Förderung sprachlicher Kompetenzen von Kindern durch bewegungsorientierte Maßnahmen

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Zimmer, Renate (Niedersächsisches Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung e.V. / Forschungsstelle Bewegung und Psychomotorik, Tel.: 0541 9694295, renate.zimmer at uos.de)
Mitarbeiter:Madeira Firmino, Nadine; Huser, Carmen; Menke, Ricarda; Ruploh, Brigitte
Forschungseinrichtung:Niedersächsisches Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung e.V. / Forschungsstelle Bewegung und Psychomotorik
Finanzierung:nifbe - Forschungstelle Bewegung und Psychomotorik Osnabrück
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:01/2010 - 12/2011
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020130600131
Quelle:Projektmeldung

Zusammenfassung

I. Ziele des Projektes: Das durchgeführte Forschungsprojekt sollte einen Beitrag leisten zu der Frage, wie die Sprachentwicklung von Kindern im Kindergartenalltag unterstützt werden und welche Bedeutung hierbei bewe¬gungsorientierten Maßnahmen zukommen kann. Kinder erschließen sich ihre Umwelt über ihren Körper und ihre Sinne. Indem sie vom ersten Tag ihres Lebens an selbst tätig werden, gewinnen sie Erfahrungen, die ihnen ein zunehmendes Wissen über sich selbst, über ihre Mitmenschen und über die dinglich-räumliche Umwelt ermöglichen. Auch der Spracherwerb ist ein Lernprozess, der durch die aktive Auseinandersetzung des Kindes mit seiner materialen und sozialen Umwelt geprägt ist (vgl. Zimmer, 2010). Dem isolierten Training einzelner Sprachfunktionen - wie es derzeit Charakteristikum vieler Sprachförderkonzepte ist - wurde ein in den Alltag integriertes, von der Körperlichkeit des Kindes ausgehendes Konzept der Sprachförderung entgegengesetzt. Die zentralen Fragestellungen im Projekt waren folgende: 1.Können die Rahmenbedingungen der Bewegungsangebote so gestaltet werden, dass damit Sprechanlässe geschaffen werden, die sich förderlich auf die Sprachentwicklung auswirken? 2. Welche sprachlichen Kompetenzen (Bereiche: Wortschatz, Prosodie, Phonologie Syntax, Mor-phologie, Pragmatik) können im Kontext von Bewegungsaktivitäten besonders gefördert werden? 3. Lässt sich das Sprachvorbild der pädagogischen Fachkräfte durch eine Reflexion des Sprachanregungspotenzials von Bewegungssituationen im positiven Sinne verändern? Mit Hilfe einer quasi-experimentellen Längsschnittuntersuchung als Interventionsstudie mit Prä-post-Kontrollgruppen-Design wurden im vorliegenden Projekt die ersten beiden Fragestellungen untersucht. Nennenswerte Veränderungen bezüglich der Zielsetzungen sind während des Projektverlaufes nicht aufgetreten. Die konkreten Abweichungen werden im Kapitel 2b genauer diskutiert.
Im Rahmen der Untersuchung wurden zwei Hauptstränge verfolgt. Es ging zum einen um die Analyse und differenzierte Betrachtung von Bewegungssituationen als Anlass zur Kommunikation und Interaktion sowie zum konkreten Sprechen als Aspekte der Sprachförderung und -bildung. Zum anderen wurde ein bewegungsorientiertes Sprachförderkonzept implementiert und seine Wirksamkeit evaluiert. Anliegen dieser Studie war es demnach, die Sprachentwicklung aller Kinder durch bewegungsorientierte Angebote zu fördern und diese Förderung auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Bei der Konzeption und Durchführung des Projekts wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass pädagogische Fachkräfte maßgeblich in die Intervention eingebunden wurden (Gegenstromprinzip): Die Bausteine zur Förderung der Sprachentwicklung, die auf Grundlage früherer Forschungsarbeiten entwickelt worden waren, konnten im Dialog mit den pädagogischen Fachkräften erprobt werden und wurden unter Berücksichtigung ihrer Wünsche und Anregungen modifiziert, um sie den jeweiligen Alltagsbedingungen der Einrichtungen anzupassen. II. Projektaufbau und Umsetzung
An dem Projekt nahmen 47 Kindergärten und Krippen aus der Stadt und dem Landkreis Osnabrück teil. Diese wurden in vier Projektgruppen nach Themenschwerpunkten eingeteilt. Die ersten beiden Projektgruppen setzen sich aus Regelgruppen mit Kindern im Alter von 3-6 Jahren zusammen, die dritte Gruppe konzentriert sich auf die Arbeit in Krippen und in der vierten Projektgruppe finden sich Einrichtungen mit einem besonders hohen Migrantenanteil. Die hier vorgestellten Ergebnisse entstammen der ersten Projektgruppe (Hauptprojekt), in der das im Projektantrag vorgestellte Untersuchungsvorhaben durchgeführt wurde. Die Untersuchungsdesigns für die übrigen Projektgruppen wurden adäquat modifiziert; die Ergebnisse dieser Teilprojekte sollen andernorts berichtet werden (Abschlussberichte i. Vorb.). In den 20 Kindergärten des Hauptprojekts wurden sprachlicher sowie motorischer Entwicklungsstand der Kinder anhand standardisierter Testverfahren jeweils in Kontroll- und Versuchsgruppe vor und nach dem 8-monatigen Interventionszeitraum erhoben. Die teilnehmenden 393 Kinder waren zum ersten Messzeitpunkt 4;0 bis 4;11 Jahre alt. Es liegen abschließend vollständige Datensätze von 167 Kindern vor. Einschlusskriterien für diesen Datenpool waren, dass die Kinder Deutsch als Erstsprache sprachen, dass bei ihnen keine diagnostizierte Sprachentwicklungsstörung vorlag, dass die Kinder im Untersuchungszeitraum nicht an zusätzlichen logopädischen oder kitainternen Sprachförderungen teilgenommen hatten (um einen unkontrollierbaren Einfluss auf die Interventionseffekte zu vermeiden) und dass für sie sozio-demographische Angaben gemacht worden waren. Die Stichprobe setzt sich abschließend zusammen aus 86 Mädchen (51,5%) und 81 Jungen (48,5%).
Unabhängige Variablen sind die beiden Messzeitpunkte (t1 und t2) und die Zugehörigkeit zu einer Untersuchungsbedingung (Interventions- oder Kontrollbedingung). Die Kriterien für die Auswahl der Einrichtungen bezogen sich auf ihre Vergleichbarkeit hinsichtlich der Gruppengröße, Anzahl der teilnehmenden pädagogischen Fachkräfte und Lage der Einrichtung. Die Partizipation an dem Projekt erfolgte jeweils in zwei Kindergruppen der Einrichtung (als Interventions- und Kontrollgruppe), um jeweils gleiche Voraussetzungen und Bedingungen in Interventions- und Kontrollgruppe zu gewährleisten. An der Förderung nahmen alle Kinder der jeweiligen Interventionsgruppe teil. Die Kontrollgruppe stellte eine Wartegruppe dar, den pädagogischen Fachkräften dieser Gruppe wurden nach der Posttestung alle Projektmaterialien zur Verfügung gestellt. Im Zeitraum von März 2010 bis November 2010 fanden für alle Projektgruppen monatliche Fortbildungseinheiten für die teilnehmenden pädagogischen Fachkräfte statt. In diesen Einheiten erhielten die Erzieherinnen Anregungen, die dazu beitragen sollten, das sprachfördernde Potenzial in Bewegungsanlässen entdecken und aufbereiten zu können, entsprechende Angebote und Spielideen für die Kinder in den Alltag integrieren und sich selber im täglichen Umgang mit den Kindern sprachförderlich verhalten zu können.

(Zwischen)Ergebnisse

Die Wirksamkeitsprüfung der Intervention bezieht sich auf die Erfassung kontextbezogener Sprachkompetenzen, die von den pädagogischen Fachkräften mit Hilfe der „Sprachentwicklung und Literacy bei deutschsprachig aufwachsenden Kindern“ (seldak; Ulich & Mayr, 2006) dokumentiert wurden. Skaleninterkorrelationen zwischen seldak und SETK 3-5, welcher eher kontextfeie Komponenten erfasst, wurden berechnet. Insgesamt lässt sich das Korrelationsmuster im Sinne einer erfolgreichen Konstruktvalidierung beider Instrumente interpretieren (konvergente Validität). Die relativ geringe Größenordnung der Korrelationen (rsp = .18 bis .43) in 13 von 45 möglichen Skalenkombinationen bestätigt gleichzeitig unsere Erwartung, dass beide Verfahren sich durchaus unterscheiden (subjektives Fremdurteil/Expertenurteil vs. standardisierte Aufgaben; Erfassung von zusätzlichen Selbstkompetenzen vs. kontextungebundenen Sprachkompetenzen). Für die lediglich zu Kontrollzwecken eingesetzten Untersuchungsverfahren SETK 3-5 und MOT 4-6 zeigen sich erwartungsgemäß keine signifikanten Interventionseffekte.