Validierung bzw. Bestimmung des prädikativen Wertes von rehamedizinischen Erfolgsindikatoren ermittelt mit dem Arbeitssimulationsgerät ERGOS®

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Freiwald, Jürgen (Universität Wuppertal / BE Sportwissenschaft und Allgemeiner Hochschulsport, Tel.: 0202 439-2094, freiwald at uni-wuppertal.de)
Mitarbeiter:Paes, P.; Jöllenbeck, Thomas; Witte, K.
Forschungseinrichtung:Universität Wuppertal / BE Sportwissenschaft und Allgemeiner Hochschulsport
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:01/2001 - 12/2003
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020030200081
Quelle:www.uni-wuppertal.de

Zusammenfassung

Rückenschmerzen haben eine hohe Inzidenz. In den westlichen Industrieländern liegt die Lebenszeitinzidenz zwischen 48,8% und 80%. Interessant sind Unterschiede in der Häufigkeit von Rückenbeschwerden in Abhängigkeit von Gesellschafts- und Versicherungssys-temen. Raspe und Kohlmann (1994) bestimmten die Punktprävalenz in den alten Bundesländern mit 40% und die Lebenszeitinzidenz mit 80%, während Berger-Schmitt (1996) in den neuen Bundesländern eine Punktprävalenz von nur 27% und eine Lebenszeitinzidenz von 67% fanden. Probleme bestehen in der Ursachenfindung von Rückenschmerzen (Grundlagenforschung, Diagnostik), der Stadienzuteilung (u.a. Stadien von akuten und chronifizierendem Schmerz), bei der Bestimmung einer adäquaten Behandlungsstrategie und bei der Begutachtung. In der therapeutischen Praxis ist ein - notwendiger - Pragmatismus zu konstatieren. Bei der Erhebung von Daten, die für Prognosen verwendet werden, besteht große Unsicherheit. Unklar ist, inwieweit z.B. die erhobenen Daten (somatisch, psychisch, sozial) Rückschlüsse auf die spätere Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess erlauben. In der Klinik `Am Hellweg´ steht ein neu konzipiertes Arbeitssimulationsgerät (ERGOS®) zur Verfügung, mit dem ca. 14.000 verschiedene berufliche Tätigkeiten simuliert bzw. getestet werden können. Mit ERGOS® steht somit ein Instrument zur Funktions- und Leistungsdiagnostik für die Rehabilitation zur Verfügung, dass zudem prognostische Aussagen zur beruflichen Wiedereingliederung ermöglichen soll. Die Messungen mit ERGOS® können zum Abbau der Unsicherheiten beitragen, unter denen die sozialmedizinische Beurteilung leidet; da sowohl Gutachten als auch Messungen zu justifizierbaren Entscheinungen führen. Nach den Erfahrungen der letzten beiden Jahren ermöglicht das Gerät und die mit dem Gerät durchgeführten Testungen eine gute Prognose künftiger Arbeitsfähigkeit. Diese phänomenologischen Einschätzungen sollen mit dem vorliegenden Forschungsprojekt auf eine wissenschaftlich fundierte Basis gestellt werden. Messverfahren, die die funktionalen Fähigkeiten des Menschen auf den Arbeitsplatz bezogen beschreiben helfen ("Functional assess-ment instruments"), sind weit zeitgemäßer als Messverfahren, die nur auf somatische Defizite reflektieren (vgl. WHO 1980, De Lisa und Gans 1993). Über die selbstbestimmte "Produktion biomechanischer Kennwerte" werden neuere Interpretationsmöglichkeiten eröffnet (Freiwald et al 2000), die auch neueren konzeptionellen Ansätzen im Gesundheitswesen entsprechen (u.a. Salutogenese-Modell von Antonovsky 1984, Schüle und Huber 2000). Die Messungen mit ERGOS® sollen durch Messungen mit weiteren Messinstrumenten (Klinische Verfahren, therapeutische Verfahren, biomechanische Verfahren). Durch die Messungen und deren statistische Auswertungen sollen Aussagen auf der Impairment-, Disability- und Handicap-Ebene getroffen werden, wobei im Zentrum des Interesses die Aussagen zur Disablity-Ebene stehen. Um ERGOS® und die mit ERGOS® erho-benen Werte in ihrer Aussagefähigkeit einzuordnen, müssen übliche internationale Standards ein-gehalten werden. Das betrifft insbesondere die -bisher nicht überprüfte - Einhaltung der Hauptgütekriterien (Objektivität, Validität, Reliabilität) bei wiederholten Messungen (vgl. Johnston et al 1992, Schreiber et al 1999).
Untersuchungsplanung Im Rahmen des Forschungsprojektes soll die Überprüfung der Hauptgütekriterien der mit ERGOS® erhobenen Daten geleistet werden. In Anlehnung an Schreiber et al (1999) werden Regionalfunktionen, Komplexfunktionen, Körpersystemfunktionen und Sozialfunktionsstörungen erhoben, die eine Zuordnung zu den Dimensionen des ICIDH 2 Entwurfsermöglichen (Strukturschaden, Funktionsstörung, Aktivitätsbeeinträchtigung, Partizipationsstörung).
Darüber hinaus sollen die erhebenden Parameter in das `Artefizielles Mehrebenenmodell´ (Freiwald 2001) eingeordnet werden und innerhalb des Modells auf Zusammenhänge und Kausalitäten überprüft werden (vgl. Abb. 1).
Vorgehen: Die Untersuchungen sind in zwei nacheinander folgenden Studien unterteilt.
Studie 1:
Ab Anfang 2002 sollen Messungen im Abstand von ca. 7 Tagen stattfinden. Der Zeitraum wird nicht zu kurz gewählt, damit nicht vorherige Belastungen und Anpassungsprozesse nachfolgende Messungen beeinflussen; er wird nicht zu lange gewählt, um Veränderungen der Gesundheit und des Leistungsvermögens der Personen weitgehend auszuschließen. Als Probanden werden sowohl gesunde als auch rückenkranke Menschen vermessen. Bei den Patienten sollen die Messwerte mit Außenkriterien zusätzlich extern validiert werden (Klinischer Befund, biomechanische Messungen, Scores)
Durchführung:
5 gesunde Kontrollpersonen und 5 Patienten werden im 7tägigen Abstand einer ERGOS® Messung unterzogen.
Auswertung:
Mittels korrelativer Analyse soll die Test-Retest Reliabilität überprüft werden. Die Überprüfung der Objektivität (Interrater-reproducibility) bezieht sich nur auf die Daten der externen Validierung beim Patienten (Klinischer Befund).
Studie 2:
Die Studie 2 ist als prospektive Studie angelegt. Messungen und die mit den Messungen verbundenen prognostischen Aussagen sollen mit der Situation des Patienten nach einem noch festzulegendem Zeitraum (z.B. 12 Monaten) verglichen werden.
Durchführung:
Basierend auf der Studie 1 erfolgen mit der Studie 2
- die Erhebung von Expertenwissen und Expertengutachten
- die Erhebung psycho-sozialer Parameter
- die populationsspezifische Erhebung von Ergebnissen mit ERGOS®
Als Personenstichprobe werden Patienten mit Rückenschmerzen und mit defi-nierten Ein- und Ausschlusskriterien in die Untersuchung aufgenommen. Als Kontrollgruppe sind gesunde Personen mit Profilen vorgesehen, die den Patienten möglichst nahe kommen (Alter, Geschlecht, Beruf, etc.).
Untersuchungsdesign
- Kombinierte Quer- und Längsschnittsuntersuchung:
- Vergleich Patienten mit gesunden Personen als Kontrollgruppe
- Erhebung und Bewertung im zeitlichen Verlauf
Längsschnittuntersuchung:
- Zeitlicher Verlauf der Parameter bei Patienten
- Beziehung der Ebenen zueinander (vgl. Artefizielles Mehrebenenmodell Abb. 1)
Ziele:
- Auswahl bzw. Ermittlung geeigneter klinischer, biomechanischer und psychosozialer Parameter und Erstellung einer geeigneten Datenmatrix
- Abgleich der Einstufungen des Schwierigkeitsgrades der Tätigkeit zwischen LVA/BfA und ERGOS®
- Statistische Auswertung und Bewertung der erhobenen Daten hinsichtlich ihres prädiktiven Wertes (Objektive vs. subjektive Einschätzungen, Arbeitsfähigkeit)
- Bewertung von Abschluss- und Zwischenberichten durch LVA/BfA