Vergleich der Schlagdämpfung verschiedener Sportmundschutze : eine In-vitro-Studie mittels Laservibrometer und Beschleunigungssensoren

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Bibliographische Detailangaben
Englischer übersetzter Titel:Comparison of the shock absorption capacities of different mouthguards : an in vitro study using a laser Doppler vibrometer and an acceleration sensor
Autor:Bochnig, Melina Simonetta
Veröffentlicht:Berlin: 2017, 165 S., Lit.
Forschungseinrichtung:Charité - Universitätsmedizin Berlin ; Freie Universität Berlin / Fachbereich Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
Hochschulschriftenvermerk:Berlin, Charité, Univ.-Med., Diss, 2017
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Monografie
Medienart: Elektronische Ressource (online) Gedruckte Ressource
Dokumententyp: Graue Literatur Hochschulschrift Dissertation
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201804002658
Quelle:BISp

Abstract des Autors

Ein Sportmundschutz zum Schutz des orofazialen Systems wird mittlerweile in vielen Sportarten verwendet. Der Nutzen individuell hergestellter Mundschutze ist vielfach erprobt und bestätigt. Allerdings besteht kein Konsens darüber, welche Materialeigenschaften, welche Schichtdicke oder welche Kombinationen von Materialien am besten schützen. In dieser In-vitro-Studie wurden die Schutzeigenschaften fünf verschiedener Mundschutztypen bei Kollisionen mit einem harten kleinen Aufprallobjekt getestet. Bisher widersprüchlich oder nicht beantwortete Aspekte zu harten Einlagen, Nylonnetzen und Lufträumen als Dämpfungsverstärkung im Frontzahnbereich und die Schutzwirkung von EVA sollten untersucht werden.
Für die untersuchten Sportmundschutztypen wurden von der Firma Scheu-Dental (Iserlohn) verschiedene Ethylenvinylacetat-Materialien (EVA) (BIOPLAST: Elastizitätsmodul 15 MPa, XTREME PRO: 15–25 MPa), Polyethylenterephthalat-Glycol Copolyester (PET-G) (DURAN: 2200 MPa) und ein Nylonnetz verwendet, sowie in einem Mundschutztyp ein Luftraum eingearbeitet. Fünf verschiedene Mundschutztypen mit labialen Schichtdicken von 2–11 mm (labiale ursprüngliche Foliendicken addiert) und aus unterschiedlich harten Materialien wurden getestet und eine Versuchsreihe ohne Mundschutz wurde durchgeführt.
Mittels eines Pendels mit (0,340 kg) oder ohne (0,205 kg) Zusatzgewicht und variabler Auslenkung (20° bis 120°) wurden Schläge unterschiedlicher Energie auf ein speziell hergestelltes Kiefermodell mit beweglich gelagertem Messzahn 11 ausgeübt. Je nach Auslenkung und Gewicht des Pendels variierte die einwirkende Energie (0,07 Joule bis 2,85 Joule). Der Messzahn war mit einer Rotationsachse beweglich gelagert, der Widerstand eines natürlichen Zahnes wurde mittels einer Zugfeder mit einer Federkonstante von 11,297 N/mm (Gutekunst + Co. KG) simuliert.
Mittels eines Beschleunigungssensors (ACCELEROMETER, ICP, SHOCK, Model Number 350A14) wurde die Beschleunigung beim Aufprall auf den Messzahn (Bremsbeschleunigung) und auf die verschiedenen Mundschutze gemessen. Mit einem Laservibrometer (Polytec OFV 050 OPTICAL SCANNING HEAD und Polytec OFV 3000 VIBROMETER CONTROLLER) wurde die Messzahnauslenkung gemessen. Die Zahnauslenkungen wurden anschließend auf den Bereich des Limbus alveolaris umgerechnet.
Jeder Mundschutztyp wurde dreimal hergestellt und jede Einzelsituation (jeweilige Pendelauslenkung mit und ohne Zusatzgewicht am Pendel) wurde fünfmal getestet. Die statistische Auswertung der Messergebnisse erfolgte mit dem Programm IBM SPSS Statistics 22. Das Signifikanzniveau wurde auf p < 0,05 festgelegt.
Die biometrische Auswertung (Kruskal-Wallis-Test) zeigte bei keinem der dreifach hergestellten Mundschutztypen signifikante Unterschiede bezüglich der maximalen Auslenkung oder der Beschleunigung. Dies rechtfertigte eine Zusammenfassung der dreimaligen Herstellung zu jeweils einem Mundschutztyp (N ≥ 15) in den nachfolgenden statistischen Tests.
Je größer die ausgeübte Energie auf den Messzahn beziehungsweise die Mundschutze war, desto stärker wurde dieser ausgelenkt. Sowohl eine Erhöhung der Pendelauslenkung (Kruskal-Wallis-Test, Jonckheere-Terpstra-Test), als auch das Anbringen eines Zusatzgewichtes (Mann-Whitney-Test) an das Pendel hatten statistisch signifikante Auswirkungen. Mit Steigerung der Pendelauslenkung (20°–120°) stieg die maximal erreichte Messzahnauslenkung und die Bremsbeschleunigung (bis 2000 g). Dabei waren die maximalen Bremsbeschleunigungen umso größer, je härter oder dünner das Material war, auf das das Pendel aufprallte. Bei allen Pendelgewichten und Pendelauslenkungen ergab der Globaltest (Kruskal-Wallis-Test) statistisch signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen Mundschutztypen.
Durch die Vergrößerung labialer Schichtdicken der Mundschutze wurde sowohl die Auslenkung des Messzahnes als auch die Bremsbeschleunigung reduziert. Die einzige Ausnahme stellt der Vergleich des Mundschutzes Nylonnetz (3 mm BIOPLAST + 0,5 mm Nylonnetz + 3 mm BIOPLAST) mit dem Mundschutz DURAN (2 mm BIOPLAST + 1,5 mm DURAN + 4 mm XTREME PRO) dar. Offenbar konnten die weicheren Materialien des Mundschutzes Nylonnetz bei Schlägen mit dem verwendeten Pendel, bei gleicher Energie, die Zahnauslenkung besser verhindern und die Bremsbeschleunigung stärker reduzieren als der mit härteren Materialien (DURAN und XTREME PRO) hergestellte Mundschutz DURAN.
Mundschutz Hohlraum/DURAN mit der größten labialen Schichtdicke (2 mm Luftraum + 4 mm XTREME PRO + 2 mm DURAN + 3 mm BIOPLAST) verhinderte die Zahnauslenkung bei 90° Pendelauslenkung gegenüber den Messungen ohne Mundschutz um bis zu 99,7 % und die Bremsbeschleunigung bis zu 72,2 %. Dies war die deutlichste Reduktion aller getesteter Mundschutztypen. Es folgen der Mundschutz Nylonnetz, der Mundschutz DURAN und der Mundschutz BIOPLAST 3 mm. Der dünnste Mundschutz BIOPLAST 2 mm verhinderte die Zahnauslenkung und die Bremsbeschleunigung am geringsten. Im Vergleich zu der Versuchsreihe ohne Mundschutz reduzierte er die Zahnauslenkung bei 90° Pendelauslenkung um 8,5 % bis 28,9 % und die Bremsbeschleunigung um 15,6 % bis 37,5 %.
Bei größeren Schlagenergien von 1,9 Joule reduzierte sich die Schutzwirkung aller getesteter Mundschutztypen im Vergleich zu Schlagenergien von 1,15 Joule. Die Messzahnauslenkung stieg bei den Mundschutzen aus weichen Materialien (BIOPLAST, Nylonnetz) prozentual viel deutlicher an (14–20 %), als bei den Kombinationen härterer Materialien (DURAN, XTREME PRO) (2–3,5 %). Die Energieverteilung durch harte Mundschutzmaterialien wie DURAN spielt bei höheren Schlagenergien (> 1,9 Joule) vermutlich eine größere Rolle für einen guten Schutz, als die Absorption der Energie durch weichere Materialien wie BIOPLAST.
Der verwendete Versuchsaufbau lässt vergleichende Bewertungen der Schutzwirkung der verschiedenen Mundschutztypen bei den getesteten Schlagenergien zu. Generell lassen sich In-vitro-Ergebnisse allerdings nur bedingt auf klinische Situationen übertragen. Die Kombination aus großer labialer Mundschutzschichtdicke, eines Luftraums im Frontzahnbereich, der härteren Verstärkung (DURAN, XTREME PRO) im Frontzahnbereich und weicherem EVA (BIOPLAST) zeigte die besten Schutzeigenschaften. Auch bei Erhöhung der einwirkenden Energie wurde die Schutzwirkung kaum reduziert. Welcher Einzelfaktor (Schichtdicke, Härte des Materials, Ergänzung von Lufträumen, Lage der labialen Einlagen) letztlich entscheidend war, oder ob die Kombination aller Faktoren zu der deutlich besseren Schutzwirkung des Mundschutzes Hohlraum/DURAN gegenüber den anderen getesteten Mundschutztypen führte, sollte in weiterführenden Studien untersucht werden.

Abstract des Autors

Aims: The aims of this in vitro study were to test the protection properties of different mouthguards and to compare the results with a series of tests performed without protection. The deflection of a test tooth should indicate which of the tested mouthguards protects best during hard object collisions. The braking acceleration of
arriving blows should supply knowledge about the mouthguards’ damping behaviour. Materials and Methods: Five different mouthguards with labial thicknesses between 2 mm and 11 mm and materials of varying moduli of elasticity were tested and a series of experiments without a mouthguard were performed. For the sports mouthguards different combinations of ethylene vinyl acetate (EVA) (BIOPLAST elastic modulus:
15 MPa, XTREME PRO: 15–25 MPa), polyethylene terephthalate glycol-modified (PETG) (DURAN: 2200 MPa), nylon mesh (all SCHEU-DENTAL) and air spaces were tested. Using a stainless steel pendulum device with exchangeable weights and varying deflection (20°–120°) blows of different energy (0.07–2.85 joules) were carried out on a specially produced jaw model with a mobile maxillary central incisor. A laser Doppler vibrometer (Polytec OFV-302 Laser-Beam-Shutter and OFV-3000 Vibrometer Controller) measured the tooth deflection and an acceleration sensor attached to the pendulum (PCB Piezotronics ACCELEROMETER, M350A14 and charging amplifier M482/A04) measured the braking accelerations. Afterwards the tooth deflections were converted to the limbus alveolaris area. For the statistical evaluation of the measuring results the program IBM SPSS Statistics 22 was used. The significance level was fixed at p < 0.05. Results: The softer materials tested (BIOPLAST with nylon net, 6.5 mm) showed greater reduction of the braking acceleration and led to smaller tooth deflections than
the combination of more rigid materials (DURAN, XTREME PRO and BIOPLAST, 7.5 mm) of similar thickness but with increasing impact energy their protective capacities decreased to a greater extent than the stiffer materials. However, increasing the labial thickness (11 mm) in combination with labial inserts of different stiffness (air
space, DURAN, XTREME PRO, BIOPLAST) the deflection of the test tooth was reduced most significantly up to 99.7 % compared to no mouthguard and the braking acceleration was reduced up to 72.2 %. With increasing the deflection of the pendulum (20°–120°) the maximally reached strike accelerations (0–2,000 g) also rose. The strike accelerations were higher, the harder the mouthguard materials were and if no additional weight was attached to the pendulum. With the additional pendulum’s weight the reduction of the tooth deflection as a result of the mouthguards’ presence decreased.
Conclusions: Increasing the labial thickness increases the protection capacities for hard object collisions. The material properties influence the protection capacities to different degrees. In the present study the combination of a large labial thickness and different materials offered the best protection capacities for collisions of varying energy.