Sexualisierte Gewalt im Sport und das Engagement der Sportverbände zur Prävention

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Autor:Rulofs, Bettina; Ohlert, Jeannine; Wagner, Ingo; Hartmann-Tews, Ilse
Erschienen in:Impulse
Veröffentlicht:22 (2017), 1, S. 18-23
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource Elektronische Ressource (online)
Sprache:Deutsch
ISSN:2192-3531
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201708006048
Quelle:BISp

Abstract des BISp

Sportliche Aktivität im Verein hat nach wie vor einen hohen Stellenwert in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen; rund 50 % der Mädchen und 60 % der Jungen sind Mitglied im Sportverein. Der organisierte Sport trägt somit eine hohe Verantwortung dafür, Kinder und Jugendliche nicht nur in ihrer sportlichen und persönlichen Entwicklung zu fördern, sondern sie auch vor Gewalt und gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu schützen – dazu zählt auch der Schutz vor sexualisierter Gewalt. Bei der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) im Jahr 2010 verabschiedeten alle Mitgliedsorganisationen die sog. Münchener Erklärung und verpflichteten sich damit, konkrete Schutzmaßnahmen gegen sexualisierte Gewalt einzuführen. Hier setzt das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Verbundprojekt „Safe Sport“ an und verfolgt das Ziel, sowohl die Häufigkeiten, Formen und Bedingungen von sexualisierter Gewalt im Sport zu untersuchen, als auch den Status Quo der Prävention und Intervention zu erheben. Der Verbund besteht aus zwei wissenschaftlichen Einrichtungen, dem Institut für Soziologie und Genderforschung der Deutschen Sporthochschule Köln und der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm. Die Deutsche Sportjugend (dsj) unterstützt den Verbund als Kooperationspartnerin in der Sportpraxis, insbesondere beim Zugang zum Befragungsfeld und beim Transfer der Ergebnisse in die Sportverbände und -vereine. Dieser nimmt die Selbstverpflichtung der Sportverbände aus dem Jahr 2010 als Bezugspunkt und setzt einen Schwerpunkt bei den Befunden zur Umsetzung von Präventionsmaßnahmen. Es geht also zuvorderst um die Frage, inwiefern dieser Selbstanspruch im organisierten Sport inzwischen eingelöst wurde. Ein zentraler Befund des Projektes „Safe Sport“ ist, dass sexualisierte Gewalt auch im Wettkampf- und Leistungssport vorkommt. Die Mehrheit der Betroffenen ist unter 18 Jahre alt, wenn sie erstmals mit sexualisierter Gewalt konfrontiert wird. Daraus folgt für die Sportverbände und -vereine, dass sie in der Verantwortung stehen, die Strukturen und Bedingungen für die Entstehung von sexualisierter Gewalt im Sport zu reflektieren und einen besseren Schutz zu gewährleisten. Rund sechs Jahre nach der Münchener Erklärung zeichnet sich ab, dass alle Landessportbünde bzw. ihre Sportjugenden den Handlungsbedarf erkannt, entsprechende Beauftragte benannt sowie verschiedene Maßnahmen zur Prävention und Intervention eingeführt haben. Somit finden Sportvereine und ihre Mitglieder in allen Bundesländern bei ihren übergeordneten Landesverbänden Strukturen zur Beratung und Unterstützung im Themengebiet. In der Gruppe der Spitzenverbände und bei den Verbänden mit besonderen Aufgaben ist der Umsetzungsstand von Schutzmaßnahmen weniger weit fortgeschritten. Einige der Selbstverpflichtungen der Münchener Erklärung, wie z. B. die Verankerung in Qualifizierungsmaßnahmen oder die Entwicklung von Standards zur Intervention, wurden von einer Reihe von Sportverbänden bislang noch nicht eingeführt. Ob und inwiefern die Bemühungen zum Kinderschutz und zur Prävention sexualisierter Gewalt insbesondere in den Spitzenverbänden und Verbänden mit besonderen Aufgaben auch vor dem Hintergrund der Selbstverpflichtung in der Münchener Erklärung noch gesteigert werden müssten und wie sie dabei unterstützt werden könnten, bleibt folglich eine wichtige Frage, die sowohl vom DOSB und der dsj als auch von den Verbänden selbstkritisch beantwortet werden muss. Dabei ist auch abzuwägen, wie hoch der Anteil von Kindern und Jugendlichen in den Sportarten und Verbänden ist. Für den Bereich des Nachwuchsleistungssports ist z. B. festzuhalten, dass dieser im Verantwortungsbereich der nationalen Spitzenverbände liegt und gerade hier aufgrund der engen Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Erwachsenen und jungen Menschen spezifische Schutzkonzepte erforderlich scheinen. (Schiffer unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)