Rechnergestützte Interaktionsanalyse "Angriff-Abwehr" im Handball

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Bibliographische Detailangaben
Leiter des Projekts:Perl, Jürgen (Universität Mainz / Fachbereich 17 / Institut für Informatik, Tel.: 06131 393378)
Mitarbeiter:Beckmann, Markus
Forschungseinrichtung:Universität Mainz / Fachbereich 17 / Institut für Informatik
Finanzierung:Eigenfinanzierung
Format: Projekt (SPOFOR)
Sprache:Deutsch
Projektlaufzeit:04/1993 - 12/1995
Schlagworte:
Erfassungsnummer:PR019950104964

Zusammenfassung

Forschungsdefizit:
In der Sportspielforschung herrscht hinsichtlich der Problemkreise Zielplanung und Steuerung von Training allgemeiner Konsens darüber, daß das strategisch-taktische Angriffs-/Abwehrverhalten bevorzugt als Grundlage zur Ableitung von Anforderungsprofilen und zur Generierung von lohnenden Trainingszielen analysiert werden sollte.
Im Gegensatz zu dieser allgemeinen Entwicklungstendenz stehen die Bemühungen der wissenschaftlichen Trainingssteuerung, geeignete Kontrollverfahren für die Bestimmung von Soll- und Istwerten zur Verfügung zu stellen. Für das Sportspiel Handball gibt es bislang keine Modelle, die die wesentlichen Aspekte der Spielwirklichkeit, wie z.B. den der zeitlich-prozessualen Verhaltensstruktur oder den der situativen Spielkontexte, zusammenhängend abbilden. Darüber hinaus ignorieren die meisten Spieltätigkeits-Modelle das Abwehrverhalten und lassen somit erst recht keine interaktive Betrachtung des Angriff- und Abwehrverhaltens zu. Je präziser und vollständiger andererseits die Information über die Stärken und Schwächen des Gegners ist, desto besser ist es möglich, sich auf den Gegner einzustellen, und desto eher wird es so möglich, die erarbeitete Technik und die eingeübten taktischen Varianten in einem erfolgversprechenden strategischen Konzept zu realisieren.
Forschungsziele:
Das Ziel des Projektes ist es, die Möglichkeiten einer Angriff-/Abwehr-Interaktionsanalyse im Handball mittels der systematischen Spielbeobachtung zu erforschen, um zu einem Modell der Interaktion zu gelangen. Dieses Modell soll dann in eine rechneradäquate Datenstruktur transformiert werden, damit eine rechnergestützte interaktive Interaktionsanalyse des Angriff-/ und Abwehrverhaltens realisierbar wird.
Praxisbezug:
Da Trainingsumfänge im Sportspieltraining kaum noch weiter auszudehnen sind, verspricht nur die Erhöhung der Trainingsqualität weitere Fortschritte. Die wird z.B. dann erreicht, wenn die die Sportspielleistung beeinflussenden Mängel und Stärken des Leistungszustandes der Spieler angesteuert werden. Der Sportspieltrainer muß also in die Lage versetzt werden, Istwertinformationen über die Leistungsrelevanz seiner taktischen Maßnahmen in Angriff und Abwehr seiner Spieler zu erlangen, um davon ausgehend nach Mängeln und Stärken im Leistungszustand seiner Spieler suchen zu können. Das Projekt versteht sich in diesem Sinne als Beitrag zur Verbesserung der Trainingssteuerung und der Zielplanung im Handball.

(Zwischen)Ergebnisse

Auf der Basis theoretischer Annahmen wurde zunächst eine Strukturanalyse der Interaktionswirklichkeit im Handball durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Analyse mündeten in der Entwicklung der Modellkomponenten "Basis-Modell" und "Wettkampf-Modell". Neben der Systematisierung normierter Segmente der Interaktionswirklichkeit (Basis-Modell), erfolgte in einem zweiten Entwicklungsschritt die Beschreibung der Struktur interaktiver Prozesse bezüglich der im Basis-Modell festgelegten Segmente (Wettkampf-Modell). Die Umsetzung des Wettkampf-Modells in ein für den Rechner nutzbares Daten-Modell stellte die nächste Stufe im Modellierungsprozeß der Interaktion zwischen Angriff und Abwehr dar. Die Konzipierung des Daten-Modells erfolgt in einem iterativen Prozeß von Datenerfassung/-auswertung und Diskussion der mit Hilfe des vorläufigen Daten-Modells gewonnenen Informationen. Neben beobachtungsökonomischen Kriterien erfolgten Revisionen des Daten-Modells in erster Linie aufgrund beobachtungstechnischer und trainingsmethodischer Überlegungen. Unabhängig von Fragen der Beobachtbarkeit einzelner Modellkategorien und der zur Verfügung stehenden rechnergestützten Erfassungs- und Auswertungsmöglichkeiten wurde das Daten-Modell besonders darauf überprüft, inwieweit die Modelldaten zur Ableitung von Handlungsanweisungen für das Training taugen. Als Ergebnis dieses iterativen Evaluationsprozesses stellt das Projekt neben dem eigentlichen Modell eine theoretische Fundierung des Modellierungsprozesses zur Abbildung der Spielwirklichkeit im Sportspiel zur Verfügung. Unabhängig von theoretischen Erkenntnissen liefert das Projekt, auf der Grundlage des entwickelten Daten-Modells und des darauf aufbauenden Berechnungs-Modells, empirische Daten zur Interaktion von Angriff und Abwehr im Weltklassehandball. Diese empirischen Ergebnisse verstehen sich als einen Beitrag zur beschreibenden Theorie des Sportspiels.