Untersuchungen zur weiteren Präzisierung der Technikkriterien im Skisprung und wissenschaftsorientierte Prozessbegleitung zur individuellen Leistungsentwicklung

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Mahnke, Rolf-Dieter (Institut für Angewandte Trainingswissenschaft / Fachbereich Kraft- und Techniksportarten, Tel.: 0341 4945-190, rmahnke at iat.uni-leipzig.de)
Mitarbeiter:Müller, Sören; Mroß, Horst; Wiese, Günter
Forschungseinrichtung:Institut für Angewandte Trainingswissenschaft / Fachbereich Kraft- und Techniksportarten
Finanzierung:Institut für Angewandte Trainingswissenschaft
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:01/1998 - 06/2002
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020020100058

Zusammenfassung

Analyse der Leistungs- und Technikentwicklung der deutschen Kadersportler und der Weltspitze anhand ausgewählter leistungsbestimmendfer Faktoren und Merkmale der sportlichen Technik.
Präzisierung des Technikleitbildes und der individuellen Technikanforderungen.
Wissenschaftsorientierte Prozessbegleitung zur Unterstützung der Fehlerkorrektur, insbesondere im Rahmen zentraler Sprunglehrgänge.
Erarbeitung von weiteren Entwicklungsmöglichkeiten der sportlichen Technik im Sinne der Vorlaufforschung.

(Zwischen)Ergebnisse

Die in diesem Jahr erstmalig durchgeführte Weltstandsanalyse beim Springen auf der Flugschanze zeigt besonders deutlich den Zusammenhang zwischen zweckmäßiger Technik und der Sprungweite. Das spiegelt sich auch darin wieder, dass nahezu alle Springer der Weltspitze (Bezug: 1.-10. Platz) die Vorgaben des Technikleitbildes erreichen. Das Technikleitbild besitzt folglich auch für Flugschanzenbedingungen Gültigkeit. Als typische internationale Entwicklungstendenz im Skispringen in der Saison 2000/2001 wurde eine Erhöhung der Absprunggeschwindigkeit ermittelt. Die Entwicklungstendenz der letzten Jahre zu kleineren Oberkörperanstellwinkeln in der Absprung-Übergangsphase wurde fortgesetzt und durch Weltspitzenspringer eine neue Qualität erreicht - hier wird eine Lösung demonstriert bei der es gelingt, einen sehr kräftigen Absprung mit einem aerodynamisch günstigen Übergang in die Flughaltung zu verbinden. Damit waren wesentliche Schwerpunkte für Entwicklungen in der Saison 2001/2002 gegeben. In den Ergebnissen der Absprung- und Fluganalysen der deutschen Sportler (A- bis C-Kader Spezialspringen und Nordische Kombination) in diesem Jahr spiegeln sich auch diese Schwerpunktlegungen in deutlichen Erhöhungen der Absprunggeschwindigkeit und in einer deutlichen Tendenz zu kleineren Oberkörperanstellwinkeln in der Absprung-Übergangsphase und z. T. auch schnelleren Drehungen in Flughaltungen mit größerer Körpervorlage wider. Darüber hinaus wurde bei den A- und B- Kadern der Nordischen Kombination in der Mattensaison die positive Technikentwicklung des letzten Jahres zu größerer Körpervorlage im mittleren Flugabschnitt fortgesetzt. Ähnliche Entwicklungen gibt es auch bei den Spezialspringern. Selbst bei Spitzenspringern gibt es Entwicklungen in der sportlichen Technik, die nicht nur die Korrektur von typischen Technikfehlern umfassen, sondern auch noch eine deutliche Verbesserung in der sportlichen Technik durch eine größere Körpervorlage im gesamten Flug in Verbindung mit größeren Skianstellwinkeln beinhalten. Damit wurde eine größere Annäherung an das Technikleitbild bzw. die Vorgaben des Technikleitbildes erreicht. Diese Entwicklung ist ein Beispiel für die positive Auswirkung einer Verringerung des Differenzwinkels zwischen Unterkörper- und Skianstellwinkel, die ein wesentlicher Schwerpunkt für die Technikentwicklung der deutschen Sportler ist. Durch Windkanaluntersuchungen und Computersimulation wurde ermittelt, dass es in Verbindung mit kleineren Unterkörperanstellwinkeln noch einen größeren Spielraum für günstige Flughaltungen und Leistungsreserven gibt. Entsprechend der ermittelten Möglichkeiten und Reserven für zweckmäßige sporttechnische Lösungen sowie des gegenwärtig erreichten Entwicklungsstandes der Weltspitze haben wir das allgemeine Technikleitbild präzisiert und seit Beginn der Saison 2001/2002 bei den Technikanalysen zugrunde gelegt. Grundlegende Windkanaluntersuchungen zum Landeanflug zeigen, dass in Verbindung mit der V-Haltung bei der Bodenannäherung Rückwirkungen auf die Luftkräfte und Längsmomente auftreten. Diese Effekte müssen differenzierter untersucht und zukünftig bei der Computersimulation bzw. Erarbeitung von Technikkriterien für zweckmäßige Lösungen einbezogen werden. Nachtrag aus Erhebung 2002: Ergebnisse zu den Entwicklungstendenzen im Skispringen im Olympiazyklus 1998-2002. · In der Anfahrtsgeschwindigkeit wird in der Weltspitze ein ausgeglichenes Niveau erreicht. Nur bei komplizierten Spurbedingungen setzten sich in diesem Faktor die vorn platzierten Springer deutlicher vom Springerfeld ab. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, bestimmen die deutschen Springer das Niveau in der Anfahrtsgeschwindigkeit mit. Von den deutschen Sportlern werden oft die Spitzenwerte bzw. nur wenig geringere erzielt. · In der Absprung-Übergangsphase besteht eine deutliche Entwicklungstendenz zu größeren Absprunggeschwindigkeiten bei gleichzeitig aerodynamisch günstigen Bewegungsabläufen mit eingeschränktem Oberkörpereinsatz und schnellen Drehungen in die Fluglage (trifft auch auf die Juniorenweltspitze zu). Das bedeutet, dass neben der Verbesserung der sportlichen Technik unter aerodynamischem Aspekt auch die Schnellkraftfähigkeit erhöht und/ oder die Koordination verbessert wurden.Die absprungstarken deutschen Springer erreichen in der Absprunggeschwindigkeit nach wie vor das Niveau der Weltspitze, der Rückstand zu den Höchstwerten ist allerdings größer geworden. Die Technikentwicklung der Weltspitze im Absprung - Übergangsbereich zu aerodynamisch günstigeren Bewegungsabläufen wurde von den deutschen Sportlern mitbestimmt. · Im Flugabschnitt ist eine Entwicklungstendenz zu Flughaltungen mit größerer Körpervorlage in Verbindung mit kleineren Unterkörperanstellwinkeln vorhanden, die von den Springern der absoluten Weltspitze getragen wird. Auch eine Reihe junger Springer, sowie die weltbesten Junioren zeichnen sich durch Flughaltungen mit großer Körpervorlage aus, wodurch sie nahezu das Technikniveau der Seniorenweltspitze erreichen und Anschlussleistungen erzielen. Für die meisten deutschen Springer gibt es im Flugabschnitt, insbesondere in der 2. Flughälfte, noch große Reserven. Hier konnten die seit langem vorhandenen Rückstände zur Weltspitze bezüglich einer großen Körpervorlage nicht entscheidend verringert werden. Durch die Untersuchungen im vorangegangenen Olympiazyklus 1998-2002 konnten die aktuellen Probleme für die Präzisierung des Technikleitbildes, wie z.B. die Bewertung der unterschiedlichen Technikvarianten bei der Weltspitze in der Absprung-Übergangsphase und im Flugabschnitt, weitgehend geklärt werden. Die Entwicklung der Weltspitze in der sportlichen Technik bestätigt die von uns durch Windkanaluntersuchungen und Computersimulation nachgewiesenen Reserven für zweckmäßige Techniklösungen und auch die vorgenommenen Präzisierungen des Technikleitbildes. Die Untersuchungsergebnisse von den Flugschanze und insbesondere auch im Nachwuchsbereich (C- und D/C-Kader), belegen, dass die Vorgaben des Technikleitbildes auf allen Schanzengrößen realisierbar sind. Mit dem Erkenntnisstand zur zweckmäßigen Technik gibt es einen gewissen Vorlauf, zumal auch von den weltbesten Springern noch nicht die erkannten Reserven ausgeschöpft werden. Der Trainer hat mit diesem wissenschaftlich begründeten und in der Praxis überprüften Technikleitbild klare Orientierungen für ein zielgerichtetes Techniktraining in der Hand. Das Technikleitbild ist sowohl im Hochleistungs- als auch im Nachwuchsbereich Maßstab für aktuelle Technikeinschätzungen und Führungsgröße für die längerfristige Technikentwicklung.