Das heuristische Wissen von Trainern im Spitzensport

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Strauß, Bernd (Universität Münster / Institut für Sportwissenschaft, Tel.: 0251 833-2364, bstrauss at uni-muenster.de)
Mitarbeiter:Büsch, Dirk; Hagemann, Norbert
Forschungseinrichtung:Universität Münster / Institut für Sportwissenschaft
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 071006/00-01)
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:07/2000 - 12/2001
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR020020200081

Zusammenfassung

Das Führen einer Mannschaft in zahlreichen Spielsportarten (insbesondere Volleyball, Basketball, Handball) während des Wettkampfs kann als komplex und dynamisch beschrieben werden. Entscheidungen müssen meist unter hohem Zeitdruck getroffen werden. Damit Trainer solche komplexen und dynamischen Situationen erfolgreich bewältigen können, sind komplexitätsreduzierende Maßnahmen notwendig.
Dies kann grundsätzlich durch ein hohes Fachwissen bzw. bereichsspezifisches Wissen geschehen. Eine andere Möglichkeit, Komplexität zu reduzieren, ist der Einsatz von heuristischem bzw. strategischem Wissen, welches nicht an bestimmte Realitätsbereiche gebunden ist und im Gegensatz zum Fachwissen auch in neuartigen Situationen eingesetzt werden kann.
Zur Ermittlung von Heuristischen Wissensstrukturen, kann man auf wesentliche Annahmen und die Messinstrumente der "Komplexen Problemlöseforschung" (vgl. z.B. DÖRNER/ KREUZIG/REITHER/STÄUDEL 1983) zurückgreifen. Das Verhalten von Personen wird dabei im Umgang mit Computersimulationen, die als besonders realitätsnah und ökologisch valide betrachtet werden, beobachtet. Die Simulationen können u.a. als komplex, vernetzt und intransparent beschrieben werden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von komplexen computersimulierten Realitätsbereichen (bzw. Szenarios, Systemen, Mikrowelten etc.).
Mit Hilfe dieser Simulationen kann das menschliche Verhalten in hochkomplexen, kritischen und dynamischen Situationen, in denen unter Zeitdruck gearbeitet werden muss, realitätsnah untersucht werden. Insgesamt ist es mit Hilfe dieser computersimulierten Szenarien möglich, die Strategien und typischen Fehler bei der Steuerung komplexer Situationen zu identifizieren.

Die Analogie zu Sportspieltrainern und damit das erkenntnisleitendes Interesse dieser Studie besteht darin, dass Trainer aus den oberen Leistungsbereichen (1./2. Bundesliga) über eine bessere bzw. höhere heuristische Kompetenz verfügen sollten als Trainer aus den unteren Leistungsbereichen (Bezirksliga bis Kreisklasse), da sich insbesondere Trainer aus den oberen Leistungsbereichen (sogenannte Trainer-Experten) ebenfalls ständig mit verschiedenartigen, oft unerwartet auftauchenden Problemen in Training und Wettkampf auseinandersetzen müssen. Wenn die heuristische Kompetenz das Merkmal ist, dass zum Erfolg von Sportspieltrainern beiträgt, sollten erfolgreiche Sportspieltrainer auch erfolgreicher mit - nicht das Fachwissen anregenden - computersimulierten Szenarien umgehen.

(Zwischen)Ergebnisse

Trainerexperten (1. und 2. Bundesliga) zeigen bessere Problemlöseleistungen als Trainer aus dem unteren Leistungsbereich. Mittels einer Prozessanalyse konnten verschieden Problemlösestrategien bzw. Regeln, mit denen Trainer-Experten erfolgreich operieren, sowie die typischen Fehler von Trainer-Novizen eruiert werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Spitzentrainer angemessenere Strategien angewendet haben. Dies kann ein Hinweis auf eine höhere heuristische Kompetenz der Spitzentrainer im Vergleich mit den Trainerinnen und Trainer aus unteren Klassen bzw. Versuchspersonen ohne Trainererfahrung sein. Hieraus könnte sich ein Strategietrainingsprogramm entwickeln, mit denen die heuristische Kompetenz von Trainern erweitert werden kann.