Wirksamkeit von Bewegung und Sport bei affektiven Störungen

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Fuchs, Reinhard; Paganini, Sarah; Wurst, Ramona
Erschienen in:Kognition und Motorik : sportpsychologische Grundlagen und Anwendungen im Sport
Veröffentlicht:Göttingen: Hogrefe (Verlag), 2022, S. 151-166, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Elektronische Ressource (online) Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU202303001825
Quelle:BISp

Abstract des Autors

Psychische Erkrankungen sind in Deutschland - nach Muskelskelett-Erkrankungen - der zweithäufigste Grund für Arbeitsunfähigkeit (DAK-Gesundheitsreport, 2020). Betrachtet man diese psychischen Erkrankungen genauer, dann sind an erster Stelle die affektiven Störungen zu nennen (ICD-10: F30-F39), insbesondere die verschiedenen Formen der Depression, die in Deutschland mit einer 12-Monatsprävalenz von 6-8% (unipolare bzw. majore Depression) das Krankheitsgeschehen in diesem Bereich dominieren (DGPPN et al., 2015). In einem Zeitraum von zwölf Monaten erkranken demnach in Deutschland ca. 6,2 Mio. Menschen an einer unipolaren Depression (Jacobi et al., 2014). Die Frage liegt auf der Hand, welche Rolle Sport und Bewegung bei der Prävention und Behandlung von Depressionen spielen können. In diesem Beitrag wird die aktuelle empirische Forschungslage zur antidepressiven Wirkung von Sport und Bewegung dargestellt und diskutiert. Im Vordergrund stehen dabei folgende Fragen: Wie stark ist der Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und Depression? Lässt sich das Auftreten von Depressionen durch regelmäßiges Sporttreiben präventiv verhindern? Und wenn die Erkrankung bereits eingetreten ist: wie stark ist dann die therapeutische Wirkung von Sport und Bewegung, etwa im Vergleich zur Psychopharmakotherapie oder Psychotherapie? Weitere Fragen schließen sich an: Wie viel körperliche Aktivität ist nötig, um die stimmungsaufhellende Wirkung zu erzielen (Dosis-Wirkungs-Zusammenhang)? Sind dafür alle Sportarten gleichermaßen geeignet oder gibt es systematische Unterschiede etwa zwischen Ausdauer- und Kraftsport? Sind Sport und Bewegung bei allen Depressionsformen (z. B. uni- vs. bipolar) und Erkrankungsstärken (leicht, moderat, stark) im gleichen Umfang indiziert? Und schließlich aus einer differentiellen Perspektive: Profitieren alle Personen in gleicher Weise von der antidepressiven Wirkung der körperlichen Aktivität oder sind hier systematische Unterschiede nach Alter und Geschlecht zu erkennen? Die Beobachtung der antidepressiven Wirkung von Sport und Bewegung ist das Eine, die Erklärung dieser Wirkung das Andere. Unterschieden werden hier biologische und psychologische Erklärungsansätze: Über welche physiologischen, neurologischen oder kognitiven Mechanismen werden die beobachteten präventiven und therapeutischen Effekte der körperlichen Aktivität vermittelt? Im vorliegenden Beitrag werden die wichtigsten Erklärungsmodelle im Überblick vorgestellt. Abschließend werden Schlussfolgerungen für die Praxis der Depressionsbehandlung durch Sport und Bewegung gezogen.