elastizität der Sehne und die maximale Kraftgenerierungsfähigkeit der Muskel-Sehnen-Einheiten der unteren Extremität die Laufökonomie von Athleten beeinflussen kann. Läufer mit der höchsten Laufökonomie zeigen im Vergleich zu weniger ökonomischen Läufern eine höhere maximale kontraktile Kapazität und eine höhere Sehnensteifigkeit in der Muskel-Sehnen-Einheit des M. triceps surae (Arampatzis et al. 2006). Darüber hinaus ist ebenfalls bewiesen, dass die Sehnen auf mechanische Belastung mit plastischen Veränderungen reagieren können. Wir konnten zeigen (Arampatzis et al. 2007), dass eine Trainingsintervention mit wiederholten Dehnungen der Sehnen und Aponeurose von 4.5-5.0% zu einer Steigerung der maximalen kontraktilen Kapazität sowie der Sehnensteifigkeit in der Muskel-Sehnen-Einheit des M. triceps surae führen kann. Das Ziel des Projektes war es, die Laufökonomie von Läufern durch eine gezielte trainingsinduzierte Modifikation der kontraktilen Kapazität des M. triceps surae und der Steifigkeit der Achillessehne zu steigern. Aufgrund unserer früheren Studien (Arampatzis et al. 2006, 2007) wurde die Hypothese aufgestellt, dass eine Erhöhung der kontraktilen Kapazität und der Sehnensteifigkeit im M. triceps surae sowohl die Energiespeicherungskapazität als auch das Kraft-Potential des Muskels aufgrund der Kraft-Längen-Geschwindigkeits-Relation begünstigt und somit die Laufökonomie gesteigert wird.
Methode:
Insgesamt wurden 26 erwachsene männliche Langstreckenläufer für die Studie einberufen. Dreizehn der Probanden (Größe 180 ± 6 cm, Masse 76 ± 7 kg, Alter 27 ± 5 Jahre) wurden für die Experimentalgruppe (EG) rekrutiert. Die übrigen dreizehn Probanden (Größe 178 ± 7 cm, Masse 75 ± 9 kg, Alter 25 ± 3 Jahre) bildeten die Kontrollgruppe (KG) für die Bestimmung der Laufökonomie. Weder die Experimentalgruppe noch die Kontrollgruppe veränderten ihr gewohntes Lauftraining während der Intervention. Die EG führte ein vierzehnwöchiges Trainingsprotokoll mit jeweils 3-4 Trainingseinheiten pro Woche durch. Das Protokoll beinhaltete wiederholte isometrische Plantarflexionen (3 s Belastung, 3 s Entlastung, 5 Sätze 4 mit je vier Wiederholungen) bei 90% des maximalen willkürlichen Plantarflexionsmoments (MVC). Das Trainingsprotokoll entsprach dem Protokoll, mit dem bereits in der vorangegangenen Studie (Arampatzis et al. 2007) eine Steigerung der Sehnensteifigkeit und des Plantarflexionsmoments nachgewiesen werden konnte. Für die Bestimmung des maximalen Plantarflexionsmoments wurden jeweils drei maximale willkürliche (MVC) isometrische Plantarflexionen an einem Dynamometer (Biodex System 3) mit einem Kniewinkel von 180° (gestreckt) und drei verschiedenen Fußgelenkwinkeln durchgeführt: 90° (Fußsohle senkrecht zur Tibia), 85° und 80°. Zur Bestimmung der Längenänderung der Sehne und Aponeurose wurde eine weitere MVC durchgeführt (Kniewinkel 180° und Fußgelenkwinkel von 90°). Allerdings wurden die Probanden angehalten, einen möglichst langsamen Kraftanstieg (3 s) zu vollziehen. Eine 7.5 MHz Ultraschallsonde (Aloka SSD 4000) wurde verwendet, um die distale Sehne und Aponeurose während der Kontraktion sichtbar zu machen. Anhand des aufgenommenen Ultraschallvideos wurde die Verschiebung eines gut zu identifizierenden Punktes an der distalen Aponeurose (Cross Point) in Bezug zu einem Referenzmarker gemessen. Die Laufökonomie wurde bestimmt, indem die submaximale Sauerstoffaufnahme beim Laufen auf einem Laufband gemessen wurde. Nach einer Aufwärmphase von zwei Minuten liefen die Probanden jeweils 15 Minuten bei zwei verschiedenen Laufgeschwindigkeiten (3.0 und 3.5 m/s) mit einer Pause von 10 Minuten. Blutlaktat-Proben wurden jeweils vor und nach jeder Stufe aus dem Ohrläppchen entnommen. VO2 wurde während der 15 Minuten mit einer Spiroergometrie (Metamax 3B, Cortex, Germany) aufgenommen, die vor jeder Messung kalibriert wurde. Die Laufökonomie wurde bestimmt als Mittelwert der gemessenen VO2 Werte im Zeitintervall 10. - 14. Minuten. Im Rahmen dieser Studie wurde die Faserlänge des M. gastrocnemius medialis während des Laufens mit Hilfe von Ultraschall aufgezeichnet. Zusätzlich wurden Kniegelenkwinkel und Sprunggelenkwinkel des rechten Beins erfasst. Dazu wurden fünf retroflektierende Marker an folgenden knöchernen Positionen befestigt: 6 VICON MX Kameras (200 Hz) wurden im Halbkreis um das Laufband positioniert, um die Marker während des Laufens aufzunehmen. Eine mehrfaktorielle Varianzanalyse für wiederholte Messungen wurde verwendet, um den Trainingseffekt auf die Laufökonomie zu untersuchen.

(Zwischen)Ergebnisse

Ergebnis: Nach dem vierzehnwöchigen Training war das maximale willkürliche Plantarflexionsmoment signifikant (p < 0.01) um 6% gestiegen. Die Dehnung der Sehne bei einer gegebenen Sehnenkraft (alle 200 N) war oberhalb von 800 N signifikant geringer (p < 0.05) als vor der Trainingsintervention (Abb. 2). Somit war auch die normalisierte Steifigkeit (Kraft pro Dehnung) der Sehne und Aponeurose um 15% (p < 0.01) bedeutend größer als vor der Intervention. Die Sauerstoffaufnahme zeigte eine signifikante Reduzierung in der Experimentalgruppe (3 bis 5%), wohingegen die Kontrollgruppe keinen bedeutsamen Unterschied aufwies. Die untersuchten Parameter zur Beschreibung der Laufkinematik als auch zur Beschreibung des Verhaltens der Faserbündel des M. gastrocnemius medialis zeigten keine signifikanten (p > 0.05) Unterschiede vor und nach der Intervention. Diskussion: Nach der Intervention zeigten die Läufer der experimentalen Gruppe eine signifikante Steigerung des maximalen Plantarfexion Moments von ca. 8% und eine signifikante Erhöhung in der Steifigkeit der Sehne und Aponeurose des Trizeps Surae Muskel-Sehne Komplexes. Darüber hinaus zeigte die experimentale Gruppe eine Reduktion (3 bis 5%) im VO2 in beiden Geschwindigkeiten resultierend aus einer besseren Laufökonomie nach der Trainingsintervention. Eine Reduktion der Energiebereitstellung während des Laufens von 3 bis 5% (d.h. Verbesserung der Laufökonomie) kann die sportliche Leistung bei Langstrecken von 2 bis 4% steigern (di Prampero et al., 1993; Spurrs et al., 2003). Deswegen kann die gefundene Erhöhung der Laufökonomie durch die Steigerung der Sehnensteifigkeit und der kontraktilen Kapazität der Trizeps Surae Muskel-Sehnen-Einheit aus einem praktischen Gesichtspunkt sehr wichtig für die Leistungsfähigkeit von Langstreckenläufern sein. Die Ergebnisse dieses Projektes zusammen mit den Befunden von Arampatzis et al. (2006) demonstrieren, dass eine steifere Achillessehne und kräftigere Plantarflexoren zu einer Erhöhung der Laufökonomie führen. Eine mögliche Erklärung für die Reduktion der Energiebereitstellung durch die höhere kontraktile Kapazität und der höheren Sehnensteifigkeit kann das Kraftpotential resultierend aus der Kraft-Längen-Geschwindigkeitsrelation während der Stützphase des Laufens sein. Ein höheres Kraftpotential des kontraktilen Elements aufgrund einer geringeren Verkürzungsgeschwindigkeit ist ein wesentlicher Faktor, der die Kraftgenerierung begünstigt. Durch das höhere Kraftpotential kann der Muskel die gleiche Kraft mit einer geringeren Aktivierung erreichen. Das heißt, die gleiche Kraft kann durch ein geringeres aktiviertes Muskelvolumen erzeugt werden. Die Faserlänge und die Faserverkürzungsgeschwindigkeit des M. Gastroknemius medialis blieben aber bei den untersuchten Läufern trotz der Änderung in der Steifigkeit der Achillessehne unverändert. Das bedeutet, dass das Kraftpotenzial des Muskels nicht verändert worden ist. Deswegen kann die Möglichkeit, dass die Erhöhung der Sehnensteifigkeit ein Effekt auf die Faserverkürzungsgeschwindigkeit und so auf die Muskelkraftgenerierung hat, ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse zeigten, dass sowohl die Faserlänge als auch die gesamte Länge der Muskel-Sehnen-Einheit des M. Gastroknemius medialis während des Laufens vor und nach der Intervention gleich geblieben sind. Aufgrund der Tatsache, dass die Sehne und die Muskelfaser seriell geschaltet sind, bedeutet dies, dass auch die Längenänderung der Sehne während der Stützphase gleich blieb. Da aber die Sehnensteifigkeit nach dem speziellen Training um ca. 15% erhöht wurde, ist die gespeicherte Sehnenenergie auch höher. Die höhere Energiespeicherung während des Laufens in der Achillessehne kann der Grund für die Erhöhung der Laufökonomie in der experimentalen Gruppe sein. Zusammenfassend bedeutet das, dass eine trainingsinduzierte Erhöhung der Sehnensteifigkeit und der kontraktilen Kapazität des M. Trizeps Surae eine deutliche Verbesserung in der Laufökonomie verursacht. Die höhere Menge der gespeicherten Energie während der Stützphase des Laufens kann der Einflussfaktor sein.