Soziologie des (Hoch-)Leistungssports

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Bibliographische Detailangaben
Englischer übersetzter Titel:Sociology of (highly) competitive sports
Autor:Anders, Georg
Erschienen in:Sozialwissenschaftlicher Fachinformationsdienst / Freizeit, Sport, Tourismus
Veröffentlicht:25 (2008), 1, S. 9-20, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Zeitschriftenartikel
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
ISSN:0938-6017
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200909004418
Quelle:BISp

Abstract des BISp

Die Analyse des Handlungssystems Leistungssport, dass sich zunächst als Wettkampf zwischen zwei oder mehreren Parteien definiert, zeigt bei näherer Betrachtung eine durchaus differenzierte Ausgestaltung dieser grundlegenden Bedingung. Systemtheoretisch lassen sich der Primärcode „Leisten/Nicht Leisten“ und der Sekundärcode „Sieg/Niederlage“ herausstellen. Allerdings hat der Sekundärcode im modernen Leistungssport immer mehr den Status des Primärcodes inne. Damit einhergehend zeigt sich, dass im Leistungssport immer mehr der Handlungsimperativ des Gewinnens und der Leistungsüberbietung gilt. In diesem Sinne ist der Siegescode dann unendlich und wird nur durch das Prinzip der Fairness (Fair Play) eingeschränkt. Dazu bedarf es einem generellen Vertrauen aller Akteure im System Leistungssport. Hierzu zählen nicht nur die Athleten und deren Trainer und Betreuer, sondern im selben Maße auch deren Kontrolleure (z.B. Kampf- und Schiedsrichter). Das generelle Vertrauen ist sehr risikobehaftet und es bedarf einem außersystematischen Eingriff zur Stabilisierung, z.B. durch Staat und Medien. Das System Leistungssport unterhält intensive Beziehungen mit anderen gesellschaftlichen Teilsystemen. Dabei hat die Kommerzialisierung des Sports zu einer starken Verflechtung sowohl zwischen Sport und Medien als auch zwischen Sport und Wirtschaft geführt. Die Wirtschaftsunternehmen bedienen sich des Sports als Werbeträger unter anderem zum Imagetransfer aber auch zur Steigerung der Markenbekanntheit. Ermöglicht wird dies vor allem durch die Massenmedien. Eine medial ansprechende Sportart hat auch eine entsprechende Anziehungskraft auf Wirtschaftsunternehmen. Das gestiegene Interesse des Sports an medialer Wirksamkeit wird durch diverse Strukturanpassungen deutlich. Die Beziehung Sport und Staat begründet sich in der Repräsentation des Landes durch die Sportler und deren Leistungen bei internationalen Wettkämpfen und durch die Austragung dieser im eigenen Land. Die Verbindung Sport und Wissenschaft ist in Deutschland im „Wissenschaftlichen Verbundsystem Leistungssport“ zu sehen. Dieses System dient der Forschung und gleichzeitig dem Ergebnistransfer in den Sport zur Entwicklung sportlicher Leistungen. Im System Leistungssport unterscheidet man in Deutschland zwischen Verbänden und Vereinen, deren Spitzenorganisation der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) ist. Angepasst an das föderale System in Deutschland gibt es Verbände auf allen Ebenen und mit unterschiedlichen grundlegenden Aufgaben und damit einhergehend mit unterschiedlichen zentralen Einrichtungen wie Bundesleistungszentren oder Olympiastützpunkten zur Umsetzung. Auf die Vereine, insbesondere denen mit Profisportlern oder Abteilungen, kommen im Zuge der Globalisierung neue Probleme zu. Sie müssen sich sowohl lokal als auch global positionieren und sich hierfür Neu- oder Umstrukturieren. Für den Fortbestand des Systems Leistungssport bedarf es der regelmäßigen Rekrutierung neuer Leistungssportler, zumeist schon im Kindes- und Jugendalter. Hieraus ergibt sich für die Sportler ein hoher Anforderungsgrad der Übernahme von gesellschaftlichen und sportlichen Verpflichtungen. Man kann hier von einer Hyperinklusion in das Sportsystem sprechen, die durch strukturelle Anpassungen gemildert werden soll und sich im Sinne einer „Dualen Karriere“ äußert. Die Sportler stehen vor der Aufgabe sowohl die sportliche als auch die außersportliche Karriere gleichzeitig und im gleichen Maße zu planen. Da die sportliche Karriere zumeist nur eine zeitlich eng begrenzte ist kommt der Planung der nachsportlichen Zeit eine zentrale Aufgabe für Sportler und Sportverbände zu. Der Übergang von der sportlichen in die rein berufliche Karriere wird hierbei auch als kritisches Ereignis gesehen. (OSch)