Entstehung und Ausdifferenzierung von Emotionen im Sport

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Rethorst, Sabine (Universität Biefefeld / Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft / Abteilung Sportwissenschaft / Arbeitsbereich Bewegung und Motorik, Tel.: 0521 1065127); Willimczik, Klaus
Forschungseinrichtung:Universität Biefefeld / Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft / Abteilung Sportwissenschaft / Arbeitsbereich Bewegung und Motorik
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 070310/95)
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:01/1995 - 12/1995
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR019950104721

Zusammenfassung

Eine wesentliche Fragestellung innerhalb der Emotionsforschung ist die nach der Entstehung und der Differenzierung von Emotionen im Sport. Es soll überprüft werden, welche Beziehungen zwischen ausgewählten Kognitionen und Emotionen im Anschluß an leistungsthematisches Handeln im Sport besteht. Konkret soll die kognitive und emotionale Verarbeitung von Leistungshandlungen im alpinen Skilauf in einem Szenario-, in einem Labor- und einem Feldexperiment untersucht werden.

(Zwischen)Ergebnisse

In allen drei Studien ergab sich erwartungsgemäß ein klarer Effekt von Erfolg und Mißerfolg auf die Emotionen in dem Sinne, daß die positiven Emotionen (z.B. Freude, Zufriedenheit, Selbstbestätigung) nach Erfolg, die negativen Emotionen (z.B. Enttäuschung, Unzufriedenheit, Ärger) nach Mißerfolg stark ausgeprägt waren. Darüber hinaus aber war auch die Bewertung des Ergebnisses als mehr oder weniger gut von Bedeutung für die Intensität fast aller untersuchten Emotionen. Die Dimensionierung der Ursache hinsichtlich der Lokation zeigte zumindest tendenziell Einfluß auf die selbstwertbezogenen Emotionen (z.B. Stolz, Selbstbestätigung, Ärger über sich selbst), aber auch auf die "ergebnisabhängigen Emotionen" (z.B. Freude, Zufriedenheit) in allen drei Studien. Die Probanden erlebten diese Emotionen mit höherer Intensität, wenn sie die Ursache innerhalb ihrer Person wahrnahmen. In der Feldstudie zeigte sich, daß die konkreten Ursachen einen sehr deutlichen Einfluß auf die Emotionen haben, insbesondere die Ursache Anstrengung. Je mehr die Probanden sich angestrengt hatten, um Erfolg zu haben, desto intensiver erlebten sie positive Emotionen, je mehr sie sich angestrengt hatten, ohne Erfolg zu haben, desto intensiver erlebten sie negative Emotionen. In der Feldstudie zeigte sich zu den weiteren Kognitionen, daß Ärger über sich selbst und Enttäuschung umso stärker ausgeprägt waren, je höher die Erfolgserwartung und je größer der Unterschied zwischen der Erwartung und der Ergebnisbewertung (Erwartungsdiskrepanz) ausfielen. Eine subjektiv hohe Wichtigkeit eines guten Abschneidens intensivierte die negativen Emotionen nach Mißerfolg. Zum Einfluß der Zielorientierungen ergab sich, daß Probanden mit höherer Aufgabenorientierung höhere Zufriedenheit, Probanden mit höherer Egoorientierung intensivere selbstwertbezogene Emotionen empfanden. Wenig Einfluß ließ sich für das sportliche Fähigkeitskonzept feststellen. Diskussion: Hohe Varianzaufklärungen in Regressionsanalysen zeigten, daß die Gedanken über ein Ereignis die Gefühle in der Tat zu einem großen Teil erklären. In den drei zugrundegelegten Emotionstheorien von SCHERER, VALLERAND und WEINER war übereinstimmend angenommen worden, daß die Ursachen für ein Ereignis sehr wichtige Einflußfaktoren für die Emotionen sind. Diese hohe Bedeutung wurde insbesondere für die Anstrengungsattribution bestätigt. Damit erweist sich die Wahrnehmung der Anstrengung einmal mehr als eine sehr wichtige Variable, die nicht nur für das Sanktionsverhalten von Trainerinnen bzw. Trainern und Sportlehrerinnen bzw. Sportlehrern oder für das sportliche Fähigkeitskonzept von Bedeutung ist, sondern auch für die emotionalen Reaktionen. Weniger deutlich zeigte sich der Einfluß der Eigenschaften der Ursachen hinsichtlich Lokation und Kontrollierbarkeit (gemessen über die KausalDimensionsSkala, vgl. RETHORST, 1991) auf die selbstwertbezogenen Emotionen, wie er von WEINER besonders herausgearbeitet wird. Entgegen der Annahmen von WEINER beeinflußte die Lokation der Ursache aber auch die "ergebnisabhängigen" Emotionen. Dieser Befund spricht für die Annahme VALLERANDs, daß die kausalen Dimensionierungen eine moderierende Funktion für alle Emotionen haben. Die Ergebnisse zu den Ursachen und der Ergebnisbewertung zeigten sich relativ konsistent in den drei Studien, so daß geschlossen werden kann, daß die Variationen in der Intensität der Emotionen tatsächlich auf die Variationen in den Kognitionen zurückgehen (siehe Szenariostudie und Experiment). Die Beziehungen zeigten sich auch bei real auftretenden Emotionen, da im Experiment und in der Feldstudie Emotionen und nicht lediglich Gedanken über Emotionen untersucht wurden, und sie treten auch im Sportalltag auf, wie die Feldstudie zeigte. Darüber hinaus ist das Experiment unseres Wissens nach das erste im Sport, in dem überhaupt eine experimentelle Untersuchung dieser Fragestellungen mit Variation von Ergebnis und Attribution durchgeführt wurde. Einige weitere Ergebnisse ergaben sich aus der Feldstudie. Die Wichtigkeit eines guten Abschneidens intensivierte nicht die Emotionen generell - so wie es z.B. von WEISS (1986) angenommen wird -, sondern ist einflußreich auf die Emotionen nach Mißerfolg. Dieses Resultat konnte in einer Schülerstichprobe repliziert werden. Überraschung hat sowohl positive als auch negative Erlebensqualität und hängt sowohl mit der Attribution auf Zufall (vgl. WEINER, 1985) als auch mit der Ergebnisdiskrepanz (vgl. MEYER, 1988) zusammen. Der Einfluß der Zielorientierungen zeigte sich wie erwartet: Nach DUDA (1995) ist eine hohe Aufgabenorientierung häufig mit einer Anstrengungsattribution verbunden und führt zu intensiverer Zufriedenheit.