Zur Technologie der jungpalaeolithischen Speerschleuder - eine Studie auf der Basis archaeologischer, ethnologischer und experimenteller Erkenntnisse

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Bibliographische Detailangaben
Autor:Stodiek, Ulrich
Veröffentlicht:Tübingen: Archaeologica Venatoria Verl. (Verlag), 1993, 1993. VIII, 276 S., Anh., Lit., Lit.
Format: Literatur (SPOLIT)
Publikationstyp: Monografie
Medienart: Gedruckte Ressource
Sprache:Deutsch
ISBN:3921618363
Schriftenreihe:Tübinger Monographien zur Urgeschichte, Band 9
Schlagworte:
Online Zugang:
Erfassungsnummer:PU199912501575
Quelle:BISp

Abstract

Durch die nur bruchstueckhafte Ueberlieferung jungpalaeolithischer Speerschleudern und Speere war es bei der vorliegenden Intention, diese Waffe in vollstaendiger, funktionsfaehiger Weise zu rekonstruieren und Erkenntnisse ueber ihre praktische Handhabung und Wirkung zu erlangen, unerlaesslich, neben den archaeologischen Funden auch andere Informationsquellen (voelkerkundliches Vergleichsmaterial und Experimente) miteinzubeziehen. Der erste Teil der Arbeit (Kapitel 1 u. 2) beinhaltet eine weltweite Zusammenschau, bei der sowohl Speerschleudern und Speere aus ethnologischem Kontext wie auch archaeologische Funde ausserhalb des europaeischen Jungpalaeolithikums Beruecksichtigung fanden. Bei denen aus Teilen der Polarlaender, der USA, Mittel- und Suedamerikas, Australiens, Melanesiens und Mikronesiens stammenden Speerschleudern liessen sich hinsichtlich des Speerauflagesystems drei verschiedene Typen (Hakenschleuder, Muldenschleuder, Haken/Mulden-Schleuder) unterscheiden. Wie im Falle der jungpalaeolithischen Exemplare, so dominierten auch hier die Hakenschleudern, bei denen es sich in weiterer Uebereinstimmung zu einem grossen Teil um Kompositausfuehrungen mit separatem Funktionsende aus in der Regel sehr widerstandsfaehigem Material (Knochen, Zahn- und Elfenbein, Geweih, Stein, Muschelschalen, Kupfer, Hartholz) handelte. Sehr haeufig sind spezielle Massnahmen fuer ein sicheres Greifen getroffen worden, wobei verschiedene technische Loesungen zur Anwendung kamen (komplett-ergonomische Gestaltung, Fingerloecher, -buchten, -schlaufen und -rasten, Griffbegrenzungen, Umwicklungen). Die Laengenbandbreite vollstaendiger Gebrauchsspeerschleudern - daneben liessen sich auch Luxus-, Zeremonial- sowie Kinderausfuehrungen belegen - reichte von 33 cm (Eskimo) bis 120 cm (Neu-Guinea). Unter Beruecksichtigung aller Werte ergab sich rechnerisch ein Mittel von 61,3 cm. Die Masse der zugehoerigen Wurfgeschosse umfassten eine erstaunlich grosse Bandbreite. Die kuerzesten Exemplare fanden sich bei den Eskimos (leichte Harpunen: Minimalwert = 105 cm, durchschnittliche Laenge = 124 cm), die laengsten in Australien (Maximalwert = 330-340 cm, durchschnittliche Laenge = 250 cm). Die notwendige Flugstabilisierung der Speere ist durch zwei konstruktionstechnische Massnahmen erreicht worden: 1. Anbringen einer Befiederung; 2. Verlagerung des Schwerpunktes in den Bereich des vorderen Drittels durch Verwendung unterschiedlich schwerer Schaftmaterialien. Meist hat man fuer die Speerschaefte oertlich vorkommendes Material verwendet. Schilf- und Bambusrohr wurden bei Verfuegbarkeit stets bevorzugt, in Australien ist letzteres sogar ueber mehrere hundert Kilometer verhandelt worden. Auf dem Fuenften Kontinent, ueber den in dieser Hinsicht weltweit die meisten Informationen vorliegen, sind daneben auch noch Wurzeln und Schoesslinge sowie duenne Staemme verschiedener Baum- und Straucharten verarbeitet worden. Zu dicke Ausgangsstuecke wurden in Laengsrichtung aufgespalten, natuerliche Kruemmungen durch Geradebiegen nach Erwaermen der entsprechenden Stelle in heisser Asche beseitigt. Die Speerschleuder ist sowohl als Jagd- wie auch als Kriegswaffe eingesetzt worden. Bei der zuerst genannten Verwendung umfasste das Beutespektrum Seesaeuger (Eskimo), Fische (Australien, Neu-Guinea), Wasservoegel (Eskimo, Mexiko, Neu-Guinea), Laufvoegel (Australien), sowie Landsaeugetiere (praekolumbianische Kulturen Suedamerikas, Australien, Neu-Guinea). Wie entsprechende Angaben zu durchschnittlichen Jagddistanzen, die sich ausnahmslos auf Australien beziehen, zeigen, scheint der Kernbereich fuer erfolgversprechende Wuerfe zwischen 10 m und 30 m gelegen zu haben. Der zweite thematische Teil (Kapitel 3 u. 5) behandelt unter jeweils verschiedenen Gesichtspunkten die jungpalaeolithischen Nachweise von Speerschleudern und zugehoerigen Speeren. Der dritte Teil der Arbeit beschaeftigt sich mit Rekonstruktionen von jungpalaeolithischen Speerschleudem (Kapitel 4) und Speeren (Kapitel 6) sowie verschiedenen damit durchgefuehrten praktischen Versuchen (Kapitel 7-9). Verf.-Referat (gekuerzt)