Medaillen für die nationale Repräsentanz? : zur Bedeutung von Medaillenerfolgen bei Olympischen Spielen

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Englischer übersetzter Titel:Who believes in Olympic medal counts?
Autor:Emrich, Eike; Gassmann, Freya; Haut, Jan; Pierdzioch, Christian; Prohl, Robert
Erschienen in:Sport und Gesellschaft
Veröffentlicht:12 (2015), 1, S. 39-67, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
ISSN:1610-3181, 2366-0465
DOI:10.1515/sug-2015-0103
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Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201602000807
Quelle:BISp

Abstract des Autors

Die Olympischen Spiele sind nicht nur sportliche Wettbewerbe, sie sind auch das Mittel, die verschwenderische Konkurrenz zwischen Nationalstaaten um Aufmerksamkeit, Legitimität, Modernitäts- und spezifisches Leistungsprestige (Werron, 2012), also um weiche Güter, mit Hilfe sportlicher Erfolge zu ermöglichen. Dabei nimmt der Medaillenspiegel eine zentrale Rolle ein. Mit seiner Hilfe treten teilnehmende Nationen in eine indirekte „Konkurrenz um den Menschen, [in] ein Ringen um Beifall“ (Simmel, 1908, S. 287). Die indirekte Konkurrenz der Nationen wird in regelmäßigen Abständen wieder von neuem geführt, und das obwohl das IOC eigentlich den Wettbewerb zwischen den Nationen eindeutig zugunsten eines Wettbewerbs zwischen den Athleten ablehnt (IOC, 2011). Dabei wird medial und politisch um die Aufmerksamkeit des Dritten (des Publikums im Stadion, aber auch der Bevölkerung insgesamt) gebuhlt. Die Aufmerksamkeit des Dritten ist es, die dem Medaillenspiegel als symbolischem Anzeiger nationaler Konkurrenz um weiche Güter Legitimität und Prestige verleiht. Dabei ist tatsächlich unklar, welche Bedeutung die Bevölkerung dem Medaillenspiegel beimisst. Auf Basis einer (nicht repräsentativen) Bevölkerungsstichprobe wurden mit Hilfe eines multivariaten ordinalen logistischen Regressionsmodells (N=604) Faktoren ermittelt, die das Interesse am Medaillenspiegel erklären. Demnach interessieren sich aktive Sportler, Sportinteressierte, Personen mit höher ausgeprägtem Nationalstolz, mit autoritären Einstellungen und solche, die sich allgemein bei der Entscheidungsfindung an Ratgebern usw. orientieren, eher für den Medaillenspiegel. Die sozioökonomischen Variablen Alter, Geschlecht, Migrationshintergrund und schulische Bildung haben nach Kontrolle der erklärenden Variablen keinen signifikanten Einfluss mehr.

Abstract des Autors

The Olympic Games are not only a sports competition, but can also be viewed as a form of wasteful competition between nation-states for intangible goods such as international attention, legitimacy, and prestige (Werron, 2012). In this competition, medal counts play a central role. Medal counts trigger a form of indirect competition between nations "for people, for the acclamation of national and international audiences" (Simmel, 1908, p. 287). Indirect competition between nations is repeated at regular intervals despite the International Olympic Committee's explicit position that Olympic competitions are between athletes and not between nations (IOC, 2011). In the Olympic context, media and political outlets vie for the attention of third parties (the spectators in the stadium, but also the general public). It is this attention that lends the medal count – as the symbolic emblem of the national competition for intangible goods – its legitimacy and prestige. Nevertheless, empirical evidence is still scarce on the question of how much importance large sections of the German population attach to medal counts. Using data from a non-representative sample (N=604) of the German population to estimate multivariate logistic regression models, we shed light on factors that determine how much importance a person attaches to medal counts. Our results suggest that they tend to be important for athletes, people interested in sports, people with a strong sense of patriotism, people with authoritarian attitudes, and people who use self-help books and similar media to teach decisions. In contrast, the socioeconomic factors age, sex, migration background, and education do not play a significant role in the interest in medal counts.