Europäisierung und Internationalisierung der deutschen Sportwissenschaft – Pflichten und Chancen für Vor- und Nachwuchs

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Mester, Joachim
Erschienen in:Ze-phir
Veröffentlicht:6 (1999), 2 (Internationalisierung. Aktivitäten 1997-1999), S. 5-11
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource Elektronische Ressource (online)
Sprache:Deutsch
ISSN:1438-4132, 1617-4895
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201011009098
Quelle:BISp

Abstract

Die deutsche Hochschulbildung besitzt nicht mehr annähernd den Stellenwert, den sie über viele Generationen hinweg innehatte. Blickte man in früheren Jahren aus vielen anderen Ländern bewundernd bis neidisch auf die deutsche Bildungskultur, so werden diese Blicke spätestens seit Beginn der 70er Jahre weltweit auf das angloamerikanische Bildungssystem gelenkt. Deutsch ist keine verbreitete und akzeptierte Wissenschafts- und Publikationssprache mehr im deutschen Bildungswesen, in den Schulen wie in den Hochschulen, hat sich in den letzten 40 Jahren eine schleichende Verkrustung der Personalsituation eingestellt, Nobel-Preise sind in Deutschland selten geworden und wenn deutsche Wissenschaftler doch von dieser Auszeichnung getroffen werden, dann arbeiten sie im Allgemeinen an ausländischen – meist amerikanischen – Institutionen. Bemerkenswert ist ebenfalls, dass in den USA etwa 50 % der direkt forschenden Wissenschaftler an den Universitäten aus dem Ausland stammen, während das in Deutschland gerade einmal 10 % sind. Dies liegt möglicherweise u. a. an der überadministrierten deutschen öffentlichen Verwaltung, aber auch darin, dass das deutsche universitäre Bildungssystem mit dem Diplom als wichtigstem Abschluss europäisch und international nur eine geringe Bedeutung besitzt. Abgestufte Studiengangssysteme mit Bachelor- und Master-Abschlüssen haben dem deutschen Diplom, von wenigen Fächern abgesehen, wie z. B. dem deutschen Dipl.-Ing., den Rang abgelaufen. Das Diplom in Sportwissenschaft gehört nicht zu diesen Ausnahmen. Auch die geringe Präsenz deutscher Sportwissenschaftler bei internationalen Kongressen (hier: bei Kongressen des European College of Sport Science) ist nur unwesentlich höher als bspw. die von Belgien. Allerdings kann in diesem Land auch von einem ausgeprägten internationalen Profil in verschiedenen Disziplinen der Sportwissenschaft gesprochen werden. Angesichts solcher Zahlen muss die mittlere internationale Reputation der deutschen Sportwissenschaft bei dem Differenzierungsgrad der Fächer und der Zahl von Sportwissenschaftlerinnen und Sportwissenschaftlern an den nahezu 70 einschlägigen Instituten und Fakultäten an deutschen Universitäten als in hohem Maß verbesserungswürdig bezeichnet werden. Auch ein Fach wie die Sportmedizin, in der eigentlich von Beginn an ein größerer Internationalisierungsdruck herrschte als in anderen Fächern, bildet hier keine Ausnahme. Angesichts dieser Situation gibt Verf. folgende Empfehlungen für den sportwissenschaftlichen Vor- und Nachwuchs: 1. Die Qualifikationspyramide muss sowohl von unten als auch von oben europäisiert und internationalisiert werden. Dazu gehört eine Verstärkung des Studierendenaustausches ebenso wie die des Austausches von wissenschaftlichem Nachwuchs. 2. Vor- und Nachwuchs müssen sich stärker international präsent zeigen. Europäische Kongresse sind hier ebenso gefragt wie insbesondere solche in Nordamerika. 3. Die spezifische Sprachkompetenz in der Wissenschaftssprache Englisch muss vom ersten Semester an verbessert werden. Durch Bereitstellung von Arbeitsplätzen für ausländische Nachwuchswissenschaftler in den deutschen Arbeitsgruppen lässt sich dies besonders leicht realisieren. 4. Die Publikationskultur der deutschen Sportwissenschaft in internationalen Zeitschriften muss verbessert werden. 5. Die internationale Ausrichtung der deutschen sportwissenschaftlichen Organisationen muss erhöht werden. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)