Evaluation von Trainingsinterventionen zur Verbesserung der lokalen Kraftausdauer im Sportklettern anhand der Nah-Infrarot-Spektroskopie (NIRS)

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Augste, Claudia (Universität Augsburg / Institut für Sportwissenschaft, Tel.: 0821 598-2814, claudia.augste at sport.uni-augsburg.de)
Forschungseinrichtung:Universität Augsburg / Institut für Sportwissenschaft
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 070705/20-21)
Kooperationspartner:Deutscher Alpenverein
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:01/2020 - 12/2021
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020190900081
Quelle:profi - Projektinformationssystem

Ziel

Das primäre Ziel des Projekts ist es, geeignete Trainingsinterventionen und Wettkampfstrategien zur Verbesserung der kletterspezifischen lokalen Kraftausdauer (kleloKA) herauszuarbeiten. Die Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) stellt ein neuartiges Messverfahren dar, mit dem Beanspruchungsparameter in der Muskulatur noninvasiv erfasst werden können. Mithilfe dieses Verfahrens werden innerhalb des Projekts kletterspezifische NIRS-Parameter beim Leadklettern an der Wettkampfwand ermittelt. Im Anschluss werden Trainingsinterventionen zur Verbesserung dieser Parameter und einer Steigerung der kleloKA entwickelt und evaluiert. Die wirksamste Methode wird im weiteren Projektverlauf in das Training der Nationalkader-Athleten integriert. Zudem wird anhand der NIRS-Parameter das wettkampfspezifische optimale Verhalten an Schüttelpositionen individuell für jeden Nationalkaderathleten ermittelt, um so eine perfekte taktische Einteilung der Wettkampfroute zu ermöglichen. Somit liefert das Projekt Erkenntnisse zur Messung von Parametern der kleloKA sowie zu wirksamen Methoden zur Steigerung dieser im Wettkampfklettern. Ein Transfer vom Klettern zu anderen Sportarten, in denen lokale Kraftausdauer ein leistungsbestimmender Faktor ist, wird erwartet.

Planung

Dieses Ziel wird in drei Arbeitspaketen erreicht. Im ersten Arbeitspaket wird im Sinne der technologischen Anwendungsforschung ein valides objektives Messverfahren für die kleloKA der Fingerflexoren entwickelt, das in Trainingswettkämpfen eingesetzt werden kann. Im zweiten Arbeitspaket werden im Sinne der sportartspezifischen Anwendungsforschung zwei alternative Trainingsmethoden zur Verbesserung der kleloKA gegeneinander getestet. Das dritte Arbeitspaket besteht darin, die in Arbeitspaket 2 gewonnenen Erkenntnisse individuell in das Training der Leistungskader im Sportklettern zu integrieren und das vorhandene kleloKA-Potenzial strategisch optimal im Wettkampf zu nutzen. Den Abschluss des Projekts bildet das Erstellen des Projektberichts.

Ergebnisse

Die Ergebnisse des Projekts können sowohl im trainingswissenschaftlichen als auch im sportpraktischen Bereich genutzt werden. Für die Trainingswissenschaft sind vor allem die Erkenntnisse zum Nachweis wirksamer Trainingsinterventionen zur Reduzierung der lokalen Ermüdung und Verbesserung der Regenerationsfähigkeit von Bedeutung. Für den Spitzensport im Klettern werden spezifische individuelle Trainingskonzepte zur Verfügung gestellt. Von Trainingswissenschaftlern aus belastungsähnlichen Sportarten können die Erkenntnisse zum Einsatz der Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) in der Leistungsdiagnostik und bei der Trainingsoptimierung genutzt werden.

(Zwischen)Ergebnisse

Ein zentrales Ergebnis des Forschungsprojektes ist die Identifikation der NIRS-Parameter, welche zum einen die Kraftausdauer am Fingerboard vorhersagen und zum anderen Aufschluss über die muskuläre Ermüdung geben. Während in bisherigen Studien lediglich einzelne Parameter analysiert wurden, ermöglicht die umfassende Analyse detaillierte Einblicke in die Prozesse der muskulären Energiebereitstellung und Ermüdung. Als Beispiel sei die Akkumulation der HHb-Konzentration während des Kletterns einer Wettkampfroute zu nennen, wie sie bei inkrementellen Belastungen zu beobachten ist. Diese zeigte bereits von Anfang an einen steilen Anstieg, was darauf hindeutet, dass bereits die ersten Züge Anstrengungen mit moderaten Intensitäten erforderten. Demzufolge zeigte auch der paarweise Vergleich signifikant gestiegene Konzentrationen zwischen dem Intervall vor Absturz und allen vorherigen Intervallen. Somit eignet sich die Bestimmung des Verlaufs der HHb-Konzentration ideal für eine differenzierte Diagnostik der Kraftausdauerleistung. In zukünftigen Studien zum Klettern von Wettkampfrouten könnten durch eine Optimierung des Testprotokolls Wendepunkte im Kurvenverlauf identifiziert werden und mit anderen Diagnoseparametern wie Ventilations- und Muskellaktatschwellen in Verbindung gebracht werden. Bezüglich des Vergleiches der Trainingsmethoden können sowohl die herkömmliche intermittierende Fingerboard(IFB)-Methode als auch die BFR-Methode für das kletterspezifische Training empfohlen werden, da beide sehr effektiv bei der Verbesserung der Fingerkraftausdauer waren. Der Vorteil der IFB-Methode ist, dass neben der Kraftausdauer auch die maximale Fingerkraft verbessert wurde. Allerdings ist die Trainingsbelastung für die Finger bei dieser Methode höher. Gerade beim Klettern sind Verletzungen an den Fingern weitverbreitet. Um solchen Verletzungen vorzubeugen, wäre ein Training unter BFR aus präventiver Sicht eine gute Alternative, da die Belastungsintensität deutlich geringer ist und der Trainingseffekt im Sinne einer Steigerung der Fingerkraftausdauer ebenso groß ist. Dies gilt in gleicher Weise für den Rehabilitationsprozess nach einer Verletzung. Ein weiterer Vorteil des BFR-Trainings im Spitzenklettern könnte darin liegen, dass aufgrund der geringeren Muskelschädigung die Erholungszeiten verkürzt werden und somit die Trainingshäufigkeit erhöht werden kann. Ein Nachteil der BFR-Methode ist, dass das Bandagieren der Gliedmaßen subjektiv oft als unangenehm empfunden wird, was auch von einigen Athleten in unserer Studie geäußert wurde. Daher sollten die Sportler gemeinsam mit ihren Trainern überlegen, welche Trainingsmethode für ihre individuelle Situation optimalerweise gewählt werden sollte.