Todesfälle bei Anabolikamißbrauch - Todesursache, Befunde und rechtsmedizinische Aspekte. Eine Fallstudie zur Frage von Gesundheitsstörungen bei Doping im Wettkampf- und Freizeitsport

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Gilg, Thomas (Universität München / Institut für Rechtsmedizin, Tel.: 089 51605111, Thomas.Gilg at med.uni-muenchen.de)
Mitarbeiter:Büttner, Andreas; Sinicina, Inga
Forschungseinrichtung:Universität München / Institut für Rechtsmedizin
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 070302/02)
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:01/2002 - 12/2002
Schlagworte:
Tod
Erfassungsnummer:PR020030100012
Quelle:Jahreserhebung

Zusammenfassung

Nicht nur im Spitzensport stellt Doping ein medizinisches Problem dar, auch im Breitensport ist der Anabolikamissbrauch ein immer größer werdendes Problem. Bisher gibt es zwar eine Reihe von klinischen und pathologisch-anatomischen Berichten, jedoch nur vereinzelte Kasuistiken über entsprechende rechtsmedizinische Obduktionsfälle. Der große Vorteil der rechtsmedizinischen Untersuchung ist, dass nicht nur Fälle ggf. tödlicher organischer Folgen von Anabolikaeinnahme untersucht werden können, sondern auch Frühfälle. Ziel der prospektiven Fallstudie war es, an einem größeren Obduktionskollektiv die Folgeschäden und Todesursachen nach Anabolikamissbrauch aufzuzeigen.

(Zwischen)Ergebnisse

Aus dem Obduktionsgut des Instituts für Rechtsmedizin der Universität München wurden 10 Personen mit bekanntem und mutmaßlichem Bodybuilding bzw. Kraftsport erfasst. In allen Fällen erfolgten chemisch-toxikologische Untersuchungen. Darüber hinaus wurden auch die toxikologischen Spezialuntersuchungen aus Kreischa (Anabolikanachweis in verschiedenen Körperflüsigkeiten, Organgeweben und Haaren) mit herangezogen. Im Zeitraum 1996-2001 wurden 10 Todesfälle dokumentiert, die in Zusammenhang mit Anabolikaabusus standen. Das Durchschnittsalter lag bei 33,7 Jahren (28-45 Jahren), die mittlere Körpergröße betrug 182,5 cm groß (175-203 cm) und das mittlere Körpergewicht 99,0 kg (78-113 kg). Die Todesursachen waren Herzversagen (n=3), Multiorganversagen (n=1), Stoffwechselentgleisung (n=1), Schädel-Hirntrauma (n=1), Aspiration nach Herzfunktionsstörung (n=1), sowie Intoxikationen mit Diphenhydramin (n=1), Rohypnol, Alkohol, Heroin (n=1) und Heroin, Diazepam (n=1). Das Herzgewicht lag mit einem Durchschnittsgewicht von 517 g (423g- 669g) deutlich über dem normalen Herzgewicht (325 ± 75g), wobei in 4 Fällen das Herzgewicht über 500 g lag. In 2 Fällen wurde eine konzentrische und eine exzentrische Hyprtrophie diagnostiziert. Bei 2 weiteren Herzen fand sich eine deutliche Dilatation des rechten Vorhofs und beider Ventrikel. Bei 2 Herzen lag die linke Kammerwanddicke zwischen 20-22 mm und die rechte Kammerwanddicke zwischen 5-6 mm (Referenzwert: links: 8-15 mm, rechts: 4-5 mm). Daneben zeigten sich in 3 Fällen frische und alte Infarkte. In 9 Fällen zeigte sich eine Koronaratheromatose, die von geringfügigen Innenhauteinlagerungen (6 Fälle) bis hin zu deutlichen Ablagerungen mit erheblicher Einengung des Gefäßlumens reichte (3 Fälle). Bei weiteren 2 Fällen fand sich ein thrombotischer Verschluss. In allen untersuchten Fällen zeigten sich chronisch-ischämische Myokardveränderungen. Darüberhinaus konnte in einem Fall eine floride Myokarditis nachgewiesen werden. Daneben zeigten sich in 3 Fällen frische und alte Infarkte. Neben den Veränderungen der Koronargefäße zeigten sich auch im Bereich der Hals-, Brust- und Bauchschlagader Veränderungen. Bei allen 10 Fällen konnten atheromatöse Beetbildungen im Bereich der Halsschlagader festgestellt werden. Diese reichten von geringen, weichen, Beeten (7 Fälle), bis zu deutlich sichtbarer, den Gefäßquerschnitt einengender Atherosklerose (3 Fälle). Zusätzlich wurde im Bereich der Brust- und Bauchschlagader in 2 Fällen geringgradige atheromatöse Veränderungen und in 2 Fällen eine schwere Atherosklerose beobachtet. Die makroskopisch erhobenen Befunde konnten histologisch bestätigt werden. Die Nieren und Nebennieren waren histologisch weitgehend unauffällig. In 9 von 10 Fällen konnte eine Hepatomegalie mit einem mittleren Lebergewicht von 2443g festgestellt werden (normal etwa 1500g). Daneben wurden tischtennisballgroße scharf abgegrenzte Tumorbildungen mit teilweise zentraler Auflösung und einer gelben Leberdystrophie in einem Fall, eine massive Leberstauung mit einem einzelnen kirschgroßen gelben Adenom, 2 bis erbsengroße Hämangiome und in 2 Fällen eine makroskopisch sichtbare Verfettung. festgestellt. In 5 Fällen fand sich eine beidseitige Atrophie des Hodengewebes, wobei die Hodengröße von haselnussgroß bis walnussgroß reichte. Die Hirngefäße stellten sich zart und unauffällig dar. Es fanden sich histologisch keine auffälligen pathologischen Befunde. In einem Fall wurde eine progressive idiopathische bilaterale striato-pallido-dentale Kalzinose (Morbus Fahr) beobachtet, die möglicherweise auf eine Steroid-induzierte Hyperkalzämie zurückzuführen ist.