Veränderung motorischer Gleichgewichtsfähigkeit im Verlauf einer stationären psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Grub, Elisabeth Johanna; Wydra, Georg; Käfer, Michael; Köllner, Volker
Erschienen in:Die Rehabilitation
Veröffentlicht:56 (2017), 6, S. 389-396, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Elektronische Ressource (online) Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
ISSN:0034-3536, 1439-1309, 0179-9487
DOI:10.1055/s-0043-121279
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU202008006535
Quelle:BISp

Abstract des Autors

Ziel der Studie Sowohl die körperliche Gleichgewichtsfähigkeit als auch das Gefühl, seelisch standfest und im Gleichgewicht zu sein, ist für viele Rehabilitanden eine Voraussetzung für die Teilhabe am Erwerbsleben und an der Gesellschaft. Bisher gibt es keine Befunde, ob sich die Gleichgewichtsfähigkeit im Rahmen der psychosomatischen Rehabilitation verbessern lässt. Ziel unserer explorativ angelegten Studie war es, Veränderungen in der motorischen Gleichgewichtsfähigkeit im Verlauf einer stationären psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme zu erfassen und diese in Bezug zu Veränderungen psychischer Variablen zu setzen.
Methodik 118 Patienten einer psychosomatischen Klinik (49,3±8,6 Jahre; 75,4% Frauen) wurden zu Beginn und am Ende ihres Aufenthaltes untersucht. Zur Messung des Gleichgewichts wurden der Gleichgewichtstest (GGT) von Bös, Wydra und Karisch eingesetzt, der Timed up and go Test (TUG), 8 Standaufgaben auf instabiler Unterlage sowie 8 Standaufgaben auf festem Untergrund. Als psychische Variablen wurden die Selbstwertschätzung des Patienten (MSWS), depressive Symptome (BDI-II) und Angstsymptome (BAI) erhoben.
Ergebnisse Die Gleichgewichtsfähigkeit, gemessen über den GGT (d=1,37, den TUG (d=0,56) und Standaufgaben auf instabiler (d=1,48) sowie stabiler Unterlage (d=0,67), stieg im Verlauf der Rehabilitation signifikant an. Ähnliche Ergebnisse mit Effektstärken im hohen bis mittleren Bereich zeigten sich bei den psychischen Variablen. Zusammenhänge in der Veränderung der motorischen und psychischen Variablen zeigten sich nur bei den Standaufgaben auf instabilem und festem Untergrund und verschiedenen Skalen der MSWS, nicht aber bei den Symptomskalen.
Diskussion Im Verlauf der Rehabilitation kam es zwar zu einer Verbesserung sowohl der psychischen Symptombelastung als auch der Gleichgewichtsfähigkeit; zwischen beiden fanden sich jedoch wider Erwarten keine signifikanten Korrelationen. Dies lässt zunächst darauf schließen, dass kein Zusammenhang zwischen psychischen Faktoren und der Gleichgewichtsfähigkeit der Patienten besteht. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Gleichgewicht in einer standardisierten Situation überprüft wurde, in der die Patienten keiner besonderen psychischen Belastung ausgesetzt waren. Beobachtungen während der Durchführung der Studie legen nahe, dass sich Veränderungen hinsichtlich der motorischen Gleichgewichtsfähigkeit eher in Merkmalen der Gleichgewichtsregulation (z. B. Anspannung und Entspannung) widerspiegeln als in der Zahl der erfüllten Aufgaben. Die Gleichgewichtstests wurden von den Rehabilitanden nicht nur sehr gut akzeptiert, sondern lösten häufig auch Selbstreflexionsprozesse zu Themen wie Gleichgewicht und Standfestigkeit im psychosomatischen Sinne aus. Weitere Forschung sowohl zu den Wirkfaktoren auf die Gleichgewichtsfähigkeit als auch zu deren Zusammenhang mit der Verbesserung in Aktivität und Teilhabe erscheint vielversprechend.

Abstract des Autors

Aim of the study For many rehabilitants both the motor balance and the feeling of being emotionally stable and in balance are essential preconditions for participation in employment and society. The goal of this study was to capture changes in motor balance in the course of an inpatient psychosomatic rehabilitation and to set them in relation to changes in mental variables.
Methods 118 patients of a psychosomatic clinic (49.3±8.6 years; 75.4 % women) were examined at the beginning and the end of rehabilitation. To measure motor balance the balance test (GGT) of Bös, Wydra and Karisch, the timed up and go test (TUG), eight tasks of standing balance on an unstable surface as well as eight tasks on a stable surface were used. As psychological variables, self-esteem (MSWS), degree of depressive (BDI-II) and anxiety symptoms (BAI) were measured.
Results The motor balance ability, assessed by the GGT (d=1,37), the TUG (d=0,56), tasks of standing balance on an unstable surface (d=1,48) as well as on a stable surface (d=0.67), increased significantly in the course of rehabilitation and was also reflected in the self-evaluation of motor balance (d=0,97). Correlations in the change of motor and mental variables were particularly evident between the balance tasks on an unstable and a stable surface and different scales of the MSWS.
Conclusion In the course of rehabilitation, an improvement in psychological symptoms as well as the balance ability was found, however, contrary to our expectations, no significant correlations were observed. At the first view it seems like there would be no relationship between psychological factors and the motor balance of the patients. However it should be noted that motor balance was examined in a standardized situation in which the patients were not exposed to any particular psychological distress. Observations during the conduct of the study suggest that changes in motor balance could be shown rather in observable characteristics of postural control (for example in contraction and relaxation) than in the number of fulfilled tasks. The motor balance tests were not only accepted very well by the rehabilitants but often also provoked self-reflection processes on topics such as balance and stability in a psychosomatic sense. Further research both on the factors influencing the motor balance ability as well as on their relation to the improvement in activity and participation appears promising.