Olympischer oder Faschistengruß? Einige Aspekte zur Geschichte des Einmarsches der Nationen bei den Olympischen Spielen zwischen den beiden Weltkriegen

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Lennartz, Karl
Erschienen in:Olympisch bewegt : Festschrift zum 60. Geburtstag von Prof. Dr. Manfred Lämmer
Veröffentlicht:Köln: 2003, 177-194, Lit.
Herausgeber:Deutsche Sporthochschule Köln / Institut für Sportgeschichte; Deutsche Sporthochschule Köln / Carl-und Liselott-Diem-Archiv
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200703000531
Quelle:BISp

Abstract

Seit den zweiten Olympischen Spielen in Athen 1906 ist der Einmarsch der Nationen fester Bestandteil des Olympischen Zeremoniells. 1920, bei den Olympischen Spielen in Antwerpen, zeigte die französische Mannschaft bei ihrem Einmarsch erstmals eine besondere Grußform, die sich in den nächsten Jahren als „olympischer Gruß“ etablieren sollte. Dabei wird der rechte Arm gestreckt nach oben gehalten. Auf diese Art grüßten sich die Soldaten der franzsischen Militärsportschule Joinville. Schon bei den nächsten Spielen 1924in Paris übernahmen einige Nationen, wie etwa Brasilien, Ungarn und die Tschechoslowakei, diese Grußform. Wegen der Ähnlichkeit zum deutschen Hitler-Gruß kam es bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin diesbezüglich zu einigen Missverständnissen. Der Olympia-Film Leni Riefenstahls mit seinen speziellen Kameraeinstellungen und einem Schnitt, der die Dramaturgie des realen Einmarsches komplett veränderte, tat ihr Übriges. So liefen im Film nach den Griechen zunächst einige „neutrale“ Nationen wie die Tschechoslowakei, Schweden, Großbritannien und Japan ein, dann die Fähnchen schwenkenden Amerikaner, anschließend die den Hitler-Gruß darbietenden Österreicher und als Vorletzte die Franzosen mit dem olympischen Gruß. Im Zwischenschnitt war immer wieder Hitler zu sehen, was zusammen mit der geschickten Kameraperspektive den Eindruck verstärkte, die Franzosen zeigten den deutschen Gruß. Den meisten deutschen Stadionbesuchern muss sich der gleiche Eindruck geboten haben, waren sie doch mit dem olympischen Gruß keineswegs vertraut. Als Höhepunkt folgte zum Abschluss der Einzug der deutschen Mannschaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der olympische Gruß wohl wegen seiner Ähnlichkeit zum Hitler-Gruß vom IOC verboten. (Amendt)