Online-Hass im Leistungssport: Merkmale, Erfahrungen und Bewältigungsstrategien

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Nölleke, Daniel (Deutsche Sporthochschule Köln / Institut für Kommunikations- und Medienforschung, Tel.: 0221 4982-6105, d.noelleke at dshs-koeln.de)
Forschungseinrichtung:Deutsche Sporthochschule Köln / Institut für Kommunikations- und Medienforschung
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 070906/24-26)
Kooperationspartner:Athleten Deutschland; Landessportbund Nordrhein-Westfalen; Deutscher Turner-Bund ; Deutsche Eisschnelllauf- und Shorttrack-Gemeinschaft; Deutscher Volleyball-Verband ; Deutscher Ruderverband
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:05/2024 - 04/2026
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020240400084
Quelle:profi - Projektinformationssystem

Ziel

Das Projekt erweitert das Wissen über die Strukturen sowie die direkten und indirekten Wirkungen von digitalen Anfeindungen gegen Sportakteur:innen. Aufbauend auf bisheriger Forschung zu geschlechtsspezifischen Erfahrungen mit Online-Hass nimmt es weibliche Sportlerinnen besonders in den Blick. Das Projekt liefert damit eine Grundlage, um zielgerichtet Strategien für den Umgang mit digitaler Gewalt im Leistungssport zu entwickeln und insbesondere weibliche Nachwuchsathletinnen für das Problem zu sensibilisieren.
Methodisch kombiniert es eine qualitative Inhaltsanalyse von Social-Media-Inhalten (X, Instagram und TikTok) und Fanforen zu sportlichen Großereignissen im Sommer 2024 und Winter 2024/2025 (AP1) mit Leitfadeninterviews mit Spitzensportler:innen (AP2). Flankiert werden die Befragungen zu den Primärerfahrungen von Sportler:innen in ihrem Umgang mit Social Media durch Leitfadeninterviews mit Trainer:innen, Sportdirektor:innen und sportartenübergreifenden Expert:innen. Auf Basis der Ergebnisse von Inhaltsanalyse und den insgesamt 55 Leitfadeninterviews werden Athlet:innen mittels (AP3) standardisierter Befragung in der Breite zu ihren Erfahrung und ihrem Umgang mit Online-Hass befragt. Der Zugang zu Sportakteur:innen sowie die nachhaltige Implementierung der Projektergebnisse im Spitzensport werden durch Kooperationen mit Athleten Deutschland e.V. sowie mit den Spitzenverbänden Deutscher Turner-Bund e.V., Deutsche Eisschnelllauf- und Shorttrack-Gemeinschaft e.V., Deutscher Volleyball-Verband e.V. und Deutscher Ruderverband e.V. gewährleistet. Die Erkenntnisse werden auch in Kooperation mit dem Landessportbund NRW in Schulungen mit Nachwuchsportler:innen, in Informationsbroschüren sowie einer interaktiven Website zum Self Assessment bei Erfahrungen mit Anfeindungen im Internet umgesetzt. Darüber hinaus soll anhand der Projektergebnisse der Grundstein gelegt werden, um im Spitzensport eine Anlaufstelle zur Beratung beim Erfahren von Online-Hass zu etablieren.

Planung

Das Projekt gliedert sich in vier miteinander verzahnte Arbeitspakete (AP). AP1, AP2 und AP3 dienen dazu, die Forschungsfragen nach der Struktur von und dem Umgang mit Online-Hass empirisch zu beantworten. In AP4 werden auf Basis einer Synthese der Forschungsergebnisse Maßnahmen des Praxistransfers vorbereitet.
AP1 umfasst eine qualitative Inhaltsanalyse von Online-Postings auf den Social-Media-Kanälen X, Instagram und TikTok sowie in Fanforen. Während der Austragung von Sportgroßveranstaltungen werden Muster in (auch visuellen) Hasskommentaren identifiziert und Diskursstrukturen im entsprechenden Kommentarkorpus analysiert. Das Wissen um die Muster von Online-Hass im Sportkontext findet Eingang in AP2 und AP3, die die Erfahrungen von Sportakteur:innen fokussieren. Um zu identifizieren, welche direkten und indirekten Erfahrungen Sportler:innen mit Online-Hass gemacht haben und welche Konsequenzen sie daraus ziehen, werden sie in AP2 in Leitfadeninterviews befragt. Neben 42 Interviews mit Sportler:innen aus Individual- und Mannschaftssport sowie Sommer- und Wintersport (mehrheitlich weibliche Athletinnen) umfasst AP2 auch leitfadengestützte Gespräche mit 10 erfahrenen Trainer:innen sowie 3 sportartenübergreifenden Expert:innen. AP3 erhebt schließlich der Relevanz von Online-Hass gegen Athlet:innen in der Breite. Über eine standardisierte Online-Befragung von Leistungssportler:innen (Sample: Mitglieder von Athleten Deutschland e.V.) wird erhoben, wie oft sie selbst Opfer von Online-Hass werden, über welche Kanäle sie Anfeindungen erreichen, wie stark sie dies belastet und wie sie darauf reagieren. AP4 führt die Erkenntnisse der empirischen Arbeitspakete zusammen und bereitet Formate für den Praxistransfer vor. Bestandteil davon ist zum einen ein Workshop mit Vertreter:innen etablierter Anlaufstellen für Opfer von Online-Hass, zum anderen die Erstellung eines Fragebogens, der Athlet:innen ein Self-Assessment ihrer Erfahrungen mit Online-Hass ermöglicht.

Ergebnisse

Ziel des Projektes ist es, anhand der wissenschaftlichen Erkenntnisse die individuelle Reflexion und Bewältigung von Erfahrungen mit Online-Hass durch Spitzensportler:innen zu ermöglichen sowie die Schaffung von professionellen Unterstützungsstrukturen im Sport zu initiieren. Dieses Ziel wird durch eine Kombination von Maßnahmen erreicht, die eine nachhaltige Implementierung der Erkenntnisse erlauben. Basis dafür ist neben den Ergebnissen der empirischen Arbeit ein Workshop mit Vertreter:innen bereits etablierter Anlaufstellen für Opfer von Hate Speech. Deren Expertise legt in Kombination mit den empirisch erhobenen Spezifika den Grundstein für eine Unterstützungsstruktur zum Umgang mit digitalen Anfeindungen im Sport. Die Expertise bereits etablierter Anlaufstellen fließt zudem in Formate ein, in denen die Projektergebnisse für die Zielgruppe der Sportakteur:innen aufbereitet werden: (1) eine interaktive Website, die einen Fragebogen zum Self Assessment umfasst und Sportakteur:innen erlaubt, individuelle Erfahrungen zu reflektieren, zu kontextualisieren und (anhand von Best-Practice-Beispielen) zu bewältigen; (2) digitale Booklets, die auf Basis der theoretischen Vorarbeit sowie der empirischen Arbeitspakete über Formen von Online-Hass, dessen Relevanz und potenzielle Bewältigungsstrategien informieren; (3) Workshops mit weiblichen Nachwuchsathletinnen, in denen diese Inhalte interaktiv und diskursiv aufbereitet werden. Zudem werden Ergebnisse insbesondere zu gewünschten Unterstützungsstrukturen bei Spitzenverbänden präsentiert. Zur Sensibilisierung einer größeren Öffentlichkeit wird das Projekt durch eine professionelle Medienarbeit flankiert.
Wissenschaftlich knüpft das Projekt an Forschung zu inzivilem Verhalten (gegenüber Frauen) in digitalen Medien an. Die Projektergebnisse schließen somit zahleiche Forschungslücken und werden daher in (vor allem) kommunikationswissenschaftlichen Fachzeitschriften publiziert und auf internationalen Fachtagungen präsentiert.