Entwickeln einer digitalen Prozesskette für das Anfertigen von Monoski-Sitzschalen auf Basis von 3D-Scan und 3D-Druck

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Niedenzu, Lukas (Deutscher Behindertensportverband, Tel.: 02234 6000-214, niedenzu at dbs-npc.de)
Mitarbeiter:Goll, Maren (Technische Universität München, maren.goll at tum.de)
Kooperationspartner des Projekts:Frühschütz, Hannes (Phoenix , hfruehschuetz at phoenix-innovation.de)
Forschungseinrichtung:Deutscher Behindertensportverband ; Technische Universität München
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 072103/18-19)
Kooperationspartner:Phoenix <München>
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:11/2018 - 12/2019
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020190100012
Quelle:Projektmeldung

Ziel

Ziel des Innovationsprojektes ist, einen digitalen Fertigungsprozess für das Anfertigen von Monoski-Sitzschalen auf Basis von 3D-Scan und 3D-Druck zu entwickeln, der verlässlich eine reproduzierbare Qualität gewährt.
Im ersten Schritt soll ein reproduzierbares Verfahren entwickelt werden, um eine von der Vorlage abweichende Ersatzschale so anzupassen, dass sie den Athleten möglichst gleiche Fahreigenschaften bietet, wie die Ursprungsschale. Dazu werden die Formen beider Schalen mit einem 3D-Scanner digitalisiert. Mit den so gewonnenen Daten wird anschließend die Geometrie der Innenflächen analysiert, um die optimale Passform zu gewährleisten. Die Analyse der Lage der Sitzfläche in Bezug zur Schnittstelle des Monoskis ermöglicht die Sitzposition genau zu bestimmen.
Ziel ist es die Ersatzschale quantitativ so zu verformen, dass die Passform mit der alten Schale übereinstimmt und gegebenenfalls eine Adapterplatte zu bauen (3D-Druck), die die ursprüngliche relative Position der Athletin zum Monoski wiederherstellt.
Im zweiten Schritt soll eine Prozesskette entwickelt werden, die Analysen und Hilfswerkstücke in Form von Schablonen, Positionierelementen & Adapterplatte für die klassische orthopädietechnische Fertigung bereitstellt. Damit soll ein Orthopädie-Fachgeschäft zukünftige in der Lage sein, den Athleten reproduzierbare Ersatzschalen herzustellen, ohne dafür mehrere Versuche zu benötigen. Bisher kostet das Anfertigen aufgrund des großen Arbeitsaufwands circa 6.000,00 Euro.
Der dritte Teil des Innovationsprojektes prüft, ob neue Fertigungstechnologien das klassische Tiefziehverfahren ablösen können. Denkbar wäre etwa eine Kombination aus einem FFF-3D-Druck und dem Carbon-Laminieren. Wenn es gelingt, mit dieser Kombination Sitzschalen zu fertigen, eröffnet das weitere Optimierungspotenziale. So könnte eine Analyse der individuellen Belastung das Design der Schale beeinflussen, indem besonders beanspruchte Bereiche verstärkt werden. Durch die werkzeuglose Fertigung ist dieses Verfahren sehr effizient, bietet den Vorteil der geometrischen Freiheit und eröffnet neue Gestaltungsmöglichkeiten, unter anderem für den Leichtbau.

Planung

AP 1: Digitalisierung der optimalen Schale
Ziel: Erzeugen eines digitalen Abbilds der funktionalen Schale.
- Komponentenweiser 3D-Scan von Hartschale und Polsterung mit handgeführtem Strukturlichtscanner EVA (Artec 3D, Luxemburg – Auflösung: 0,5 mm, Genauigkeit: 0,1 mm)
- Nachbearbeitung der Scandaten (Artec Studio + Geomagic Wrap
Ergebnis: 3D-Daten der Sitzschalenkomponenten im STL-Format.
AP 2: Anpassung und Optimierung einer bestehenden Sitzschale
Ziel: Reproduktion von Passform und Sitzposition bei einer fertigen Sitzschale.
- Komponentenweiser 3D-Scan der bestehenden, nicht-funktionalen Sitzschale
- Datenaufbereitung
- Digitaler Geometrieabgleich von funktionaler und nicht-funktionaler Schale in Geomagic Wrap bezüglich der Flächenabstände und Lagewinkel
- Konstruktion und Fertigung notwendiger Hilfsmittel wie Formschablonen für die Thermoverformung, Adapterelemente, Abstandslehren zur Korrektur von Passform und Sitzposition
- Korrektur der Sitzschale
Ergebnis: Auswertung und grafische Darstellung des 3D-Geometrievergleichs mit Ableitung der Korrekturmaßnahmen und angepasste Sitzschale mit reproduzierter Passform und Sitzposition.
AP 3.1: Neuanfertigen einer Sitzschale mit bestehenden Fertigungsverfahren
Ziel: Sitzschale über Formnegativ
- Erstellen der Daten eines digitalen 3D-Negativs der Hartschaleninnengeometrie (Geomagic Wrap)
- Datengesteuerte Fertigung einer Form für das Fertigen der Hartschale mit Thermotiefziehen
- Fertigen eines Adapters für die exakte Sitzposition mit 3D-Druck
- Identifizieren von Lösungsansätzen zur reproduzierbaren Fertigung der Innenpolsterung
Ergebnis: Eine im gängigen Fertigungsverfahren Thermotiefziehen neu gefertigte Sitzschale und reproduzierbare Polster.
AP 3.2: Anfertigen einer neuen Sitzschale, etwa mit 3D-Druck und Carbon-Laminieren (Proof of Concept)
Ziel: Prototyp
- Funktionsanalyse Sitzschale
- Recherche Werkstoffe und Fertigungstechnologien
- Bau von Testkörpern aus unterschiedlichen Kombinationen von Fertigungsverfahren und Werkstoffe
- Test von 3D-Druck-Elementen zur Formgebung der Sitzschale
- Test zur Verstärkung einer 3D-gedruckten Schale mit Carbon zur Vergrößerung der mechanischen Belastbarkeit
Ergebnis: Eine neugefertigte Sitzschale auf Basis einer Kombination neuer Fertigungstechnologien und Werkstoffen mit reproduzierter Passform und Sitzposition.
AP 4: Validieren der Sitzschalen
Ziel: Quantitative und qualitative Bewertung der erzeugten Sitzschalen im Vergleich mit der optimalen Sitzschale
- Evaluation im Labor
- 3D-Scan und Datenaufbereitung der gefertigten Sitzschalen
- 3D-Analyse eventueller Geometrieunterschiede (Geomagic Wrap) zur Bestimmung von
Fertigungs-Ungenauigkeiten
- Bestimmung und Vergleich des Kraft-Angriffspunkt der verschieden Schalen mit einer
Kraftmessplatte, die für Ski alpin angepasst ist (Bestehende Anfertigung FES)
- Testfahrten im Feld
- Subjektive Bewertung der Übereinstimmung von bestehender und reproduzierter
Sitzschale bezogen auf Passform, Sitzposition und Fahrverhalten mit einem Fragebogen
Ergebnis: Beurteilung der erarbeiteten Ansätze und digitalen Technologien in Bezug auf deren Potenzial, in Passform, Sitzposition und Fahrverhalten reproduzierbare Sitzschalen herzustellen.

Ergebnisse

Nachhaltigkeitssicherung wird gewährleistet durch ein Transferkonzept in die Praxis: Orthopädietechnische Betriebe erhalten Zugriff auf die CAD-Daten oder anderweitige Möglichkeiten zur genauen Replikation, um diese im Rahmen ihres Handwerks zu nutzen.
Weiteres Transferpotenzial besteht für zwei weitere Punkte:
1. Sportartübergreifend
Die Digitalisierung der Sitzschalenform liefert die Datengrundlage für Reproduktionen aller Art mit gängigen Fertigungsverfahren und unterstützt damit die Orthopädietechnik. Das Verfahren kann Bedarf in anderen Sportarten angewendet werden, in denen eine Sitzschale die Verbindung zwischen Mensch und Sportgerät ist – zum Beispiel Para Ski nordisch oder Rollstuhlschnellfahren.
2. Ausblick
Nach erfolgreicher Anfertigung eines Schalenprototyps ist darüber hinaus denkbar, in weiteren Schritten die individuellen Körperformen der Aktiven zu scannen, um auf Basis der so gewonnenen Daten passende Sitzschalen direkt mit dem 3D-Druck herzustellen.