Etablierung der Psychomotorik als Wissenschaftsdisziplin :psychomotorische Konzepte im Wandel

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Autor:Fischer, Klaus
Erschienen in:Mosaiksteine der Motologie
Veröffentlicht:Münster: Hofmann (Verlag), 2001, S. 74-85, Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Sammelwerksbeitrag
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU200205001515
Quelle:BISp

Abstract

Der Begriff Psychomotorik betont innerhalb der menschlichen Motorik den engen Zusammenhang von Wahrnehmen, Erleben, Erfahren und Handeln. Im Jahre 1976 wurde der Aktionskreis Psychomotorik als Initiator der psychomotorischen Idee gegründet. Zeitgleich gibt er die Zeitschrift Psychomotorik heraus. Außerdem häufen sich in diesem Zeitraum wissenschaftliche Publikationen zur Psychomotorik. Die Psychomotorik ist ein weites Feld, das sich beschreiben, nur schwer eingrenzen und nicht festlegen lässt. Es gibt verschiedene Richtungen, die vom Verf. vorgestellt werden. Der erklärende, linear-kausale Ansatz umfasst das Konzept der Psychomotorischen Übungsbehandlung von Kiphard sowie die sensorische Integrationstherapie von Ayres in der Weiterentwicklung von Brand, Breitenbach und Maisel, die Bewegung als Funktionsgeschehen betrachten. Hauptkriterien sind: Gewandtheit, Wohlkoordiniertheit, Rhythmik, Sicherheit, Tempo, Kraft, Ausdauer und Tonusregulation. Der handlungstheoretische Ansatz lässt sich entwicklungstheoretisch auf Piaget zurückführen und enthält lernpsychologische Regeln. Bewegung wird als Strukturierungsleistung und als ein wichtiger Teil der Handlungsfähigkeit betrachtet. Diese erkenntnisstrukturierende Perspektive ist insofern interessant, als sie dem Individuum die Rolle des Produzenten der eigenen Entwicklung zuschreibt. Die körperbezogene, subjektiv-emotionale Erlebnisqualität des Handelns betonende Sichtweise der kindlichen Entwicklung geht auf Erikson zurück. Dieser beschreibt die menschliche Entwicklung als Persönlichkeitsentwicklung mit dem Ziel der Bildung einer eigenen Identität. Der neue ökologisch-systemische Ansatz zielt auf eine Perspektivenerweiterung und erfordert ein Querdenken, da das Kind nicht länger individuumszentriert betrachtet wird, sondern im Zusammenhang mit seiner Umwelt. Zur Entwicklung braucht das Kind Sozialpartner sowie die Zeit und den Raum für gemeinsame Aktivität. Somit wird Bewegung zum sozialen und sozialräumlichen Phänomen. Bei einer vergleichenden Betrachtung fällt auf, dass alle Ansätze als oberstes Ziel die Förderung der Gesamtpersönlichkeit des Kindes betonen, allen liegt ein ganzheitliches Menschenbild zugrunde. Zudem gibt es gemeinsame Leitmotive, zu denen die Orientierung am Kind, an der kindlichen Entwicklung und an der kindlichen Lebenswelt gehören. Das Wissenschaftsgebiet der Motologie ist noch relativ jung. Für die Zukunft wird es wichtig sein, die Stellung der Mototherapie zwischen Therapie und Pädagogik wissenschaftlich klar zu begründen. --wei--