Der Ball ist rund und Tore lauern überall

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Bibliographische Detailangaben
Veröffentlicht:Wuppertal: Hammer (Verlag), 1997, 277 S., Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Monografie
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
ISBN:3872947656
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200405001519
Quelle:BISp

Abstract

Verf. - uruguayischer Intellektueller, Schriftsteller und Essayist - beschreibt was die Welt nicht nur seiner Meinung nach im innersten zusammenhält: "die heiße Luft im Ball". Sein Buch ist eine Huldigung an den Fußball, Verf. ist geradezu trunken von einzigartigen Spielern und Spielzügen, widmet sich in einer moralphilosophischen Attacke gegen die Einsamkeit des Torwarts ("Ohne die Torlinie verlassen zu dürfen, wartet er einsam zwischen den Pfosten auf seine Erschießung") und erklärt melancholisch die Bedeutung des Tores: "Das Tor ist der Orgasmus des Fußballs. Wie der Orgasmus, so wird auch das Tor in der modernen Gesellschaft immer seltener." Überall hin wendet Verf. in kurzen, überschaubaren Kapiteln seinen Blick. Der Fußballrowdy taucht ebenso auf wie das berühmte Wembley-Tor. Dem besonderen Verhältnis der lateinamerikanischen Generäle und der Macht überhaupt zum Fußball schenkt er sein Interesse genauso wie den Verdauungsstörungen, hervorgerufen durch eine besonders schlechte Fußballpartie. Keine Weltmeisterschaft lässt er aus und keinen der großen Ballartisten. Das Spiel ist für Verf. Allheilmittel gegen die Uniformierung der Gesellschaften und vielleicht ist der Fußball gerade deshalb "eines der wenigen Ereignisse, wo es ein wahres Leben im Falschen geben kann". Dabei spart Verf. nicht an Kritik für moderne Entwicklungen in einer von den Medien und Profitsucht zerfressenen Sportart: "Die Geschichte des Fußballs ist eine traurige Reise von der Lust zur Pflicht. In dem Maße, wie dieser Sport zur Industrie geworden ist, hat er immer mehr die Schönheit verbannt, die aus der reinen Freude am Spiel entsteht", schreibt Verf. gleich zu Beginn. Besonders reizvoll ist bei Verf. die Perspektive des Latinos, der uns endlich erklärt warum seine Landsmänner so gerne so böse Fouls begehen: "Im Fußball Uruguays ist die Gewalt Tochter der Dekadenz", sagt Verf. Die Reporter seines Landes nennen ein Foul gerne ein "Spiel mit starkem Bein" - und wer wollte schon ein Schwächling sein. Die trotz Pelé und Maradona noch immer vorwiegend eurozentristische Haltung gegenüber dem Fußball wird von Verf. konsequent durchbrochen, denn den besten Fußball spiele man ohnehin zwischen Rio und Buenos Aires. Daneben fällt der fußballverliebte Blick von Verf. auch einmal auf Deutschland. Uwe Seeler taucht auf (-"Uwe, Uwe" zu rufen, war die beste Art, "Deutschland, Deutschland" zu rufen-), Beckenbauer sowieso oder Gerd Müller ("Das Netz war wie der Brautschleier eines unwiderstehlichen Mädchens. Und da ließ er mit einem Schlag seine Maske fallen und biss zu"). Wenn sich Verf. den Großen der Fußballgeschichte widmet, dann wird er geradezu übermütig: "Charlton, Herr über die ganze linke Seite des Spielfelds, hinterließ die gesamte argentinische Abwehr zerpflückt wie eine Motte nach dem Schlag mit der Fliegenklatsche." Auch wenn oder gerade weil Verf. das Spiel in erster Linie aus uruguayischer Sicht schildert, eröffnen sich viele interessante, eher ungewöhnliche Ansichten zum Spiel. Schiffer (unter Verwendung wörtlicher Textpassagen)