Spielanalyse und Talentdiagnostik im Leistungs- und Nachwuchsfußball

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Memmert, Daniel (Universität Heidelberg / Institut für Sport und Sportwissenschaft, Tel.: 06221 544340, Daniel.Memmert at issw.uni-heidelberg.de)
Forschungseinrichtung:Universität Heidelberg / Institut für Sport und Sportwissenschaft
Finanzierung:Deutscher Fußball-Bund ; TSG Hoffenheim
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:03/2004 - 07/2006
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020050500255
Quelle:Jahreserhebung

Zusammenfassung

Das ISSW führt im Auftrag des Deutschen Fußballbunds (DFB) sowie der TSG Hoffenheim Spielanalysen durch. Beim DFB werden individualtaktisch ausgerichtete Spieltestsituationen zur Talentauswahl eingesetzt, Kreativität und Spielintelligenz diagnostiziert. Beim Fußball-Regionalligisten werden gruppen- und mannschaftstaktische Spielanalysen der 1. Mannschaft erstellt. Nähere Erläuterungen zum DFB-Projekt: Im Rahmen einer Querschnittsstudie wurden an sieben ausgewählten Stützpunkten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bei 195 Talenten des Jahrgangs 1991 (n = 99) und 1992 (n = 96) die fußballspezifische Kreativität und Spielintelligenz bestimmt. Dazu wurden mit konzeptorientierten Expertenratings (jeweils 3 Rater) divergente und konvergente Leistungsmerkmale (Skalierung jeweils 1 bis 10) in den Spieltestsituationen "Lücken ausnutzen sowie Anbieten & Orientieren erhoben (vgl. Memmert & Roth, 2003), die zu Gesamtkennziffern zusammengefasst wurden. Die Ergebnisse von fünf Auswertungskriterien sprechen für einen Einsatz des Messinstrumentariums in der anvisierten Zielgruppe: Erstens wurden hinreichend hohe Objektivitätskennziffern berechnet (ICC im Mittel bei .82). Zweitens differenzieren beide Merkmale nahezu über die gesamte Skalierungsspanne (Kreativität: Range 3.29 bis 8.50; Spielintelligenz: Range: 4.04 bis 8.63). Drittens liegen normalverteilte Daten vor (Kreativität: Kolmogorov-Smirnov-Z = .95, p = .33; Spielintelligenz: Kolmo-gorov-Smirnov-Z = .88, p = .42). Viertens war bei der Durchführung eine reibungslose Datenerhebung und -auswertung zu registrieren. Fünftens stoßen die Spieltestsi-tuationen auf breite Akzeptanz bei den DFB-Stützpunkttrainern und -koordinatoren. Detailanalysen dokumentieren weitere interessante stützpunkt-, basistaktische- und jahrgangsspezifische Resultatsmuster.

(Zwischen)Ergebnisse

Das Forschungsprojekt "Optimales Taktiktraining im Leistungsfußball" möchte die aufgezeigten Defizite dahingehend aufarbeiten, dass eine fundierte Analyse fußballspezifischer Gruppentaktiken geleistet wird. Zielbereich ist das Training im Amateur- und Profi-Fußball in Deutschland. Dazu zählen demnach alle Seniorenmannschaften von der Kreisklasse über die Regionalligen bis hin zu den beiden Bundesligen. Die generelle Forschungsstrategie orientiert sich dabei an dem Projekt "Techniktraining im Spitzensport" von Roth (1996). Ausgehend von Pilotstudien beim SV Waldhof Mannheim (Trainergespann Pradt/Pasieka) wird auf der Basis einer Vielzahl von Regionalligaspielen der TSG Hoffenheim die Trainerphilosophie von Hansi Flick und Alfred Schön ermittelt. Beide wählen während des Spiels, das videotechnisch aufgezeichnet wird, für sie bedeutsame positive und negative Aktionen einzelner Mannschaftsteile aus. Im Nachhinein werden diese Spielausschnitte vom Trainergespann verbal beurteilt. Das über diese Einzelfallanalyse gewonnenen Expertenwissen (Videoszenen und Kommentare) wird mit Hilfe qualitativer Inhaltsanalysen zusammengefasst. Die resultierenden offensiven und defensiven gruppentaktischen Aufgaben werden abschließend in übergeordneten Basiskategorien zusammengefasst. Weitere Detailuntersuchungen (z.B. Objektivitätsprüfung) tragen zu einer weiteren Strukturierung und Differenzierung der gefundenen taktischen Kategorien bei. Dazu werden u. a. die Gruppentaktiken, die in der fußballspezifischen Literatur diskutiert werden, sowie die Ergebnisse der gruppentaktischen Kategorienbildung vom SV Waldhof Mannheim (Pradt/Pasieka) herangezogen. Über einen Abgleich (kommunikative Validierung) mit anderen Trainern (Referenzgruppe) muss abschließend die Mehrheitsfähigkeit der erhaltenen Kategorien sichergestellt werden. Schließlich die modifizierten gruppentaktischen Anforderungen im Leistungsfußball ausführlich beschrieben und im Detail erläutert. Auf der Basis der erhaltenen 14 gruppentaktischen Anforderungen werden zahlreiche Spiel- und Übungsformen, in denen die gruppentaktischen Anforderungen geschult werden können, angeführt. Sie wurden im Wesentlichen von erfolgreichen Fußballtrainern entwickelt. Die Aufgabenstellungen sollen Übungsleitern im Leistungsfußball helfen, wichtige und bisher vernachlässigte Gruppentaktiken in Trainingseinheiten aufzugreifen und mit Übungs- und Spielformen gezielt zu verbessern.