Identifikation von Urinproben mittels DNA-Typisierung: Optimierung der Differenzierungschance bei gleichzeitiger Rationalisierung der Darstellung

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Staak, Michael (Universität Köln / Institut für Rechtsmedizin, Tel.: 0221 4784295, cornelia.schmitt at medizin.uni-koeln.de); Schmitt, Cornelia; Benecke, Mark
Forschungseinrichtung:Universität Köln / Institut für Rechtsmedizin
Finanzierung:Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Aktenzeichen: 070802/96-97)
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:12/1994 - 12/1997
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR019970105647

Zusammenfassung

Literaturrecherche zu neuen mit PCR darstellbaren DNA-Polymorphismen, Kombinationen geeigneter Polymorphismen zur schnellen und sensitiven Identifizierung (DNA-Typisierung) von Urinproben mit Multiplex-PCR, populationsgenetische Untersuchungen an einer Stichprobe von 100 unverwandten Personen der rheinländischen Bevölkerung (Test auf Hardy-Weinberg Gleichgewicht, Allelefrequenzen) nach erfolgreicher Testphase an einer großen Kontroll-Stichprobe von freiwilligen Urinspendern und an Original-Dopingkontrollproben wird das Verfahren vorgeschlagen zur routinemäßigen Identifikation von Urinproben im Rahmen von Dopingkontrollmaßnahmen.

(Zwischen)Ergebnisse

Multiplex-PCR mit 3 STRs erfolgreich forensisch validiert (Sensitivität, Mischungen, Reaktionsparameter usw.) und an gelagerten, bereits biochemisch analysierten Urinproben (Sporthochschule Köln, Institut f. Biochemie) getestet. Erfassung der statistischen Parameter der 3 STRs (populationsgenetische Studien). Nachtrag aus BISp-Jahrbuch 1997: Eine Genbankrecherche, die als Suchkriterien Sensitivität, Kürze und bei elektrophoretischer Darstellung nichtüberlappende PCR-Produkte enthielt, führte zu einer initialen Auswahl von 14 DNA-Loci, von denen sich in unserem strengen Auswahlverfahren insbesondere zwei als besonders geeignet herausstellten (HUMDHFRP2 und HUMD8S306). Von diesen Loci wurden anonyme Datenbanken angefertigt, in denen die Häufigkeit der einzelnen DNA-Wiederholungsmöglichkeiten (Allele) dargestellt werden. Anhand dieser Daten kann die Wahrscheinlichkeit berechnet werden, mit der eine Spur von einem Spender stammt oder nicht. Die statistische Überprüfung der Allelverteilung anhand der genannten Tests zeigte, daß die STR-Systeme in der Praxis eingesetzt und zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten herangezogen werden können. Diese und weitere Eigenschaften der genannten Systeme sowie eines weiteren untersuchten variablen DNA-Bereichs (PKLR), der aber nicht in unser neuentwickeltes Koamplifikationssystem ("Triplex") aufgenommen wurde. Um zu verhindern, daß Allelsausfälle nach präferentieller Amplifikation bei der Detektion der fluoreszenzmarkierten PCR-Produkte durch eine automatische Laserdetektionseinheit (ALF - automated laser fluorescence detection unit) unentdeckt bleiben, wurde besonderes Augenmerk auf die ausgewogene, das heißt in gleichen Peakhöhen resultierende Darstellung der PCR-Produkte aller drei Genorte gelegt. Dazu wurden die Molekülkonzentrationen im PCR-Ansatz variiert. Da bei der Dopinganalytik sehr hohe Probenaufkommen möglich sind (Routinetrainingskontrollen, internationale Wettkämpfe usw.), wurde eine automatische, das heißt softwaregestützte Erkennung der PCR-Produkte (Allele) etabliert. 12 cm Trennstrecke verkürzte Elektrophoreseplatten auf ihre Tauglichkeit geprüft. Durch Anpassung aller variablen Parameter wurde auch dabei eine gute Auftrennung erzielt. Untersuchungen des DNA-Gehaltes in Urinproben aus echten Dopingkontrollen, die freundlicherweise von der Abt. Biochemie der Deutschen Sporthochschule in Köln zur Verfügung gestellt wurden, führten zum Schluß, daß die aus üblicherweise anfallenden Urinmengen erzielten DNA-Ausbeuten in fast allen Fällen ausreichen, um eine aussagekräftige DNA-Typisierung durchzuführen. Da bei Wettkämpfen das Mischen von Urinproben zur Verdeckung des eigenen Dopingmittelkonsums denkbar ist, wurde erprobt, ob DNA-Mischungen von unserem PCR-Triplexsystem erkannt werden. Es zeigte sich, daß Mischungen bis zu einem Verhältnis von etwa 1:4 (bis maximal 1:9) stets sicher erkannt werden können. Als Vergleichsmaterialien untersuchten wir Speichel (luftgetrockneter Wattetupfer-Mundschleimhautabstrich), Blut (kleiner Tropfen) und Haare (3 Stück mit Wurzel). Alle genannten biologischen Materialien können als Kontrolle herangezogen werden. Durch die systematische Variation von Reaktionsparametern und Geräteeigenschaften konnte eine PCR-DNA-Typisierungstechnik entwickelt werden, die die Individualisierung von Urinproben innerhalb eines Tages ermöglicht. Die dazu ausgewählten, repetitiven DNA-Bereiche werden wegen ihrer hohen Sensitivität, der Erkennung von Mischungen sowie ihrer statistisch ermittelten Eigenschaften (s.o.) nicht nur bei der Urinanalyse, sondern auch bei der Individualisierung anderer biologischer Spuren erfolgreich in unserem Labor und mittlerweile auch bei Landeskriminalämtern sowie weiteren Universitätsinstituten für Rechtsmedizin eingesetzt. Eine Triplex-PCR durch die Kombination der STR-Loci (DNA-Polymorphismen) Hum CO4, DHFRP2 und D8S306 auf drei verschiedenen Chromosomen wurde erfolgreich durchgeführt und zur rationellen Typisierung von biologischem Material wie Blut, Speichel und Urin etabliert. Die DNA-Nachweisgrenze lag bei weniger als 50pg (10 Zellen), DNA-Mischungen zweier Personen konnten noch bis zu einem Mischungsverhältnis von 1:10 detektiert werden. Das System wurde an einer Populationsstichprobe von über 100 unverwandten Personen der rheinländischen Bevölkerung getestet. Anhand der ermittelten Allele wurden populationsgenetische Berechnungen durchgeführt. Abweichungen von einer freien Allelverteilung im Hardy-Weinberg Gleichgewicht wurden nicht gefunden.