Zur kumulativen Habilitation

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Autor:Strauß, Bernd
Erschienen in:Ze-phir
Veröffentlicht:7 (2000), 1 (Habilitation), S. 11-15
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource Elektronische Ressource (online)
Sprache:Deutsch
ISSN:1438-4132, 1617-4895
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU201009006607
Quelle:BISp

Abstract

In der Februarausgabe der Zeitschrift „Forschung und Lehre“ (2/2000) finden sich u. a. die Positionen der Fakultätentage zur Zukunft der Habilitation und zur Frage, ob die Habilitation kumulativ oder mit einer Habilitationsschrift erfolgen sollte. Die Bandbreite der Positionen reicht dabei von der Position, dass die Habilitation für die Berufung eher irrelevant sei (z. B. Bauingenieur- und Vermessungswesen), über die Befürwortung der Habilitation, aber mit dem Plädoyer für eine kumulative Habilitation (Mathematisch-Naturwissenschaftlicher Fakultätentag) bis zur Position, dass auf die Habilitationsschrift nicht verzichtet werden könne (Katholisch-Theologischer Fakultätentag). Im Unterschied zu einigen anderen Fakultätentagen bezieht der Sportwissenschaftliche Fakultätentag keine Position, sondern beschreibt die unterschiedlichen Verfahrensweisen in den mehr geistes- und verhaltenswissenschaftlich orientierten sportwissenschaftlichen Teildisziplinen (mit dem Festhalten an der Habilitationsschrift) und den biowissenschaftlichen Teildisziplinen (mit der zunehmenden Favorisierung der kumulativen Form). Dass die Sportwissenschaft und ihre damit befassten Gremien nur sehr schwer zu einer gemeinsamen Position in der Frage (Befürwortung oder Ablehnung der kumulativen Habilitation) kommen können, ist darin begründet, dass die Teildisziplinen der Sportwissenschaften – trotz der gemeinsamen Klammer des Sports – in Inhalt und Methode sowie in ihrer Publikationspraxis weitaus heterogener sind als die Fächer innerhalb anderer Fakultäten. Fasst man die Positionen der Fakultätentage zusammen, zeigt sich, dass die empirischen Wissenschaften eher für die kumulative Form der Habilitation plädieren, die Geisteswissenschaften eher für die monographische Form der schriftlichen Habilitationsleistung (wenngleich der Philosophische Fakultätentag dazu auffordert, die kumulative Habilitation vermehrt zu nutzen), und Fächer, die sehr stark berufsbezogen ausbilden, ganz auf die Habilitation verzichten könnten. Wesentliches Ziel der Habilitation ist die Feststellung der Eignung zum Professorenamt. Während Berufungskommissionen über die Eignung für eine spezielle Professur zu urteilen haben, sollte die Habilitation Auskunft darüber geben, ob die grundsätzliche Eignung zur Übernahme einer Professur besteht. Damit die Habilitation aber weiter ihre Berechtigung als Prognoseinstrument besitzt, muss deren Validität gesichert sein: Sagt die Habilitation etwas über die grundsätzliche Eignung aus, eine Professur erfolgreich auszufüllen? In den empirischen Fächern spiegelt sich der jeweils gegenwärtige Stand der Forschung in den wissenschaftlichen Zeitschriften wieder, sei es nun in Printausgaben oder zunehmend über das Internet. Andere Publikationsmöglichkeiten erhalten dagegen in diesen Fächern immer geringere Bedeutung, sieht man von der wichtigen wissenssystematisierenden Funktion von Lehrbüchern und manchen Sammelwerken ab. In diesen Fächern dürfte eine kumulative Habilitation, in der peer-gereviewte Beiträge in angesehenen Zeitschriften eingebracht werden, daher valider sein als anderes und lässt darauf schließen, dass sich Habilitanden auch nach der Übemahme einer Professur erfolgreich wissenschaftlich platzieren können. Im Übrigen erhöhen Bewerber in einem konkreten Berufungsverfahren ihre Chancen eher, wenn sie eine Vielzahl hochkarätiger Publikationen vorlegen können, als wenn lediglich eine Monographie und einige kleinere Publikationen vorlägen. Die kumulative Habilitation besitzt jedoch keine Validität in solchen Fächern, in denen (noch) keine entsprechenden Publikationsstrukturen mit dem Schwergewicht auf Zeitschriften geschaffen wurden. Dies dürfte besonders für die geisteswissenschaftlichen Fächer zutreffen. Wenn das Wissen in diesen Fächern sich besonders in monographischen Schriften widerspiegelt, ist es natürlich am sinnvollsten, eine Habilitationsschrift zu erwarten. Eine kumulative Habilitation würde in solchen Fällen wesentlich unsicherer prognostizieren können, ob sich Habilitanden später als Professoren in den Wissenschaftsstrukturen erfolgreich bewegen können. Für die Sportwissenschaft und deren Teildisziplinen bedeutet dies Verf. zufolge mindestens zweierlei: Die Empfehlungen bezüglich der kumulativen Habilitation werden sich zum einen entlang der geistes-, sozial- oder naturwissenschaftlichen Orientierung der Fächer und ihrer Bedürfnisse in der gegenwärtigen Lage unterscheiden müssen. Zum anderen ist eine kumulative Habilitation nur dann sinnvoll, wenn auch die entsprechenden Publikationsstrukturen vorhanden sind oder zumindest erwartet werden kann, dass sie demnächst geschaffen bzw. ausgebaut werden und der Ausbau von den Fachvertretern und -vertreterinnen vehement unterstützt wird (u. a. durch die – über Wissenschaftsverbände koordinierte – Gründung von Zeitschriften und auch dadurch, dass nicht nur Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen motiviert werden, in peer-gereviewten Zeitschriften zu publizieren, statt leichtere Publikationswege zu suchen). So hat bspw. der asp-Vorstand ein entsprechendes Statement zur kumulativen Habilitation vorbereitet, in dem vorgeschlagen wird, neben der nach wie vor bestehenden Möglichkeit der Habilitationsschrift auch verstärkt die kumulative Habilitation zu nutzen (2-3 Zeitschriftenartikel zu einem zusammenhängenden Forschungsschwerpunkt in international anerkannten – vorzugsweise englischsprachigen – peer-gereviewten Fachzeitschriften, plus vier bis sechs weitere Beiträge in peer-gereviewten Organen und/oder anerkannten Sammelwerken und außerdem einige qualifizierte Beiträge, die die Breite der Forschung dokumentieren). Es ist gleichzeitig damit die Hoffnung verbunden, auch eine noch deutlichere Internationalisierung der deutschen Sportpsychologie zu forcieren. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)