Analyse, Epidemiologie und Prävention von Sportunfällen

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Heck, Hermann (Universität Bochum / Fakultät für Sportwissenschaft / Arbeitsbereich Sportmedizin, Tel.: 0234 7004099); Henke, Thomas; Gläser, Heribert
Forschungseinrichtung:Universität Bochum / Fakultät für Sportwissenschaft / Arbeitsbereich Sportmedizin
Finanzierung:ARAG, Allgemeine Versicherungs-AG
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:07/1987 - 12/1995
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR019950104729

Zusammenfassung

Grundlage der Analysen ist ein Datenbestand von rund 85.000 Sportunfällen, die sich im Vereinssport ereignet haben. Zusammengetragen wurden die Daten im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes der ARAG Sportversicherung und dem Lehrstuhl für Sportmedizin der Universität Bochum. Die Erhebung erfolgte flächendeckend seit 1987 und zwar in einer Nord-Süd Schiene in den Landessportverbänden Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Württemberg, mittlerweile auch in Hessen und im Saarland, um so auch regionalen Besonderheiten in der Art des Sporttreibens Rechnung zu tragen. Im Gegensatz zu früheren Versicherungsstudien stützen sich die vorliegenden Zahlen nicht auf eine Auswertung von Schadenmeldungen, da diese aufgrund der vorgegebenen Formularstruktur nur relativ undifferenzierte Aussagen gestatten. Instrument der Erhebung ist ein umfangreicher zweiseitiger Fragebogen, der jedem Sportler, der der Versicherung eine Sportverletzung meldet, zugesandt wird. Die Rücklaufquote beträgt 60 % - 70 %. Gefragt wird u. a. nach der Art und dem Zustandekommen der aktuellen Verletzung, der Häufigkeit und Dauer des Sporttreibens, auch etwa der Häufigkeit der Wettkampfteilnahme, und zusätzlich nach diversen anthropometrischen und soziodemographischen Daten. Zusätzlich werden in einzelnen Sportarten gezielte Zusatzuntersuchungen mit speziellen Fragestellungen zur Sportunfallproblematik durchgeführt. Ziel des Projektes ist die Aufdeckung von Unfallschwerpunkten in den Sportarten, um diese dann gezielt mit Präventivmaßnahmen anzugehen. Dazu gehören mit absteigender Priorität neben der Entwicklung eines Problembewußtseins in den angesprochenen Sportarten z. B. die Entwicklung von Trainingsprogrammen, Ratschläge zum Verhalten gegenüber dem Gegen- bzw. Mitspieler, und Hinweise zur Verwendung geeigneten Materials (Sportschuh, Tape, Bandage, Orthese, Bälle, Hallenboden etc).

(Zwischen)Ergebnisse

Der Fußball führt nach der absoluten Zahl der Verletzungen gesehen die Statistik an, d. h., von den im Datenbestand registrierten 85.000 Sportunfällen entfallen 38.000, also etwa 45 %, auf den Fußballbereich. Jedoch nicht, weil er im Verhältnis zu anderen vergleichbaren Sportarten relativ risikoreich ist, sondern weil er die in der BRD am häufigsten betriebene Sportart darstellt. Der Deutsche Fußball Bund stellt mit seinen etwa 5,5 Mio. Mitgliedern mit den stärksten Fachverband innerhalb des DSB mit seinen rund 23 Mio. Sporttreibenden. Bei den Männern führt der Fußball sogar mit 58 %, bei den Frauen liegt er mit 8 % an fünfter Stelle. Hieran zeigt sich, daß, wenn von Verletzungen und deren Häufigkeit in verschiedenen Sportarten gesprochen wird, es durchaus sinnvoll ist, zwischen Frauen und Männern zu differenzieren. So stammen bei den Männern etwa 80 % aller Verunfallten aus den vier großen Ballsportarten Fußball (58 %), Handball (14 %), Volleyball (5 %) und Basketball (3 %). Bei den Frauen führt der Handball mit 22 % gefolgt vom Volleyball mit knapp 12 %. Doch an dritter Stelle folgt bereits der Bereich Gymnastik mit 11 %. Gerade hier stellt sich jedoch das Problem, daß dieser Bereich relativ diffus ist, was die jeweilige Aktivität des Verunfallten zum Unfallzeitpunkt betrifft. Es ist denkbar, daß diverse Ballspiele, aber auch andere Trainingsformen wie Konditionsgymnastik oder Zirkeltraining diesem Bereich zugeordnet werden, der damit erst in der Addition der verschiedenen Teilbereiche seinen Spitzenplatz in der Sportunfallstatistik erhält. Es liegt auf der Hand, daß aufgrund der vielen verschiedenen Aktivitäten, die unter dem Sammelbegriff Gymnastik vereint sind, Präventivmaßnahmen hier nur schwer zu entwickeln sind. Ähnliches gilt für den Bereich Turnen, bei den Männern mit 1,2 % an neunter Stelle, bei den Frauen mit 8,6 % an vierter Stelle liegend. Reiten liegt bei den Frauen mit 6,5 % an sechster Stelle, während es bei den Männern nicht unter den 10 häufigsten Unfallsportarten zu finden ist. Allerdings sind auch 2/3 der organisierten Reitsportler weiblichen Geschlechts. Man kann davon ausgehen, daß der Begriff Unfallsportart, pauschal verwendet, der Entwicklung von Präventivmaßnahmen nicht dienlich ist, gerade und vor allem dann, wenn Verletzungsschwerpunkte für verschiedene Bereiche gezielt angegangen werden sollen. Zu unterschiedlich gestaltet sich die Sportaktivität in verschiedenen Kollektiven, wie am Beispiel sporttreibender Männer und Frauen zu sehen ist.